Für den SV Rieneck war die Verpflichtung von Michl Müller für einen Abend in der Sinngrundhalle ein großer Glücksgriff. Ein Gewitter von beißendem Spott, vorder- und besonders hintergründigem Witz und echtem fränkischen Humor zog über die 1000 Besucher. Es hagelte Einschläge am laufenden Band, die bei den meisten die Lachmuskeln an ihre Belastungsgrenzen brachten. Michl Müller war richtig in Fahrt und bedankte sich für die gute Stimmung mit einem begeisternden über vierstündigen Programm mit vier Zugaben bis nach Mitternacht.
Schon die Begrüßung durch den SV-Vorsitzenden Joachim Heilmann und den Ehrenvorsitzenden Hubert Nickel geriet besonders bei den Erklärungen zur Herren- und Damen-WC-Auswahl in den Pausen zur unfreiwilligen Situationskomik. Den Ball nahm Michl Müller gerne auf: Ob sich jetzt auch alle über die WCs im Klaren seien, ob auch alle begrüßt wurden, fragte er zu Beginn – und schon war er beim neuen Papst, wo er bei den ersten Fernsehbildern gar geglaubt hatte, jetzt hätten sie den Alfred Biolek überredet. Und: „Nach den ersten schwarzen Rauchschwaden fürchtete ich schon, das ganze Konzil brennt.“
Schnell war er dann bei Berlusconi, dem „Viagra auf zwei Beinen“, um schon im nächsten Gedankengang beim neuen Tatortkommissar Til Schweiger und bei den Katzenbergers („Rrrroobert“!) zu landen, nicht ohne eine gehörige Portion Spott über diese „Verarsche“ zu gießen. Wie ganz besonders auch über die Pferdefleischwelle: „Jetzt habe ich schon festgestellt, dass auf mancher Lasagne nicht mehr in Kilokalorien, sondern in PS ausgeschildert wird!“ Und dass das im Fleisch auf dem Teller neulich gefundene Hufeisen nicht als Glücksbringer des Kochs gedacht war.
Wie ein roter Faden zieht sich sein typisch fränkischer Spruch, „Es müsst halt emoal reechne“, durch das Programm. Der sei immer dann angebracht, wenn ein Franke nicht mehr so recht weiter weiß. „Unn reechnets dann emoal zwää Daach, jammern se: Es is ja wieder e Brunzwärm!“
Müller amüsierte sich über heutige Städte: „Man sieht nur noch Concordläden, so viele Matratzen-Concords! Früher kaufte man eine Matratze, die reichte fürs Leben!“ Dann haute er noch auf die Coffee-Shop-Handy-Laden-und-Nagelstudio-Mischpoke ein. Überhaupt dieses ganze „Drümm-Rümm“ mit Super-Kaffeemaschinen für 900 Euro. „Ich war einmal im Urlaub bei einer Familie in ihrer Hütte, zehn Quadratmeter mit zwölf Personen. Die Mama filterte die Bohnen durch ihre alte Feinstrumpfhose: Das war der beste Kaffee, den ich je getrunken habe!“
Michl Müller zündete besonders in der ersten Hälfte des Abends ein rasantes Feuerwerk der Witze und Pointen ab, ohne jegliche Unterbrechung, ohne Atemholen und auch scheinbar ohne festes Konzept. So ging es von der Pferdefleischlasagne zur Hunde- und Ramazotti-Werbung, hin zu den Kastelruther Spatzen, von künstlichen Fingernägeln, die man schon als Gartenkralle benutzen könnte, zu den Vegetariern, von den Fitnessstudios zur großen Politik. Oft genügt ein kleines Wort in einem Thema, schon ist der Kabarettist um einige Ecken weiter bei ganz anderen Problemen der Welt.
Lediglich ein Opfer suchte er sich diesmal aus: Die Edith aus der ersten Reihe. Die musste im gespielten Zwiegespräch öfters als Partnerin herhalten, wenngleich sie ja nicht zu Wort kam. Nach einem kurzen Ausflug in den Gang unters Publikum ist er schnell wieder dort, wo er sich wohlfühlt: auf der Bühne.
Unvergleichlich seine Parodie der gemeinsam einkaufenden Ehepartner in Aldi oder Lidl, und die Zwiegespräche der gereifteren Damen während des Steppens im Fitnessstudio. Einen ganz breiten Raum in seinem Programm widmet Michl Müller den Neubürgern in Franken, dem Claus mit C, und seiner Dörte aus Hannover, den ach so Armen, die keinen Dialekt kennen. „Die Dörte, mit ihren fair gehandelten Unterhöschen, alles öko und rein“, die gegen die Windräder protestierte und sich ankettete, weil in ihrem Garten dann der Nussbaum-Zützler im Schatten der Propeller leben müsste.
In der großen Politik quält Müller besonders die Frage: Wen soll man denn nun wählen? Merkel, Steinbrück, Michel Glos, Brüderle: Jeder bekam seine Pfeile ab. „Der Seehofer kommt mir vor wie ein alter Lanz-Bulldogg: Er blubbert und blubbert, aber wenn er läuft, dann läuft er“, witzelte Müller. „Und sein Parteifreund Dobrindt: Wenn der noch weiter abnimmt, kommt seine Designerbrille bald allein daher.“
Zwischendurch streute er immer wieder ein: „So jetzt habe ich genug gesagt, jetzt fange mer aber mit dem Programm mal an!“ Auch als der Abend schon fast zu Ende war. Nach den letzten Liedern dieser rasanten Fahrt durch alle Gewässer bester humoristischer Satire sah man nur zufriedene und auch begeisterte Gesichter, ob beim Veranstalter oder bei den Gästen, wie zum Beispiel Claudia Kuchenbrod aus Untererthal, die sich mit ihrer Familie erstmals den Michl Müller anschaute und begeistert war.
So schwärmte auch Otto Abersfelder (63) aus Burgsinn, der Michl Müller schon öfter gesehen hat: „Immer wieder sind wir fasziniert von diesem Kerl, der stets alles gibt und immer Garantie für herzhaftes Lachen ist.“ Und auch Burgsinns Bürgermeister Franz Schüssler war mit seiner Frau begeistert über den Abend in der Sinngrundhalle.
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