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Marktheidenfeld
Marktheidenfelder Goggo-Treffen: Da ächzten die Getriebe
Die Glas-Werke schrieben Automobilgeschichte. Am Wochenende waren internationale Fans der Fahrzeuge aus dem niederbayerischen Dingolfing in Marktheidenfeld zu Gast.
Da knatterten die Zweitakter durch die Innenstadt.
Foto: Martin Harth | Da knatterten die Zweitakter durch die Innenstadt.
Martin Harth
Martin Harth
 |  aktualisiert: 09.02.2024 14:36 Uhr

Das Goggomobil gilt als ein markantes Symbol des westdeutschen Wirtschaftswunders nach 1945. Dabei hatten die Glas-Automobilwerke im niederbayerischen Dingolfing eine ganze Reihe anderer, größerer Personenkraftwagen kreiert, die zu ihrer Zeit durchaus technisch richtungsweisend waren.

Ein Goggo-Coupé bei der Ausfahrt.
Foto: Martin Harth | Ein Goggo-Coupé bei der Ausfahrt.

Einen Eindruck von diesem längst abgeschlossenen Kapitel deutscher Automobilgeschichte konnte man sich am Wochenende in Marktheidenfeld machen. Der Glas-Automobilclub International hatte zu seinem 48. Treffen an den Main eingeladen. Rund 120 Glas-Fans brachten etwa 60 historische Fahrzeuge mit in die Stadt. Petra und Matthias Stangel sowie Rainer Michel hatten enthusiastisch die Organisation vor Ort übernommen.

Spartanisch: der Blick auf die Armaturen eines Goggo-Coupés.
Foto: Martin Harth | Spartanisch: der Blick auf die Armaturen eines Goggo-Coupés.

Wegen der Corona-Pandemie war dies keine ganz leichte Aufgabe und man musste auf einige öffentlichkeitswirksame Programmpunkte verzichten. Dennoch konnte man sich im persönlichen Rahmen über das gemeinsame Hobby gut austauschen. Am Freitag machte man sich auf eine gemeinsame Ausfahrt in den Spessart zur Geishöhe und nach Mespelbrunn. Schon auf dem Festplatz Martinswiese fand man beim Aufstellen der Fahrzeuge rege Beachtung.

Staunen über den Prototypen

In der Alten Schmiede in der Innenstadt konnte man während des Treffens die stilvoll ausgestattete Präsentation des Modells M 61 bewundern. Gedacht war es als Nachfolger des legendären Kleinstwagens Goggomobil. Die Studie kam aber nie über den Prototypen hinaus und genau dieses einmalige Stück aus dem Jahr 1961 war nun, von einem Clubmitglied sorgsam restauriert, erstmals wieder öffentlich zu bewundern.

Nur ein Prototyp blieb die Studie M 61 bei Glas.
Foto: Martin Harth | Nur ein Prototyp blieb die Studie M 61 bei Glas.

Am Samstagmorgen ging die Hauptversammlung des Clubs im Pfarrheim St. Laurentius über die Bühne, wo auch ein Ersatzteilmarkt aufgebaut war. Bei Führungen brachte man den Gästen die Innenstadt, das Franck-Haus und das Museum Obertorapotheke nahe.

Am Nachmittag knatterten dann die Zweitakter-Goggos mit ihren blauen Abgasfähnchen durch die Innenstadt, gefolgt von weit luxuriöseren Glas-Mittelklassefahrzeugen, Limousinen und schnittigen Sportwagen.

Kein Spielzeugauto, sondern eine „Familienkutsche“ war der Goggo.
Foto: Martin Harth | Kein Spielzeugauto, sondern eine „Familienkutsche“ war der Goggo.

Auf der Martinswiese konnte man anschließend die sorgsam aufpolierten Oldtimer bestaunen und mit diesen auch die Detailverliebtheit ihrer Eigentümerinnen und Eigentümer. Das galt keineswegs nur für die technischen Belange. Auch der Wackeldackel auf der Hutablage oder die Blumenvase mit den Plastikblümchen am sonst kargen Armaturenbrett durften nicht fehlen. Mit Humor hatte ein Goggo-Fan einen überdimensionalen und sich drehenden Aufziehschlüssel wie bei einem Spielzeugauto über die Motorhaube am Heck gebastelt. Das begeisterte vor allem die Jüngsten am meisten.

Geschicklichkeitsfahren auf Zeit

Am späteren Nachmittag startete rund ein Dutzend Goggos, darunter auch zwei besonders rasante Coupés zu einem Geschicklichkeitsfahren auf Zeit. Im Sprint sprangen oft die Pilotinnen und Piloten in ihre Fahrzeuge und lenkten diese unter anderem über zwei in Spurbreite ausgelegte Bretter. Gar nicht so einfach, wie man meinen sollte.

Auf der Martinswiese war Geschicklichkeit gefragt.
Foto: Martin Harth | Auf der Martinswiese war Geschicklichkeit gefragt.

Auch das Rangieren auf engstem Raum war mit erheblichen Mühen verbunden. So mancher Gang wollte nicht so recht beim den ersten Versuch. Die verblockten, nicht synchronisierten Getriebe knarrten und krachten. Über der Martinswiese lag der Duft der Zweitaktmotoren. Ja, und die Lenkung, das ist halt auch noch schwere Handarbeit, was man bei den eigentlich so leichten Fahrzeugen aus heutiger Sicht zunächst gar nicht vermuten würde.

Am Abend gab es im Pfarrheim bei einer fränkischen Brotzeit die offiziellen Ansprachen und die Siegerehrung des Wettbewerbs. Mit der gemeinsamen Abschlussfahrt zur Residenz nach Würzburg endete am Sonntag das Treffen der Glas-Begeisterten, an dem auch einige Gäste aus dem europäischen Ausland teilgenommen hatten.

Hans Glas GmbH

1883 war im niederbayerischen Pilsting die Landmaschinenfabrik Glas gegründet worden. Nach 1945 erweiterte das Familienunternehmen die Produktpalette um Motorroller. Sie erhielten nach dem Kosenamen des Enkels des Firmeninhabers Hans Glas den Namen Goggo-Roller.
Mitte der 1950 Jahre stagnierte im Deutschland des Wirtschaftswunders die Nachfrage nach Zweirädern. Deshalb startete man 1952 in Dingolfing die Entwicklung eines Kleinstwagens, der ab 1955 mit dem Namen Goggomobil erfolgreich auf den Markt kam.
Ab 1962 stellte das Glas Automobilwerk eine erstaunliche Anzahl von neuen und größeren Modellen vor, mit Mittelklasse-Limousinen, Cabrios und Sportcoupés. Ein größerer Marktzugang blieb den Autobauern aus Dingolfing aber verwehrt und schließlich suchte man die Zusammenarbeit mit BMW.
1966 übernahm BMW die Glas-Automobilwerke in Dingolfing. Die Glas-Fahrzeuge wurden nach und nach von BMW in eigene Modellreihen überführt. Der letzte Goggo wurde 1969 produziert. Das Werk in Dingolfing entwickelte sich zum größten Produktionsstandort der heutigen europäischen BMW-Group.
Quelle: maha
Auch solche Sportautos stellte der Goggo-Produzent Glas her.
Foto: Martin Harth | Auch solche Sportautos stellte der Goggo-Produzent Glas her.
Ein Fahrzeug für ruhigere Zeiten.
Foto: Martin Harth | Ein Fahrzeug für ruhigere Zeiten.
 
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