
Das Mehrgenerationenhaus (MGH) in Binsfeld ist eine Erfolgsgeschichte. Davon überzeugte sich der haushaltspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alois Rainer, bei seinem Besuch am Mittwoch.
Zufällig war am selben Tag auch eine Gruppe Sozialpädagogikstudenten der FH Würzburg-Schweinfurt da. Einige Senioren und Schüler trafen sich zum gemeinsamen Mittagessen. Einen eigenen Mittagstisch gab es für die Kleinen von der Kita. Hausaufgaben wurden erledigt. Eine Kartrunde von Binsfeldern im fortgeschritten Alter traf sich zum Schafkopfen. Eine Wandergruppe aus Arnstein kehrte zum Kaffee ein. Über den Nachmittag verteilt kamen Eltern, um ihre Kinder abzuholen, die gerade in der fantasievollen Sandlandschaft spielten. Kurzum: Es war Leben in der Bude. Das MGH präsentierte sich als ein kleines Paradies der Begegnungen.
Ein "Leuchtturm in Deutschland"
Den Eindruck dieses kleinen Paradieses verstärkte der Garten mit den Kirschbäumen, unter denen nach einer ausführlichen Vorstellung des MGH das Abschlussgespräch mit Alois Rainer stattfand. Ihn hatte Bürgermeister Franz-Josef Sauer über den Bundestagsabgeordneten Alexander Hoffmann eingeladen. "Das Mehrgenerationenhaus gibt es jetzt seit zehn Jahren", berichtete Sauer, der zugleich dessen Hauptinitiator war. Bei der Gelegenheit wolle man es demjenigen vorstellen, der die finanzielle Unterstützung beisteuert. Rainer sprach denn auch von einem "Leuchtturm in Deutschland".
Jährlich 30 000 Euro fließen aus dem Familienministerium ins MGH Binsfeld. Weitere 10 000 Euro kommen von der Stadt Arnstein. Zum Vergleich: Das jährliche Haushaltsvolumen des MGH liegt bei rund einer halben Million Euro. Auch die anderen 540 Mehrgenerationenhäuser in Deutschland erhalten diese Unterstützung, zusammen rund 17 Millionen Euro. Bis 2016 flossen die Gelder als Pilotprojekt. Inzwischen wurde daraus ein Bundesprogramm, das bis zum nächsten Jahr läuft. Rainer sagte: "Ich werde aber mit allen mit zur Verfügung stehenden Kräften versuchen, diese Zuschüsse nun dauerhaft zu verstetigen."
Gut angelegtes Geld
Eine Evaluation der Städtebauförderung habe ergeben, dass aus jedem so angelegten Euro acht bis zehn Euro werden, wenn man den Nutzen für die Gesellschaft betrachtet, erklärte Sauer. Dabei sei es naturgemäß schwierig, den gesellschaftlichen Nutzen in Geld auszudrücken. In Binsfeld trägt das MGH unter anderem zu einer Vitalisierung der Ortskerns bei. Beispielsweise saniert eine Familie gerade das alte Nachbargebäude, das viele Jahre leer stand. Und ein älteres Paar zieht in den Ort, weil die beiden sich hier gut versorgt wissen. Dies sind augenfällige Auswirkungen dessen, was sich in Binsfeld tut.
Wie Rainer und Hoffmann betonten, sind die Mehrgenerationenhäuser frei in der Verwendung der Zuschüsse. "Es gibt keine vorgefertigten Strukturen, jeder hat da sein eigenes Konzept, das an die örtlichen Bedürfnisse angepasst ist."
Vernetzt mit den Nachbarn
Franz-Josef Sauer ist es ein Anliegen, vieles miteinander zu vernetzen und nicht – wie sonst üblich – Kindergarten, Schule und Senioreneinrichtungen streng getrennt zu halten. "Es scheint ein natürliches Bedürfnis der Menschen nach gemischter Gemeinschaft zu geben. Und Untersuchungen haben ergeben, dass sie glücklicher sind, wenn sie Sozialkontakte haben, wenn sie also in Gesellschaft leben."
Das MGH wirkt auch über Binsfeld hinaus. An dem Gespräch nahm Retzstadts Bürgermeister Karl Gerhard teil, weil mit dem Nachbarort "über den Berg" eng zusammengearbeitet wird. So gab es unlängst gemeinsame Schulungen in häuslicher Pflege und Entlastungspflege. Auch wird im MGH Binsfeld für den Retzstadter Kindergarten gekocht. Insgesamt 18 Personen arbeiten hier unter der Koordination von Stefanie Heßdörfer.