Die Lohrer Stadtwerke sind sich ihrer Sache sicher. Man habe bei der von Anwohnern des Fischerviertels angezweifelten Berechnung der Kosten für Dachrinnenanschlüsse den Sachverhalt richtig beurteilt und aufbereitet. Das erklärte Stadtwerkeleiter Otto Mergler in einer Stellungnahme gegenüber der Redaktion. Er schloss jedoch Fehler in Einzelfällen nicht aus. Sofern einzelne Anwohner die Plausibilität einer Rechnung fundiert anzweifelten, sei man zu Gesprächen bereit, so Mergler.
Dass es einigen Klärungsbedarf gibt, war jüngst deutlich geworden: Die Stadtwerke hatten an 45 der rund 80 Hausbesitzer in Fischer- und Muschelgasse eine Rechnung dafür geschickt, dass im Zuge der Generalsanierung die Anschlüsse von Dachrinnen neu gefasst wurden. Bei den übrigen Anwesen, so die Stadtwerke, seien keine dieser Anschlüsse zu erneuern gewesen. Die verschickten Rechnungen reichen von rund 400 bis über 2000 Euro. Insgesamt geht es um einen Betrag von rund 60 000 Euro.
19 Einsprüche
Jedoch haben 19 der 45 Rechnungsempfänger Einspruch bei den Stadtwerken eingelegt. Sie argumentieren, keinen Auftrag für die Sanierung der Dachrinnenanschlüsse gegeben zu haben. Vielmehr sei ihnen im Vorfeld der Generalsanierung gesagt worden, dass die Anwohner für diese Arbeiten nicht zur Kasse gebeten würden.
Mergler erklärt dazu, dass den Anwohner gesagt worden sei, "was sie nicht zahlen müssen", also beispielsweise Wasseranschlüsse, Straßenausbaubeiträge oder Erstanschlüsse an den Kanal. Dies, so Mergler, gehe aus Protokollen zu den Treffen hervor. In diesen steht laut Mergler jedoch nicht, dass den Anwohnern gesagt wurde, wofür sie zahlen müssen, also eben für die strittigen Dachrinnenanschlüsse. Da stehe nun wohl Aussage gegen Aussage, so Mergler. Man habe mit den Anwohnern natürlich geredet. "Ob sie alles verstanden oder wahrgenommen haben", könne freilich niemand mit Bestimmtheit sagen.
Zumindest ausdrückliche Aufträge der Anwohner gab es offenbar nicht. Jedenfalls nennt Mergler als Grundlage der Rechnungen die Paragrafen 677 folgende des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Dort sind unter anderem die "Geschäftsführung ohne Auftrag" oder "gegen den Willen des Geschäftsherrn" geregelt. Dass die Stadtwerke Willen und Aufträge der Anwohner im Vorfeld nicht explizit eingeholt haben, begründet Mergler damit, dass man im Sanierungsverfahren habe vorankommen müssen.
"Davon müssen wir ausgehen"
Unter Anwohnern herrscht der Eindruck, dass bei der Rechnungsstellung einiges durcheinandergeraten ist. Sie schildern, dass für manche Häuser keine Rechnung geschickt worden sei, obwohl die Anschlüsse erneuert wurden. Auch bei der Fotodokumentation der Arbeiten habe es Verwechslungen gegeben, so ihre Aussage. Auf die Frage der Redaktion, ob die Stadtwerke sicher sind, dass für jedes Haus die zu den erbrachten Leistungen passende Rechnung verschickt wurde, sagte Mergler: "Davon müssen wir ausgehen."
Die Arbeiten seien per Aufmaß und Fotos dokumentiert. Allerdings seien Fehler nie auszuschließen, so Mergler. So habe sich in einem Fall tatsächlich herausgestellt, dass ein Fehler passiert sei, räumt Mergler ein.
Den Anwohnern wurden seinen Worten zufolge die reinen Selbstkosten der Arbeiten in Rechnung gestellt. Dazu zählten beispielsweise auch anteilige Kosten für Deponie oder Baggerarbeiten. Umgelegt worden seien diese Kosten anhand des Leistungsverzeichnisses, informiert Mergler.
Die Frage, wie viele der Anwohner ihre Rechnung schon bezahlt haben, könne man aktuell nicht beantworten, so Mergler am Mittwochnachmittag. Es gebe allerdings Anwohner, die bezahlt und dennoch Einspruch eingelegt hätten.
Dazu, wie die Stadt mit jenen umgeht, die angekündigt haben, nicht zahlen zu wollen, sagte der Stadtwerke-Chef, dass man in diesen Fällen Mahnungen verschicken und die zu zahlende Summe auf rechtlichem Weg einfordern werde. Man könne mit den Stadtwerken jederzeit über eine Ratenzahlung der Beträge sprechen, die Forderungen selbst seien jedoch unumstößlich, sagt Mergler. Einige Anwohner sehen dies anders. Sie kündigten am Montag nach der Sitzung des Werkausschusses des Stadtrats, in der das Thema Gegenstand war, an, es auf einen Rechtsstreit ankommen lassen zu wollen.