Die Orchideenwanderung im Retztal hat bereits die lange Tradition eines Vierteljahrhunderts. Sie wurde von Eberhard Sinner und Reinhold H. Möller im Rahmen ihrer damaligen politischen Tätigkeiten ins Leben gerufen und entwickelte sich zu einer Melange aus gemeinsamem Erwandern und Beschäftigung mit der Natur, für die die Welt der Orchideen mehr als nur ein apartes Synonym bildete, sowie interessanten Gesprächen bei gutem Essen und Trinken - natürlich aus Produkten der Region. Regelmäßig nahm ein besonderer Gast teil, der im Bereich der Natur oder auch als Erfinder oder durch Innovationen in Politik, Religion oder Literatur Interessantes zu berichten wusste und damit die Wanderung bereicherte.
In den Corona-Jahren war die Veranstaltung auf Kleinformate reduziert worden. Jetzt fand sie wieder in gewohnter Größe und Art am Karlstadter Saupurzel statt. Zu Beginn gab der seitherige Leiter, der frühere Bürgermeister von Retzstadt, Reinhold H. Möller den Wanderstab weiter an Theo Dittmaier, der als zweiter Bürgermeister von Karlstadt (bis 2020) und nunmehriger Stadt- und Kreisrat symbolisch das Hausrecht verkörperte, und ab sofort zusammen mit der Bezirksrätin Maria Hoßmann die Leitung der Orchideenwanderung übernimmt.
21 Personen wurden dann von den bewährten Naturführern Wolfgang Piepers und Edmar Rothaug vom Parkplatz an der B 26 an der Westseite des Flugplatzes entlang geführt. Eine Vielzahl von Pflanzen und Kräutern wurde der Wandergesellschaft gezeigt und beschrieben, darunter auch die etwas später blühenden Orchideen wie Bocksriemenzunge, Bienen- und Hummelragwurz sowie das Helm-Knabenkraut, darüber hinaus Pflanzen, die auf der sogenannten Roten Liste Bayerns stehen, d.h. sie sind vom Aussterben bedroht, wie das Rundblättrige Hasenohr, das Apeninn-Sonnenröschen (nur zwei Stellen in Deutschland) und das Federgras.
Die Mittagsrast war am Flugplatzgebäude. Kellermeister Reinhold Full, der wieder einmal seiner Rolle als "Weinflüsterer" gerecht wurde, stellte zur Brotzeit Silvaner und Riesling vor. Die Bezirksbäuerin Maria Hoßmann machte in einem Pausenreferat auf die vielfältigen Maßnahmen der Landwirtschaft zum Umweltschutz aufmerksam. Die Thematik wurde anschließend kontrovers diskutiert.
Am Nachmittag führte Dr. Franz Dunkel die Gruppe zu einer Reihe von Äckern, wo er ein Vertragsnaturschutzprojekt zur Erhaltung von selten gewordenen Ackerunkräutern betreut: Bauern erhalten für den Verzicht auf Erträge vom Freistaat Bayern Ausgleichsgelder. Als Beispiele zeigte Dr. Dunkel den Venuskamm und die Kornrade. Bei dieser Gelegenheit machte er auch auf eine Mehlbeere am Rande eines Feldes aufmerksam, die – mehr noch als andere "Sorbus"-Arten wie Elsbeere oder Speierling - in unserer Region eine Rarität darstellt.
Von: Reinhold H. Möller (bisheriger Leiter, Retztaler Orchideenwanderung)