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GEMÜNDEN
Methadon in Klinik geschmuggelt
Herbert Hausmann
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:54 Uhr

Der Deal war perfekt eingefädelt und hätte beinahe auch Erfolg gehabt. Doch eine aufmerksame Pflegerin im Lohrer Bezirkskrankenhaus (BKH) ließ den Methadonhandel auffliegen. Jetzt mussten sich die beiden Hauptpersonen, ein 50-jähriger Mann aus dem Raum Aschaffenburg und eine ehemalige, jetzt 38-jährige Patientin des BKH, wegen der unerlaubten Abgabe und Beschaffung von Betäubungsmitteln vor dem Amtsgericht Gemünden verantworten.

Seit früher Jugend gehören die beiden Angeklagten zum Kreis der Drogensüchtigen – von Beginn an haben sie zumeist Heroin konsumiert. Knapp 20 Jahre ist die Frau, die derzeit in einer Bezirkseinrichtung in Münnerstadt therapiert wird, alkohol- und drogenabhängig. Eine Reihe von Therapien hat sie abgebrochen und bereits „unzählige“ Entgiftungen hinter sich.

Seit seinem 22. Lebensjahr ist der 50-Jährige bereits Konsument. 60 Milligramm der Ersatzdroge Methadon ist seit ungefähr zehn Jahren seine Tagesration, die er täglich in einer Apotheke verabreicht bekommt. Dabei ist es dem Mann unbemerkt gelungen, fünf Tabletten abzuzweigen. Die hatte er am 3. März 2015 versucht, seiner Freundin, die sich im BKH Lohr zur Entgiftung befand, zukommen zu lassen. Diese hatte ihn mehrfach telefonisch darum gebeten, weil ihr die dort verabreichten Mittel nicht genügten.

In Fertiggericht verpackt

An besagtem Tag ließ der Mann seiner Freundin über einen Taxifahrer eine Einkaufstüte mit Joghurt und einem Fertiggericht bringen. Das Personal habe die Lebensmittel auf Unversehrtheit und mit Hilfe des beigelegten Kassenbons geprüft, wie eine Pflegerin als Zeugin aussagte. Nachdem keine Beanstandungen vorgelegen hätten, seien die Lebensmittel der 38-jährigen Frau übergeben worden. Nachdem diese das Fertiggericht geöffnet hatte, habe die Pflegerin noch einmal einen Blick in das Gefäß geworfen und die fünf Tabletten Methadon sowie vier unbenutzte Kanülen entdeckt. Alle anderen Lebensmittel seien in Ordnung gewesen.

Der Mann gab als Grund für seinen Schmuggel an, dass seine Freundin „so starke Schmerzen im Brust- und Schulterbereich hatte, und weder die Ärzte noch das Pflegepersonal ihr stärkere Medikamente gegeben haben“. Die Staatsanwältin hielt dem Mitangeklagten vor: „Das war ein falsch verstandener Freundschaftsdienst.“ Schließlich sei seine Freundin dort eingeliefert worden, um von Drogen und Ersatzdrogen loszukommen. Durch sein Verhalten habe er „bewusst den Erfolg der Entgiftung in Gefahr gebracht“, hielt ihm Richterin Karin Offermann vor. „Das war ein Kardinalfehler, wie man ihn eigentlich nicht macht“.

Vor Gericht und gegenüber dem Taxifahrer, der die Lebensmittel für ihn abgegeben hatte, hat sich der Angeklagte für sein Tun entschuldigt. Er zeigte sich bereit, für seinen Fehler geradezustehen. Wegen der Angelegenheit hat der Mann bereits seinen Arbeitsplatz verloren, nachdem sein Arbeitgeber davon erfahren hatte.

„Sie sind eine schwerkranke Frau durch den jahrelangen Konsum von Alkohol und Opiaten“, meinte die Richterin zu der Angeklagten, die unter Betreuung steht. Aktuell ist sie in der Bezirkseinrichtung für stark Abhängige und wurde zur Verhandlung von zwei Polizeibeamten vorgeführt. „Sie macht dort gut mit und hat auch schon Fortschritte erzielt“, bestätigte ihr Betreuer vor Gericht. „Die bisher beste Einrichtung“, lobte die Angeklagte das Haus in Münnerstadt. Wegen der „besonderen kriminellen Energie“, die der Mitangeklagte bei seiner Tat an den Tag legte, beantragte die Staatsanwältin für den Mann eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 25 Euro. „Bei der Angeklagten tue ich mich schwer, die richtige Strafe zu fordern“, machte es sich die Anklagevertreterin nicht leicht. Eine Geldstrafe hielt sie allerdings bei bereits sieben Einträgen im Bundeszentralregister für nicht ausreichend. Sechs Monate Freiheitsentzug, für drei Jahre auf Bewährung, lautete ihr Antrag.

Eine Geldstrafe von 1750 Euro (70 Tagessätze zu je 25 Euro) lautete das Urteil für den 50-jährigen Mann. Dieser verzichtete sofort auf Rechtsmittel. Mit Zustimmung der Staatsanwältin ist dieses Urteil bereits rechtskräftig.

Erneuter Gerichtsprozess

Der Spruch für die 38-jährige Frau lautete: fünf Monate Freiheitsstrafe, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt – ein Bewährungshelfer wird ihr zur Seite gestellt. Ferner ist die Frau verpflichtet, fünf unangekündigte Untersuchungen im Jahr auf Drogen- und Alkoholkonsum über sich ergehen zu lassen. Der Forderung der Staatsanwältin nach einem gerichtlichen Drogen- und Alkoholverbot folgte Richterin Offermann nicht. In Kürze muss sich die Frau wegen zwei weiterer Vergehen nach dem Betäubungsmittelgesetz vor Gericht verantworten.

 
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