Hört man den Begriff Archäologie, dann denken viele sofort an Ausgrabungen. Dass Graben bei der Erforschung von Bodendenkmälern nicht unbedingt das richtige und erste Mittel sein kann, machte Dr. Ralf Obst bei einem Vortrag bei der Volkshochschule Marktheidenfeld deutlich, zu dem der vhs-Vorsitzende Dr. Leonhard Scherg einen interessierten Kreis von rund 25 Gästen begrüßen konnte.
Obst berät und betreut an seinem Dienstsitz des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege auf Schloss Seehof bei Bamberg ehrenamtliche Initiativen aus dem nordbayerischen Raum, die sich der Erforschung von Bodendenkmälern verschrieben haben. Gemeinsam bringt man entsprechende Projekte bis zu einer abschließenden Darstellung der Forschungsergebnisse voran. Auch im Gebiet des Landkreises Main-Spessart gibt es eine ganze Anzahl solcher Vorhaben.
Der Fachmann machte deutlich, dass Ausgrabungen immer einen zerstörerischen Eingriff in ein Bodendenkmal bedeuten. Es gelte aber das kulturelle Erbe möglichst unbeschädigt der Nachwelt zu überlassen. Insbesondere das Unwesen sogenannter Schatzgräber sorge dafür, dass wichtige Befunde für immer verloren gingen. Heute stünden der Denkmalpflege ganz andere Untersuchungsmethoden zur Verfügung, als etwa vor 100 Jahren. In der Zukunft werde es sicher noch aussagekräftigere geben, als uns heute bewusst sei.
Obst stellte exemplarisch solche geophysikalischen Untersuchungsmethoden vor. Seit langem bekannt ist sicher die Luftbild-Archäologie, die beispielweise durch Veränderungen im Bewuchs Mauerreste deutlich werden lassen. Mit Laserscan-Untersuchungen, wie sie sich auch im Geoportal Bayernatlas des Landesamts für Digitalisierung finden, kann man aussagekräftige Geländemodelle gewinnen.
Im Speziellen gehe es aber darum, dort wo etwa mündliche Überlieferung, Archivalien oder Flurnamen auf die Möglichkeit von Bodendenkmälern hinwiesen, mit Methoden wie der Magnetometrie, der elektrischen Widerstandsprospektion oder einem Bodenradar zu Erkenntnissen zu kommen. Sie stellen sich in Bildgebungen dar und sind dann vom Experten aus der Erfahrung, aus dem Vergleich zu anderen Befunden und im Zusammenwirken mit anderen historischen Erkenntnissen zu interpretieren. Ehrenamtliche seien auf diesem Weg wichtige Anstoßgeber, Hilfskräfte wie auch Forscherinnen und Forscher.
Obst stellte zunächst geophysikalische Untersuchungen aus Himmelstadt vor. Zur dortigen 1200-Jahr-Feier hatte man sich vorgenommen, der Überlieferung um die fränkische Herzogstochter Immina aus dem 7. Jahrhundert auf die Spur zu kommen. Dazu vermutete man Spuren auf einer Grünfläche mit dem Namen "Am Burkardstuhl". Ein Projekt der Universität Bamberg brachte auch Hinweise auf Mauerreste eines bewohnbaren Turms hervor, der allerdings auf einen Burgstall des 14. Jahrhunderts hinweise.
An anderer Stelle an der Gemarkungsgrenze nach Zellingen machte man Spuren der Klosterwüstung "Himmelspforten" sichtbar. 1231 hatte der Würzburger Bischofs Hermann I. von Lobdeburg an dieser Stelle das Zisterzienserinnenkloster "Himmelspforten" gegründet, das schon nach knapp zwei Jahrzehnten in Richtung Würzburg verlegt wurde.
Ein weiterer Untersuchungsgegenstand war eine Wüstung aus karolingischer Zeit bei Zellingen. Ein Luftbild hatte 1991 einen Hinweis darauf geliefert. Genauere Untersuchungen brachten Spuren von Steinbauten hervor, wie sie in ländlichen Gebieten aber erst seit dem 10. Jahrhundert zu vermuten wären. Neben sichtbar gewordenen Gruben könnte ein rechteckiger Mauergrundriss auf eine einfache Hallenkirche hindeuten, wie man sie von anderen Orten der Region auch schon aus karolingischer Zeit kenne.
Ein Grund zu diesem Vortrag einzuladen, waren die in jüngerer Zeit in Homburg gewonnen Erkenntnisse zu der vermutlich im 14. Jahrhundert aufgegebenen Siedlung Mutterhausen oder Mutershausen. Aus einem Flurnamen war man in Richtung Bettingen im Wald über dem Main auf Reste eines Schafshofs aus dem 14./15. Jahrhundert gestoßen. Sogar oberflächlich ließen sich Reste wie Mörtel oder Ziegel sichern. Eine schwierige geophysikalische Untersuchung führte vor Ort zu keinen größeren, weiteren Befunden.
Der Blick der Fachleute richtete sich aber auf die benachbarte Niederterrasse am Main, wo man auf dem Acker bald mit dem Fund von Tonscherben aus dem 8. bis 14. Jahrhundert einen Hinweis auf eine frühere Siedlung hatte. Geophysikalische Untersuchungen belegten dort nun auch Grubenhäuser. Der Kulturverein Schloss Homburg am Main will die gewonnenen Erkenntnisse zusammenstellen und vor Ort der Öffentlichkeit präsentieren. Es wird auch erwogen, die Untersuchungen fortzusetzen.
Den Abschluss wählte Ralf Obst mit einer linearen Reihe von neun Hügelgräbern in der Gemarkung Lindengrund im Wald bei Steinfeld. Dort weist eines der prähistorischen Denkmäler mit den Resten einer Einfriedung aus behauenen Steinen eine echte Besonderheit auf. Der schon 1930 bei einer Grabung weitgehend zerstörte Grabhügel war wohl im Mittelalter zu einer Richtstätte am Rand des einst wertheimischen Territoriums umgewandelt worden.