
»Der spirituelle Aspekt ist schon sehr wichtig« - das sagt Dekanatskantor Mark Genzel zur Kirchenmusik im Dekanat Lohr. In der Region gebe es ein relativ breites Musikangebot, »da haben wir unser ganz eigenes Profil.«
Auch für ihn persönlich bedeute geistliche Musik »den Ausdruck von individueller Spiritualität«. Die Kantorei leiste aber auch künstlerisch-kulturell einen wichtigen Beitrag zum musikalischen Leben in Lohr und Umgebung, zum Beispiel mit der Aufführung großer Werke zur Passions- oder Adventszeit.
Die 22 Kirchengemeinden des Dekanats Lohr erstrecken sich über ein großes geografisches Gebiet, von Marktheidenfeld bis Wildflecken. Die evangelischen Gemeinden in der überwiegend katholischen Region seien klein, erläutert Genzel. Deswegen könnten sie auf musikalischem Gebiet meist »alleine nicht viel stemmen«.
Projektchöre als Zukunft
Genzel ist daher auch viel unterwegs, obwohl sein Schwerpunkt an der Lohrer Auferstehungskirche liegt, wo er im Ulmerhaus sein Büro hat. Gerne führt er musikalische Akteure aus der Region zusammen, wie zum Beispiel kürzlich beim Weihnachtsoratorium von Saint-Saens, bei dem der Lohrer Kantatenchor und der Partensteiner Kirchenchor gemeinsam sangen. Dies war einer der zwei bis drei Konzert-Höhepunkte, die Genzel jedes Jahr im kirchenmusikalischen Programm anbietet - neben der musikalischen Ausgestaltung von Gottesdiensten und anderen kirchlichen Anlässen.
Eine wichtige Rolle im musikalischen Gemeindeleben spielen die Chöre. Allein in Lohr gibt es zur Zeit den Gospelchor, den Kantatenchor und den Coro Piccolo. Die beiden Letzteren sind Projektchöre, die nicht regelmäßig proben, sondern auf bestimmt Konzerttermine hinarbeiten - eine Form, in der Genzel die Zukunft der ehrenamtlichen Chormusik sieht.
Mit Sängern und Musikern sei es ähnlich wie überall im Ehrenamt, immer weniger Menschen wollten sich fest an regelmäßige Verpflichtungen binden. Der Chorleiter sieht dabei nicht nur den musikalischen, sondern auch den sozialen Aspekt der Kirchenchöre: Für manche Gemeindemitglieder, die sonst vielleicht nicht in die Kirche gehen, sei dies ihre Verbindung zum Gemeindeleben.
Präsenz in der Stadt
Der Kantor findet es für die Rolle der Gemeinde im Stadtleben auch wichtig, dass der Posaunenchor der Auferstehungskirche Anlässe wie das Adventsblasen auf dem Marktplatz gestaltet. Für die Zukunft dieses Ensembles mit rund ein Dutzend Bläsern ist Genzel vorsichtig optimistisch, »wir haben da drei wirklich talentierte junge Bläser dabei.«
Um diese Aktivitäten finanziell zu unterstützen, wurde vor einigen Jahren den Verein zur Förderung der Kirchenmusik an der Auferstehungskirche gegründet. Dieser bezuschusste der Jungbläserausbildung und die Anschaffung eines Klaviers oder hilft bei der Finanzierung von größeren Konzerten. Zur Gewinnung guter, aber bezahlbarer Musiker und Gesangssolisten nutzt Genzel seine Kontakte und sieht sich auch immer an den Hochschulen um.
Ein »großes Talent« wie Tenor Oliver Kringel zum Beispiel, der letztes Jahr beim Bach-Oratorium in St. Elisabeth sang, »den werden wir uns später nicht mehr leisten können«. Doch in den letzten Jahren konnte Genzel den Würzburger Studenten für mehrere Auftritte gewinnen. Auch die Solokonzerte, die Organist Genzel immer wieder gibt (siehe auch Kasten), tragen zur Querfinanzierung der Ensemblekonzerte bei.
Die Planung für 2019 ist noch nicht abgeschlossen. Bis jetzt stehen erst zwei Termine fest: die Markuspassion von Reinhard Keiser am Karfreitag, 19. April, und das traditionelle Konzert in der Auferstehungskirche zum Bach-Todestag am 28. Juli.