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Martin Luther als Zeuge des Evangeliums
500 Jahre Reformation: Der evangelische Dekan Till Roth referierte zu Motiven, Wirkungsgeschichte, Herausforderungen und Folgen der reformatorischen Bewegung durch Martin Luther.
Foto: Rita Gress | 500 Jahre Reformation: Der evangelische Dekan Till Roth referierte zu Motiven, Wirkungsgeschichte, Herausforderungen und Folgen der reformatorischen Bewegung durch Martin Luther.
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 |  aktualisiert: 09.04.2017 03:35 Uhr

Anlässlich des 500. Jahrestags der Veröffentlichung von Martin Luthers 95 Thesen referierte der evangelische Dekan Till Roth am Montag in der Alten Turnhalle über Folgen und Auswirkungen der Reformation. Rund anderthalb Stunden lang folgten gut 50 Zuhörer seinen Ausführungen zu Luthers Weltverständnis in Bezug bis zur Jetztzeit.

Welche Herausforderungen die Gedanken des Reformators (1483 bis 1546) für die westliche Christenheit darstellen in einer sich rasant verändernden Zeit, beleuchtete Roth aus subjektiver Sicht. „Wo steht die Kirche heute?“ Die Reformation habe das Wesentliche der christlichen Glaubenslehre neu zur Geltung gebracht. „Ich will keine posthume Laudatio auf Martin Luther halten, doch kann er trotz seiner Schattenseiten für die ganze Kirche als Zeuge des Evangeliums angesehen werden“, so Roth. Er erläuterte Motive und Inhalte der Reformation und deren Vorgeschichte. „Sie fiel nicht vom Himmel.“

Luther selbst sei geprägt worden von Aufbrüchen, Mystik und der „devotio moderna“ (neue Frömmigkeit). Diese Erneuerungsbewegung innerhalb der spätmittelalterlichen Kirche entstand im 14. Jahrhundert in den Niederlanden, verbreitete sich im 15. Jahrhundert vor allem in Nordwestdeutschland und machte sich etwa in der Zeit bemerkbar, in der sich der Humanismus mit dem Christentum zum christlichen Humanismus verband. Dieser forderte das Studium der grundlegenden Texte des Christentums, um eine persönliche Beziehung zu Gott herzustellen.

Die „devotio moderna“ stand dem spätmittelalterlichen Spiritualismus nahe, schöpfte aus der christlichen Mystik und zielte auf persönliche und innerliche Frömmigkeit, die ihre Kraft aus der stillen Betrachten des Leidens Christi und dem Geist der Bergpredigt schöpfte und nicht aus dem Mitfeiern der Liturgie und den Sakramenten.

Eine Parallele zu dem, was der spätere Luther anstrebte, zeigte sich im Denken und Handeln des aus Böhmen stammenden Reformators Jan Hus (1369 bis 1415), exkommuniziert 1410 und auf dem Konzil in Konstanz verbrannt, und der Waldenser Bewegung (versteht sich als wichtiger Vorläufer des reformierten Protestantismus).

Luther war von 1505 bis 1512 katholischer Mönch im Augustiner-Eremitenkloster Erfurt. Sein Abt, Förderer und Beichtvater Johann von Staupitz (1465 - 1524) machte ihn zu seinem Nachfolger in den Bibelwissenschaften an der Uni Wittenberg und verwies den strengen, um sein Seelenheil fürchtenden Mitbruder und dessen Angst vor dem Tod auf die Gnade Gottes. „Gnade ist das Kernwort der Reformation“, so Roth.

Die reformatorischen Soli

Die reformatorischen Soli fassten einen theologischen Grundsatz der Reformation zusammenfassen: „solus christus“ – alleine Christus, der Heilsmittler, der durch seine Selbstopferung am Kreuz die Erlösung des sündigen Menschen erwirkt–, „sola gratio“ (alleine die Gnade), „sola fide“ - alleine durch den Glauben.

Roth ging auch auf Luthers Wegbegleiter, den Humanisten, Theologen und Reformator Philipp Melanchthon (1497 bis 1560) ein. Er ist Verfasser der protestantischen Bekenntnisschrift „Confessio Augustana“ (Augsburger Bekenntnis) von 1530. Sie war Toleranzgrundlage des Augsburger Religionsfriedens und gehört noch heute zu den verbindlichen Bekenntnisschriften der lutherischen Kirche. Melanchthon, einst Rektor der Universität Wittenberg, forderte bereits in seiner Antrittsvorlesung die Reformation des scholastischen Bildungssystems. Sein Appell an die Studenten: „Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“ Als Errungenschaft der Reformation wird die Betonung des Gewissens angesehen, auf das sich auch Luther berief. „Er war in ihm und dem Wort Gottes gefangen“, so Roth.

Säkularisierung der westlichen Welt, Drang nach Selbstverwirklichung, hohem Lebensstandart und Individualismus schlage sich heute in Zahlen nieder. Von den unter 30-Jährigen seien nur 37 Prozent religiös geprägt. In den Kirchen und im Ehrenamt zeige sich ein Mitgliederschwund; ein Drittel sei ungetauft, 31 Prozent konfessionslos oder andersgläubig. „Kirchen sind nicht mehr der einzige Anbieter.

“ Dennoch: Die Bibel („Luthers Lebe- und Lesewort“) sei in 7100 Sprachen übersetzt und der Protestantismus sei mit rund 250 Millionen evangelischer Christen weltweit eine prägende Kraft.

Als Herausforderungen für die Zukunft nannte Roth unter anderem selbstkritisches Reden und Denken, Mut zum klaren Glaubensbekenntnis und ein ständiges Erneuern der Kirche und ihrer Strukturen, um das Verfehlen der reformatorischen Botschaft zu verhindern. An das Referat schloss sich eine Diskussion an um Trennung von Kirche und Staat, Ablasshandel und Glaube kontra Wissen und Beweise. Veranstalter des Abends war die VHS Lohr/Gemünden. Eröffnet hatte ihn die Leiterin Gisela Schlemmer. „Für uns als sonst religiös neutralem Bildungsträger war die Veranstaltung zum 500. Reformationsjubiläum ein absolutes Muss.“

 
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