Einen Ausflug in die Bildwelten einer wenig bekannten Künstlerin aus Unterfranken wagten am Sonntag rund 40 Gäste bei einem Konzert mit dem Pianisten Michael Günther im Homburger Gebsattel-Schloss. Im Stucksaal präsentierte er zusammen mit dem früheren Konservator am Würzburger Martin von Wagner Museum, Dr. Tilmann Kossatz, einige der verblüffenden „Marsbilder“-Gemälde der Künstlerin Eva Grossberg (1924-2014).
Entrückte Acrylgemälde
Als Auftakt erklang die Suite „Urania“ aus dem „Musicalischen Parnassus“ des Hofkapellmeisters der Markgrafen von Baden, Johann Caspar Ferdinand Fischer (1656-1746), auf dem Cembalo. Damit wurden die entrückten, verblüffenden Acrylgemälde atmosphärisch begleitet.
Tilmann Kossatz stellte die Werke aus der letzten Schaffensphase von Eva Grossberg vor. In einer Art von magischem Realismus zeigen sie orange und blaue Planetenscheiben vor dem schwarzen, unendlichen All, umspielt von kubischen Formen oder heiteren Details.
Das künstlerische Werk der Tochter des anerkannten Malers Carl Grossberg, der mit neusachlichen Stadtbildern, Industrie- und Technikdarstellungen große Bekanntheit erlangte, ist durchaus eine Entdeckung wert. Die eigenwillige, sehr auf sich bezogene Eva Grossberg lebte zurückgezogen, oft gegen den Strom schwimmend, im elterliche Wohnturm in Randersacker. Zu ihren Lebzeiten waren lediglich einmal Reiseskizzen in Würzburg ausgestellt worden. Dabei war ein anderer Aspekt ihres angewandten Kunstschaffens längst berühmt, wenn auch nicht unbedingt ihr Name.
Der Hannoveraner Keks-Fabrikant Werner Bahlsen verfolgte mit seinen Produkten moderne Wege des Industrie-Designs. Nach dem Zweiten Weltkrieg gewann er Eva Grossberg zunächst als freie Mitarbeiterin, die bis 1989 die Werbung und vor allem die bekannten Keksdosen des Unternehmens wesentlich gestalten sollte. Sie widmete sich außerdem der farblichen Gestaltung der Fabriksäle und der beliebten, jährlichen Weihnachtsdekoration.
Zeitgemäße Entwürfe
Von 1961 an lieferte die Künstlerin außerdem ein Jahrzehnt lang zeitgemäße Entwürfe für die Porzellanmanufaktur Fürstenberg. Nach dem Vortrag von Tilmann Kossatz ging es einen Stock höher. Dort war im Saal über einem Hammerklavier, dem Nachbau eines Pantalons aus der Sammlung Günthers, eine eindrucksvolle Folge der„Marsbilder“ gehängt worden.
Im Nebenraum belegten zahlreiche Exponate aus einer privaten Sammlung das Design-Vermögen von Eva Grossberg, das im Jahr 2014 im Berliner Bröhan-Museum mit einer eigenen Ausstellung gewürdigt wurde.
Bewundert wurden ansprechende Fürstenberg-Porzellanwaren. Aber vor allem die als Sammelobjekte geschätzten, glänzenden Bahlsen-Keksdosen überraschten. Hatte Grossberg diese zunächst im vereinfachenden, klaren, geometrischen Stil der 1950-iger Jahre wie auch ihre Werbeschilder gestaltet, so griff sie später überzeugend die kräftigen Farben der Pop Art und die Formenvielfalt der Op Art auf.
Im weiteren musikalischen Programm wandte man sich jedoch wieder der Betrachtung der „Marsbildern“ zu, die Eva Grossberg mit kraftvollen, aber stumpfen Acrylfarben schuf. Michael Günther schuf mit den auf dem Pantalon lange nachschwingenden, Tonfolgen der Fantasie in fis-Moll von Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788) einen zarten, fast sphärisch anmutenden Klangraum zu den Gemälden. Die Suite „November“ aus den „Monatlichen Clavierfrüchten“ des Cembalisten am Darmstädter Hof, Christoph Graupner (1683-1760), stand dem in ihrer kühlen, virtuosen Vielfalt schließlich in Nichts nach.