
Der frühere kaufmännische Geschäftsführer und Arbeitsdirektor von Rexroth, Dieter Klingenberg, ist im Alter von 92 Jahren gestorben. Lohr und die mainfränkische Wirtschaft haben ihm viel zu verdanken. Der Diplom-Volkswirt lenkte das stürmische Wachstum des Hydraulikunternehmens in geordnete Bahnen und verhinderte die Abwanderung der Firma Indramat.
Geboren und aufgewachsen in Niedersachsen, studierte Klingenberg in Göttingen und begann 1952 seine berufliche Laufbahn in der Konzernrevision von Friedrich Krupp in Essen. Drei Jahre später war er Prüfungsleiter bei der Mannesmann-Revision in Düsseldorf.
Charme und Humor
Nach mehreren Stationen in Mannesmann-Tochterfirmen kam er zur G. L. Rexroth GmbH nach Lohr, die seinerzeit erst zur Hälfte dem Mannesmann-Konzern gehörte. Seine Chancen als kaufmännischer Geschäftsführer der schnell wachsenden Rexroth-Gruppe standen nicht gerade gut, denn seine drei Vorgänger im Amt hatten jeweils maximal zwei Jahre durchgehalten, aufgerieben in Debatten mit der damaligen Ingenieur-Führung des Unternehmens.
Zudem wurde Klingenberg in Lohr zunächst sehr misstrauisch beäugt und als "Aufpasser" oder gar "Spion von Mannesmann" verdächtigt. Doch er verschaffte sich Respekt und Anerkennung als "Arbeitstier mit Charme und Humor". Klingenberg brachte die Buchführung und das Rechnungswesen bei Rexroth wieder auf Vordermann.
Mit seinen exzellenten Kenntnissen der Finanzen und des Steuerrechts sicherte er das rasante Wachstum des Unternehmens ab und warnte immer rechtzeitig vor Folgen allzu großer technischer Risikofreude. Als seinen größten Erfolg betrachtete es Klingenberg, mit weiteren Rexroth-Führungskräften Stadtrat und Bürgermeister von Lohr dazu gebracht zu haben, das Industrie- und Gewerbegebiet Lohr-Süd zu schaffen und so die Abwanderung der Firma Indramat (heute Rexroth-Bereich Electric Drives & Controls) nach Nordrhein-Westfalen zu verhindern. Das bedeutete über 1000 Arbeitsplätze für Lohr.
Mit 65 Jahren ging Klingenberg in den (Un-)Ruhestand. Drei Jahre lang beriet er danach Rexroth und die Mannesmann AG. Diese Tätigkeit führte ihn in zahlreiche Länder. In Indien leitete er die Umstrukturierung von Rexroth Indien. Der Ruheständler mischte aber auch in Lohr noch mit. Bei der Lohrbachverlegung am Hauptwerk sorgte er mit einem Arbeitsstab für Planung, Genehmigung und Finanzierung.
Lange Jahre engagierte sich Dieter Klingenberg für soziale Belange. Seit 1978 gehörte er dem Rotaryclub Lohr-Marktheidenfeld an, war ein Jahr lang dessen Präsident und District Governor für Franken, Thüringen und Nordbayern.
Klingenberg war Mitbegründer und von 1996 bis 2007 Vorsitzender des "Freundeskreises für Pater Eckart", der die soziale Arbeit des Geistlichen in Brasilien unterstützte. Zu dieser Aufgabe kam er über die Georg Ludwig Rexroth-Stiftung, für die er sich schon in seiner Amtszeit "nebenher" engagierte und dann als Mitgesellschafter. Im Freundeskreis sah er eine Erweiterung der Arbeit der Rexroth-Stiftung.
Im IHK-Präsidium
Ferner war er für die mainfränkische Wirtschaft engagiert, unter anderem im Präsidium der IHK Würzburg-Schweinfurt und als Vorsitzender von deren Weiterbildungsausschuss. 2004 erhielt er das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Mit seiner Frau Ingrid hatte er zwei Töchter und einen Sohn.