Ungewohnt tief drehten am Freitagmittag zwei Transportflugzeuge der Bundeswehr bei Adelsberg ihre Runden. Die Heckluken öffneten sich. Nach und nach wirbelten hinter den Transall knapp 100 Fallschirmjäger in die Luft. Zeit zum Öffnen der grünen Schirme bleibt beim Sprung aus 400 Meter Höhe kaum. Binnen weniger als zwei Minuten schweben die schwer bepackten Männer zu Boden. Um die Gelenke zu schonen, rollen sich die Kämpfer beim Aufkommen in den Weizenfeldern geschickt ab.
Das spektakuläre Szenario wird sich in Zukunft öfter wiederholen. Ab Juli übernimmt die Hammelburger Infanterieschule die Ausbildung von Fallschirmjägern. Sie sollen später in ihrer Truppengattung Führungsaufgaben übernehmen.
Zur ersten Verzahnung von Truppe und neuer Ausbildungsstätte übten zwei Kompanien des Fallschirmjägerbataillons 263 aus dem Saarland in Hammelburg. Die abspringenden Soldaten spielten Angreifer, die später im Übungsplatz auf Kameraden treffen, die Verteidiger mimen.
In den Himmel aufgestiegen waren die Soldaten auf dem Flugplatz in Giebelstadt. Nach knapp 20 Minuten Flug trafen sie über dem Absetzraum ein. Unter den Zuschauern war Brigadegeneral Andreas Hannemann. Er ist Kommandeur der letzten Fallschirmjägerbrigade, die nach neuesten Bundeswehrreformen übrig bleibt. Interesse zeigten auch Oberst Peter Utsch, Leiter von Lehre und Ausbildung der Infanterieschule, und Major Björn Hoyme. Er leitet die VIII. Inspektion und ist künftig für die Fallschirmjägerausbildung zuständig. „Das ist kein Hobby“, beschreibt Brigadegeneral Hannemann die rauen Konditionen beim taktischen Absetzen. Beim tiefen Anflug können sich Soldaten unbemerkt über dem Feindesland bewegen.
Mit einer Fallgeschwindigkeit von sechs bis neun Metern je Sekunde setzen die Kämpfer am Boden auf. Ein Humpelfuß sei noch keine Verletzung, sagt Hannemann. Im Ernstfall wird sogar aus 200 Metern abgesprungen. Falls dann was schief läuft, hilft kein Rettungsschirm mehr. „Die Gegend hier ist ideal“, lobt Major Hoyme die Schulungsbedingungen für seine Inspektion. Geplant ist in Hammelburg vorwiegend die theoretische Ausbildung von Fallschirmspringern zur Übernahme von Führungsaufgaben. Umfassen wird dies pro Jahr je einen vier- bis fünfmonatigen Durchgang für je 40 Offizieranwärter und vier Durchgänge zu je zwei Monaten für je 40 Feldwebel.
Als ortsansässiges Stammpersonal werden zehn Soldaten aus Altenstadt nach Hammelburg versetzt und zehn weitere aus dem übrigen Bundesgebiet zusammengezogen. Wie oft es künftig zu Absprüngen in der Region kommt, ist noch unklar. Die praktische Ausbildung soll sich auf andere Bereiche konzentrieren.
Der Truppenübungsplatz komme wegen des engen Schießplanes weniger infrage. Als Absetzzonen dienten bisher schon die nun gewählte Hochebene zwischen Adelsberg, Gössenheim und Karsbach mit Blick auf die Homburg. Eine Alternative ist eine Zone bei Altbessingen, die wegen der Windräder allerdings zunehmend problematisch wird. „Mit deutlich mehr Tieffliegern ist nicht zu rechnen“, versichert Oberst Utsch. Je ein Flug zum taktischen Absetzen pro Kurs an der Infanterieschule sei denkbar. Die Landwirte der Felder, auf denen die Soldaten niedergehen, erhalten Entschädigungen.
Die Transportmaschinen, die dieses Mal zum Einsatz kamen, sind in Penzberg stationiert. Flieger können aber auch aus Niederstetten oder Fritzlar und selbst von europäischen Verbündeten angefordert werden. Emotionslos sehen das die Fallschirmspringer. „Das ist unser Omnibus“, sagt Bataillonskommandeur Oberstleutnant Eiko Zuckschwerdt. Vier Sprünge müssen die Soldaten in seinem Bataillon pro Jahr absolvieren.
Man bekomme zwar etwas Routine. „Der Adrenalinstoß ist aber immer der gleiche, wenn sich die Flugzeugtüre öffnet.“ Ein Drittel der künftig in Hammelburg ausgebildeten Fallschirmjäger wechselt zu den Krisenreaktionskräften für Spezialaufgaben. Doch auch die 3800 Springer der Luftlandebrigade 26 haben einen spannenden Beruf. Sie können binnen 24 Stunden weltweit zu Einsätzen kommandiert werden.