Ein Fest der Akkordeonklänge feierte Dimitry Gvozdkov mit 50 Zuhörern am Freitagabend in der Alten Turnhalle. Meisterhafte Musik mit russischer Seele traf auf die französische Musette, Operettenmelodien begegneten dem leidenschaftlichen Tango Argentino, akzentuiert von der Ausstellung „Sensible Begegnungen“ der Lohrer Künstler Hartwig Kolb und Elisabeth Reusch-Heidenfelder.
Maler Hartwig Kolb, der Initiator des Konzertes, freute sich „trotz Fußball-WM und Grillwetter“ über 50 Zuhörer und machte die Bühne frei für das „Ausstellungsstück“ auf musikalischer Ebene: Dimitry Gvozdkov aus St. Petersburg. Der Professor an der dortigen Universität studierte neben Akkordeon Musikwissenschaften und ist vielfacher Preisträger internationaler Wettbewerbe.
Humorvoll und geistreich
Auf dem Kosakenhemd glitzernde Musiksymbole, das Haar zum kecken Pferdeschwanz gebunden, zog der Vollblutmusiker das Publikum in seinen Bann – mit seiner Musik und seiner Persönlichkeit. Humorvoll und geistreich in der Moderation vertiefte Gvozdkov den lebendigen Austausch zwischen Bühne und Saal.
In der Hauptsache aber ließ er die Musik sprechen. Eine Musik, die der Künstler immer wieder neu erfindet, mit der er experimentiert und improvisiert, auf der Basis eines großen Talentes. Nach dem zauberhaften „Begrüßungswalzer“ lud der Virtuose das Publikum zu Gesang und Tanz ein. „Singen Sie mit voller Tube zu beliebten Operettenmelodien.“
Im russisch inspirierten Reigen huldigte Gvozdkov seiner „Kalinuschka“, einer Verkleinerung der legendären „Kalinka“. Großen Applaus gab es für des Musikers „fliegende Finger“ in der Eigenversion von „Schwarze Augen“ im Walzertakt. „Du hast im Himmel viel Engel bei dir. Schick doch einen davon auch zu mir“: Andächtig im Saal wurde es beim „Wolgalied“ aus Franz Lehárs Operette „Zarewitsch“.
Für Herz und Seele wie geschaffen schien die St. Petersburger Theatermelodie von Alexander Puschkin. Ein erlesener Klassikausflug übertrug Naturklänge in die Musik. In „Kuckuck“, der französischen Komposition aus dem 18. Jahrhundert, ahmte Gvozdkovs „kleines tragbares Orchester“ den Vogelruf naturgetreu nach. Dann hieß es passend zum Internationalen Tag des Kusses „Bésame mucho“ („Küss mich“). Ein besonderer Leckerbissen entführte mit „Malaguena“ ins spanische Andalusien. „O sole mio“ widmete der Musiker zwei „Ehrengästen“ im Saal. Das Marktheidenfelder Ehepaar Elli und Willi Liebler ließ sich bereits vor 18 Jahren in Österreich von dem Musiker begeistern und stellte den Kontakt zu Unterfrankens Kulturbühnen her. Nach der Pause bekam der Solist Verstärkung durch seine Ehefrau, ebenfalls Musikerin.
Konnte diese auch nicht persönlich anwesend sein, waren dank der Technik deren Begleit-Arrangements das Sahnehäubchen im zweiten Teil. Romantisch erklang der langsame Foxtrott „Smoke get in your eyes“ und als Lieblingsstück der argentinische Tango „Olé guapa“. Das Publikum honorierte die musikalische Qualität mit anhaltendem Applaus.
„Das Akkordeon setzt mehr Glückshormone frei als Schokolade“, wusste ein Liebhaber des Instrumentes von der „Akkordeonale 2018“ (Internationales Festival in Neunkirchen) nach dem Konzert zu berichten. Wie zu einem guten Essen die Nachspeise, gehöre zum Konzert die Zugabe, kündigte Gvozdkov als temperamentvolles Finale den „Zirkus-Renz-Galopp“ an: „Eine Musik, die Sie in guter Stimmung schlafen gehen lässt.“