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Duttenbrunn
"Mehr als ein Dorf": Grabung an Wüstung Seehausen fand ein mutmaßliches Königsgut
Der ehemalige Grabungsleiter Dr. Harald Rosmanitz vom Archäologischen Spessartprojekt referierte beim 15. Symposium zur Burgenforschung im Spessart.
Foto: Jürgen Kamm | Der ehemalige Grabungsleiter Dr. Harald Rosmanitz vom Archäologischen Spessartprojekt referierte beim 15. Symposium zur Burgenforschung im Spessart.
Jürgen Kamm
 |  aktualisiert: 29.05.2024 03:06 Uhr

Fünf Monate wurde im Jahr 2023 südlich von Duttenbrunn die Wüstung Seehausen ausgegraben. Das Interesse war groß, 3000 Interessierte kamen zu zwei Grabungsfesten. Jedermann konnte mitgraben, ganze Schulklassen legten fasziniert stundenlang Stein- und Knochenfunde frei, am Ende waren es über 7000 ehrenamtliche geleistete Stunden. Sogar die Bild-Zeitung und das Kulturmagazin Capriccio des Bayerischen Fernsehens berichtete. Die wissenschaftliche Auswertung der vielen dokumentierten Funde ist längst noch nicht abgeschlossen, doch die erfolgreiche Grabung war Grund genug, das 15. Symposium zur Burgenforschung im Spessart und den angrenzenden Regionen in Zellingen auszurichten. Die Tagung war ein Gemeinschaftsprojekt der Arge Seehausen, der Marktes Zellingen, des Historischen Vereins Karlstadt und des Archäologischen Spessartprojekts – Institut für unterfränkische Kulturlandschaftsforschung an der Uni Würzburg. Letzteres war auch mit der Grabung betraut.

Ging es am Freitag um die Karolingerzeit (751 bis 919 nach Christus) als Forschungsfeld der Archäologie an sich, stand der Samstag ganz im Zeichen der Grabung. Mit fast 150 Besuchern wurde es da eng im Pfarrheim.

"Mehr als ein Dorf" nannte Dr. Harald Rosmanitz (Partenstein) seinen einführenden Vortrag über die Grabungen. Denn ursprünglich sollte es eine archäologische Untersuchung eines karolingerzeitlichen Dorfes sein. Tatsächlich wurde von Mai bis September eine Anlage ergraben, die sich mit aller Vorsicht als Königsgut bezeichnen lässt: Produktion und Verarbeitung agrarischer Erzeugnisse für den überregionalen Bedarf.

Im Interesse der Grabung stand anfangs das Karolingische Gräberfeld. Es war ungewöhnlich dicht belegt. Fast 60 Skelette wurden ausgegraben, sie lagen erosionsbedingt unmittelbar unterhalb des Pflughorizonts, auch Dünger hatte den Knochen zugesetzt. Zwei kleine Metallscheiben könnten heimliche Grabbeigaben gewesen sein, sie waren seit Karl dem Großen verboten - zum Leidwesen der Archäologen.

Auf einem Höhenrücken wurde ein Steinfundament eines zehn mal sechs Meter messenden Gebäudes mit zentraler Mörtelmischgrube ergraben. Praktisch eine Sensation ist ein ähnlich groß dimensionierter Keller aus Stein in einer Senke. Fundgut aus beiden Gebäude datiert in die Karolingerzeit. Der Keller stellte sich als Teil einer Darre zum Trocknen von Getreide und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen zur Haltbarmachung heraus. Es ist die erste Darre als Steingebäude aus der Karolingerzeit überhaupt.

Ergebnisse aus dem archäologischen Vorbericht zum frühmittelalterlichen Reihengräberfeld stellte Sabrina Buchmann (Heimbuchental) vor. Viele Fotos, Vermessungen und Zeichnungen werden noch immer ausgewertet, Computer errechneten erste 3D-Modelle. In den älteren Gräbern waren bis zu vier Verstorbene bestattet, sehr dicht aufeinander. Beim Wiedereröffnen der Grabgruben wurden die Skelette teils beschädigt, abgetrennte ältere Knochen wurden dann neben die Verstorbenen gelegt. In anderen Grabgruben fand sich nur ein Skelett.

Ein Drittel der Bestatteten waren Säuglinge, Kinder oder Jugendliche, das kann an der Größe der Skelette oder der Abnutzung der Zähne erkannt werden. Für drei Knochenfunde wurde eine C14-Datierung, auch Radiokohlenstoffdatierung genannt, gefördert. Die Methode ist für die Karolingerzeit relativ ungenau, die Funde konnten auf die Zeiträume 772 bis 893, 684 bis 864 und 890 bis 987 bestimmt werden, die ersten beiden stammten aus Mehrfachbestattungen.

Wie Dr. Harald Rosmanitz in einem eigenen Vortrag berichtete, ging man wenige Wochen vor Ausgrabungsende einer kreisförmigen Struktur auf dem Grund, die schon in Luftaufnahmen von 1991 zu erkennen war. Als ein Bagger den harten Lehmboden abtrug, fand sich ein steinerner Ring als Anfang eines bergmännisch angelegten Brunnenschachtes. Sieben Meter tief wurde er mit Hilfe der längsten Leiter ergraben, nach vier Metern war der Boden matschig. Diese Brunnenfassung ist jünger – Scherben von Kugelflaschen und eine Tabakpfeife aus dem Dreißigjährigen Krieg deuten auf das späte Mittelalter und eine Nutzung bis ins 18 Jahrhundert, vermutlich zum Tränken von Vieh. Weitere Spuren zeugen von der einst eingehausten Brunnenstube und einem größeren Pfostenbau. Zum Symposium zur Burgenforschung gehörten auch Besichtigungen der Wüstung Seehausen und von Siedlungsstellen bei Karlburg im Gelände.

 
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  • Klaus Weyer
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