Main-Spessarts Nachbarregion, die Rhön, ist bekannt für weitläufige Landschaften mit einer vielfältigen Flora und Fauna, für sanften Tourismus und als Region, die sich stets weiterentwickelt, heißt es in einer Pressemitteilung. Landrätin Sabine Sitter und eine Delegation des Kreistags besuchten in den vergangenen Tagen den Landkreis Rhön-Grabfeld. Auf dem Besichtigungsprogramm standen unter anderem die verschiedenen Schutzzonen des Unesco-Biosphärenreservats Rhön und ein Vortrag über das Technologietransferzentrum (TTZ) in Bad Neustadt.
„Damit unser Landkreis für die Zukunft gut aufgestellt ist, streben wir eine integrierte und nachhaltige Haushaltsführung an“, so Sitter im Gespräch mit Thomas Habermann, Landrat von Rhön-Grabfeld, und ihren Kolleginnen und Kollegen des Kreistags. Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit, nämlich die des sozialen Aspekts, der Ökonomie und der Ökologie, seien gleichwertig zu berücksichtigen.
Ein Projekt der sozialen Nachhaltigkeit sei der angestrebte Neubau des Klinikums Main-Spessart in Lohr. Innerhalb des Bereichs der ökonomischen Nachhaltigkeit gilt es, die finanzielle Lage des Landkreises Main-Spessart im Blick zu behalten. Dies bedeute, dass Investitionsprojekte priorisiert werden müssen, so Sitter. Sie warb dafür, dass die einzelnen Kommunen in Main-Spessart enger zusammenarbeiten, um gemeinsam als Landkreis zu agieren.
Expertise aus der Region
Zudem gelte es, die in Main-Spessart ansässigen Unternehmen zu vernetzen und gemeinsam Lösungen für deren Probleme zu finden, etwa mit einem TTZ, das in Main-Spessart angesiedelt werden könnte. Das TTZ in Bad Neustadt unter der Institutsleitung von Prof. Dr.-Ing. Ansgar Ackva gibt es seit 2012. Es ist eine Einrichtung der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt. Dort wird ausschließlich geforscht, es finden keine Vorlesungen statt.
Ackva erklärte den Gästen aus Main-Spessart, dass die Errichtung eines TTZ in Bayern durch das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert wird. Kommune und Landkreis stellen der Forschungseinrichtung die Räumlichkeiten zur Verfügung. Dr. Jörg Geier, Leiter der Kreisentwicklung in Rhön-Grabfeld, schätzte, dass das TTZ den Kreis rund 125.000 Euro jährlich koste.
Unternehmen finanzieren die Stiftungsprofessur. „Die Industriebetriebe in Main-Spessart haben die Chancen, die ein TTZ im Landkreis mit sich bringen würde, erkannt und setzen sich dafür ein“, so die Einschätzung der Landrätin. „Wir schaffen hier spezifische, in der Region nachgefragte technologische Expertise im Bereich der Elektromobilität“, sagte Ackva. Ein weiterer Vorteil eines TTZ sei, dass dort Fachkräfte aus der Region in der Region selbst ausgebildet werden.
Biosphärenreservat: Schutz durch Nutzung
Die Idee im Spessart ein Biosphärenreservat auszuweisen, ist ein Aspekt der Nachhaltigkeits-Dimension Ökologie. Thomas Habermann (Landrat Rhön-Grabfeld) sagte: „Das Wichtigste ist, dass sich die Menschen hier mit Leidenschaft für den Erhalt ihres Lebensraums einsetzen.“ Das sei es, was ein Biosphärenreservat ausmache.
Gebietsbetreuer Torsten Kirchner, dem – ebenso wie Landrat Habermann – die Leidenschaft für die Region anzumerken war, beschrieb auf der Busfahrt durch bewaldete Hänge und entlang von Hecken umsäumte Kleinäcker in der Langen Rhön die Entwicklung des Dreiländerecks Thüringen, Hessen und Franken seit der Öffnung der innerdeutschen Grenze.
Die Zeitenwende
„Vor 30 Jahren konnten die Menschen, die hier lebten, das schwere Wort Biosphärenreservat kaum aussprechen“, so Kirchner, der selbst unmittelbar im Zonenrandgebiet an der Grenze zu Birx (Landkreis Schmalkalden-Meiningen in Thüringen) aufgewachsen ist. Heute würden sich die Rhöner mit ihrem Biosphärenreservats identifizieren, so Kirchner.
Dabei sei es keinesfalls so, dass der Region ein fertiges „Konzept übergestülpt werde“, sagten Dr. Thomas Keller (Regierung von Unterfranken) und Michael Geier von der Verwaltung des Unesco-Biosphärenreservats Rhön. „Im Gegenteil, Bürgerbeteiligung wird hier besonders großgeschrieben“, so Geier.
Dichter Nebel
Im Naturschutzgebiet am Parkplatz Schornhecke angekommen erwartete die Main-Spessarter das, was an 200 Tagen im Jahr in den Hochlagen der Rhön zu erwarten ist: dichter Nebel und kalter Wind. Trotzdem ging es raus aus dem Bus, um ein paar Schritte auf dem Premiumwanderweg in Richtung des Heidelsteins über typische Rhöner Wiesen zu wandern.
Schutz durch Nutzung
Anders als in einem Nationalpark, der nicht bewirtschaftet werden darf, werde ein Biosphärenreservat nach dem Leitsatz „Schutz durch Nutzung“ erhalten. In der 3900 Hektar großen Kernzone soll sich die Natur vom Menschen möglichst unbeeinflusst entwickeln. Trotzdem kann die Landschaft touristisch besucht werden, etwa auf ausgewiesenen Wanderwegen. „In das Schwarze Moor, das zur Kernzone gehört, kommen an gut besuchten Tagen etwa 4500 Menschen“, so Kirchner.
Die Bereiche um die Kernzonen werden gepflegt – zum Beispiel durch ökologisch orientierte Land- und Forstwirtschaft oder Maßnahmen zur Umweltbildung. Das größte Gebiet macht die Entwicklungszone aus, in der Landwirtschaft, Gewerbe und Industrie unter den üblichen gesetzlichen Auflagen wirtschaften. Auf freiwilliger Basis sollen hier nachhaltige Nutzungs- und Wirtschaftsformen erprobt, modellhaft umgesetzt und praktiziert werden.