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Karlstadt
Main-Spessart: Warum manche Lehrer geimpft werden – und andere noch nicht
Lehrer an der Förderschule werden priorisiert geimpft. Die Direktorin der Mittelschule Marktheidenfeld ist enttäuscht, dass das nicht auch für ihre Schule gilt. Das ist der Grund.
Eine medizinische Fachangestellte im Impfzentrum Lohr befüllt die Spritzen mit Impfstoff. (Symbolbild)
Foto: Lucia Lenzen | Eine medizinische Fachangestellte im Impfzentrum Lohr befüllt die Spritzen mit Impfstoff. (Symbolbild)
Jennifer Weidle
Jennifer Weidle
 |  aktualisiert: 09.02.2024 03:15 Uhr

Lehrkräfte und Personal an Förderschulen werden bei der Impfung priorisiert. Denn die Wahrung von Hygieneabständen ist bei Kindern mit besonderem Förderbedarf oft nicht möglich. Doch inklusive Mittelschulen mit einem hohen Anteil an Förderschülerinnen und Förderschülern fallen nicht unter diese Priorisierung. "Es kommt mir so vor, als wüssten die gar nicht, dass es uns gibt", sagt Annette Hettiger, Schulleiterin der inklusiven Mittelschule Marktheidenfeld. 

Sie hatte erwartet, dass Lehrkräfte und Personal ihrer Schule priorisiert geimpft werden können, denn ein Drittel ihrer Schülerinnen und Schüler sind Förderschüler. "Wir sind eine Inklusionsschule, doch es ist überhaupt nicht angedacht, uns zu impfen."

Kinder können Abstand nicht halten

Jetzt schon impfen lassen kann sich das Personal von Kindertagesstätten, Lehrkräfte an Grundschulen und eben auch an Förderschulen. Zu Letzteren gehört das Leo-Weismantel-Förderzentrum in Karlstadt. Warum die Impfung für Personal und Lehrkräfte, die mit Kindern mit besonderem Förderbedarf umgehen, so wichtig ist, erklärt Schulleiter Burkard Betz: "Viele unserer Kinder können die Distanz zu anderen Menschen nicht gut regulieren. Wir haben auch mehrfach behinderte Kinder bei denen unser Personal auch pflegerische Tätigkeiten ausführt."  Lehrkräfte und Schulpersonal, die Förderschüler betreuen und unterrichten, müssen also höhere Risiken eingehen und sollen daher priorisiert geimpft werden.

Auf Nachfrage dieser Redaktion beim Bayerischen Kultusministerium zum Hintergrund der Regelung heißt es: "Die Priorisierung bei den Impfberechtigungen legt die Coronavirus-Impfverordnung des Bundes fest." Der Freistaat Bayern sei bei der Umsetzung an die dort festgelegte Reihenfolge gebunden.

Einhaltung der Hygienmaßnahmen erschwert

"Gemäß dem Bund-Länder-Beschluss vom 22. Februar werden Personen, die im Förder- und Grundschulbereich tätig sind, bei den Corona-Impfungen höher priorisiert." Weitere Priorisierungen seien nur durch Änderung der Coronavirus-Impfverordnung möglich, für die das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zuständig sei.

Beim Bundesministerium für Gesundheit verweist man wiederrum auf die Empfehlung der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts. Dort habe man entschieden, Personen, die in Kinderbetreuungseinrichtungen, in der Kindertagespflege, in Grundschulen, Sonderschulen oder Förderschulen tätig sind, mit hoher Priorität zu impfen, da unter anderem in diesen Bereichen die Einhaltung der Hygienemaßahmen erschwert sei.

Personal an integrativen Mittelschulen muss sich noch gedulden

Burkard Betz erklärt, dass seine Lehrkräfte und das Personal sehr nah an den Kindern dran seien. Das sei wichtig und nötig. "Im Unterricht haben wir zwar aktuell Einzelsitzplätze", sagt Betz. Es sei aber vielfach nicht möglich – und auch nicht sinnvoll für das Wohl der Kinder – diese auf Abstand zu halten. "Wir können den Kindern nicht ihren kompletten Alltag wegnehmen."

Der Schulleiter des Förderzentrums hatte bereits Nachricht erhalten, dass sein Personal bald geimpft werden kann. Wer aber an einer der intergrativen Mittelschulen im Landkreis arbeitet, wird sich mit der Impfung noch gedulden und sich mit dem erhöhten Risiko vorerst abfinden müssen.

Ministerium gibt keine klare Antwort

Warum es möglich sein soll, Hygienemaßahmen bei Förderschülern an einer Mittelschule einzuhalten und bei Förderschülern an Förderschulen nicht? Darauf gab es vom Bundesministerium keine konkrete Antwort. Die Pressestelle verweist lediglich auf eine Äußerung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: "Wir passen die Impfverordnung neuen Erkenntnissen und Entwicklungen an. Dafür halten wir an der Priorisierung fest, um besonders Verwundbare zu schützen."

Besonders verwundbar sind nach dieser Argumentation nach also nur die Menschen, die mit Förderschülern an einer Förderschule Kontakt haben. Für das Personal an Mittelschulen, das ebenfalls mit Förderschülern in Kontakt ist, wird das Risiko offenbar als geringer angesehen.

 
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  • C. H.
    Liebe Frau Weidle, haben Sie sich ein Bild vor Ort von der Mittelschule Marktheidenfeld und ihren Schülern gemacht? Sie haben mit der Schulleiterin Anette Hettiger gesprochen die letztes Jahr noch als einzige ihre Schäfchen zum Skikurs nach Filzmoos geschickt hat? Danach mussten ja alle nur in Quarantäne.... Da fehlen einem schon fast die Worte. Allein das Schild Inklusion an der Tür... vielleicht wäre ein Besuch der St Kilian Schule hilfreich. Das ist eine Förderschule.
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