Frühling und jene Freude, von der Bürgermeister Thomas Stamm bei seinen Begrüßungsworten sprach, waren am Samstagabend trotz FFP2-Masken und Abstand in der Aula der Staatlichen Realschule in Marktheidenfeld spürbar. Nach zweijähriger Pause hatte das städtische Musikinstitut wieder zu einem Konzert mit dem Akkordeonorchester unter Leitung von Alma Flammersberger eingeladen.
Stamm dankte der Musiklehrerin, dass sie trotz der schwierigen Corona-Zeit die Ausbildung fortgeführt habe. Er gratulierte einer Reihe von jungen Musikerinnen und Musikern zu besonderen Erfolgen bei musikalischen Wettbewerben. Man habe sich mit der jüngst im Stadtrat beschlossenen Umwandlung des bisherigen Instituts zu einer städtischen Sing- und Musikschule nachhaltig zur Ausbildung in der Musik bekannt. Das Akkordeonorchester werde dabei selbstverständlich ein wesentlicher Faktor bleiben.
Von zart und besinnlich bis bewegt virtuos
Durch das musikalische Programm führte Philipp Krämer als profunder Kenner und einstiges Orchestermitglied. So stellte er das Duo SaitenWind vor, das sich erst vor kurzer Zeit während der Corona-Pandemie an der Aschaffenburger Musikschule zusammenfand. Zart und besinnlich eröffneten Alma Flammersberger (Akkordeon) und Sonja Fiedler an der Konzertharfe mit einem Andante von Vivaldi. Bewegter wurde der besondere, harmonische Zusammenklang der beiden Instrumente mit einem Andantino des zeitgenössischen Franzosen Bernard Andrès. Mit Astor Piazzollas "Libertango" erklang virtuos das Paradestück des argentinischen Tango Nuevo.
Aus Berlin waren die sechs Musikerinnen und Musiker des "Ensembles accordanza" an den Main gereist, sozusagen als Gegenbesuch zu einer Begegnung in der Bundeshauptstadt im vergangenen Jahr. Die seit vielen Jahren bestens aufeinander abgestimmte Gruppe bot nach festlichem Auftakt mit einem Stück des US-Armerikaners David German, einen gefälligen Tschaikowsky-Walzer aus der Serenade für Orchester. Der gebürtige Moskauer Bajanist Andrej Mouline fügt in seinen Schöpfungen Länder, Zeiten und Kulturen zusammen, was in seinem "Tango 99" durchaus schlüssig zur Geltung kommen konnte.
Stampfender Zug der Trolle und flinke Finger
Lebhaft wirkten die "Mondmusikanten" des Niederbayern Friedrich Haag (1880-1959) und die höchst lyrische Qualität zwischen den stampfenden Rhythmen in Edward Griegs "Zug der Trolle" wurde von dem Berlinern geradezu zelebriert. Vor den zwei Zugaben der Gäste erforderte Billy Joels rasender "Root Beer Rag" ziemlich flinke Finger über die Tasten.
Nach einer Pause trat das Marktheidenfelder Auswahl-Ensemble Akkordeonissimo mit der bekannten "Badinerie" von Johann Sebastian Bach auf die Bühne. Nach dem schmeichelnden Barock-Klassiker wechselte man abrupt zur mitreißenden Rhythmik balkanischer Tänze. Denn daran erinnerte die beinah schon groovende Komposition "Balkanic Vibes" des Moldawiers Misha Grossu. Ebenso aus unseren Tagen stammte die spannungsvoll präsentierten "Games of Thrones"-Melodien des in den USA erfolgreichen Deutsch-Iraners Ramin Djawadi.
In das Theaterviertel von Buenos Aires entführte das Akkordeonorchester Marktheidenfeld im letzten Teil des Programms mit den sentimentalen Klängen des Piazzolla-Werks "Chiquilin de Bachin". Und weiter ging die musikalische Reise unter Leitung von Alma Flammersberger mit einprägsamen Klang-Beschreibungen der US-Metropole bei der "New York Ouvertüre" des Niederländers Kees Vlak (1938-2014). Vor dem großen Schlussapplaus für alle Mitwirkenden des Abends war das berührende italienische Partisanenlied "Bella Ciao" gesetzt worden, das es erst jüngst in einer Popversion bis zum Sommerhit gebracht hatte.
Den Themen Gerechtigkeit und Frieden wollen sich Mitglieder des Marktheidenfelder Akkordeonorchester schon in Kürze in besonderer Weise widmen. Für Freitag, 1. April, ist um 18 Uhr ein Gastauftritt in der Stadtbibliothek zugunsten der vom Krieg betroffenen Menschen in der Ukraine angekündigt (Anmeldung erforderlich).