Auch ein kleines Steinchen, in den See geworfen, kann weite Wellen verursachen. Dass diese bekannte Metapher auch in der Politik gilt, zeigten die letzten Monate in Marktheidenfeld. Ein paar Sätze in der Haushaltsrede der CSU von Richard Oswald mit der Bitte, das städtische Engagement beim Musikinstitut auslaufen zu lassen – schon ist die Diskussion da. Eine Musik-Schülerin sammelt 684 Unterschriften für den Erhalt. Zuschriften aus ganz Deutschland und sogar aus der Schweiz erreichen Bürgermeister und Stadträte.
FW-Stadtrat Holger Seidel ordnete die Menge und Heftigkeit der Reaktionen als "Shitstorm" ein. CSU-Stadtrat Christian Menig wiegelte hingegen ab. Er habe nur ein wenig in der Zeitung darüber gelesen. Wie auch immer, die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte, ist offenkundig und sind die Stadträte nicht müde, dies auch zu betonen: Ohne diese Diskussion, hätte sich das Gremium nicht so ausführlich mit dem Musikinstitut befasst. In seiner Sitzung am Donnerstag sollte deshalb eine Diskussionsgrundlage geschaffen werden. Und wo könnte es überhaupt mit dem Musikinstitut hingehen?
Fakten zum Musikinstitut
Zuerst die Fakten. Aktuell lernen 116 Schüler und 40 Mitglieder im Akkordeonorchester (diese Zahlen überschneiden sich in wenigen Fällen) ein Instrument am Musikinstitut. Die Schülerzahl hat sich in den vergangenen neun Jahren nicht groß verändert. Von den 116 Schülern sind 67 aus Marktheidenfeld und 49 aus dem Umland. Im Akkordeonorchester spielen sieben Marktheidenfelder. Die Gebühren in Marktheidenfeld sind teilweise 40 Prozent niedriger als in den Musikschulen umliegender Städte. Die Einnahmen aller Unterrichtsbeiträge beliefen sich 2020 auf 44 000 Euro. Mit Zuschüssen kommen insgesamt etwa 44 500 Euro bei Einnahmen heraus.
Insgesamt unterrichten neun Lehrer (davon sind fünf seit über 25 Jahren am Musikinstitut) 19 Instrumente. Das Spektrum reicht von Klavier über Posaune, Flöte, Saxophon bis hin zu Schlagzeug. Die Personalkosten sind naturgemäß auch der größte Ausgabenposten. Etwa 107 000 der insgesamt 137 000 Euro an Ausgaben entfallen direkt oder indirekt (wie Künstlersozialausgaben) aufs Personal. 2019 betrug das Defizit des Musikinstituts 74 000 Euro, 2020 sogar 91 000 Euro – zum Teil auch, weil der Stadtrat ob der Corona-Pandemie Betragserhöhungen ausgesetzt hat.
Wie kann man das Musikinstitut erhalten und gleichzeitig sparen?
Die Stadträte wollen in den kommenden Wochen beraten, welche Alternativen sie strukturell und institutionell diesem Status Quo bevorzugen. Richard Oswald (CSU) forderte, dass man sich bewusst machen müsse, dass die Stadt dieses Defizit für 67 Marktheidenfelder Schüler in Kauf nehmen würde. Man müsse genau überlegen, was die Kommune anbiete und zu welchen Bedingungen. Aber von ihrer Ursprungsforderung scheint die CSU wieder abgerückt zu sein.
Entschieden distanzierten sich SPD, Grüne und Freie Wähler von der CSU. Martin Harth (SPD): "Ich fand es problematisch, wie die Geschichte in einem Nebensatz weggewischt wurde". Holger Seidel: "Eine Grundsatzdebatte ist verfehlt." Dirk Hartwig: "Die Grünen stehen total hinter dem Musikinstitut." Wenn doch irgendwo gespart werden könnte – Politiker nennen das gerne "Optimierungspotenzial" – dagegen schien niemand was zu haben.
Wo man sparen könnte
Das Einsparen könnte man gleich mit mehreren Punkten anpacken. Ausgemacht scheint, dass das Musikinstitut aus der Würzburger Straße zieht und der Unterricht in aktuell ungenutzte Räume in der Stadt verteilt wird; die musikalische Früherziehung könnte zum Beispiel gleich in den Kitas gemacht werden. So könnte man sich einen Teil der Mieten, Pachten, Strom und Gas sparen. Immerhin belaufen sich diese Ausgaben auf 12 000 Euro für das Jahr 2020. Hier müsse auch bei den Bildungseinrichtungen ein Umdenken stattfinden, forderte Burkhard Wagner (FW).
Eine andere Möglichkeit wäre, die interkommunale Zusammenarbeit zu verbessern. Bürgermeister Thomas Stamm sagte, er habe schon einmal vorsichtig in der Kommunalen Allianz angefragt. Viele der umliegenden Gemeinden hätten jedoch keinen Bedarf gesehen. Dem gegenüber steht eine andere Idee, die Inge Albert in die Sitzungsvorlage schrieb: ein Gebührenaufschlag für Auswärtige.
Eine ganz andere Idee wäre des Ausbau des Musikinstituts zu einer Musikschule. Damit sich das lohnt, müsste die Schülerzahl jedoch viel höher werden. proMar befürchtete, damit den beiden privaten Musikschulen vor den Kopf zu stoßen. Harth merkte auch an, dass das Institut gegründet wurde, um sich nicht in das starre Korsett einer Musikschule zu zwängen. Christian Menig (CSU): "Das sieht aus, als würden wir bei einer Musikschule noch mehr zahlen."
Was sonst noch im Stadtrat passierte
- Die Dachdecker- und Spenglerarbeiten für das Bürgerhaus Michelrieth gehen für 164 000 Euro an die Firma Thilo Hammer. Die Lüftungsinstallation geht an die Firma Kreip + Mannert für 114 000 Euro. Für die Außenanlagen des Neubaus der Feuerwache Marktheidenfeld sind zusätzliche 21 000 Euro an Kosten entstanden. Auch das genehmigte der Stadtrat.
- Der Stadtrat stimmte einer neuer Gebührensatzung zur Marktsatzung, einer neuen Gebührensatzung für die Bauschuttdeponie und einer neuen Verordnung über die Reinigung der Straßen und der Gehwege im Winter zu.
Schöne Grüße,
Martin Hogger
Pro Kubikmeter Erdaushub 12 statt 10 Euro.
Pro Kubikmeter Bauschutt 14 statt 12 Euro.
Außerdem: Für Imbiss-Stände auf dem Laurenzi-Markt fallen künftig 120 Euro je Meter Frontlänge an. Bisher waren es 90 Euro.
Schöne Grüße,
Martin Hogger