So etwas hat es hier noch nicht gegeben: Am Samstag, 22. Oktober, treffen sich 18 Autorinnen und Autoren aus ganz Deutschland zu einem Lyrik-Tag in Lohr. Sie haben lyrische Texte aus den unterschiedlichsten literarischen Formen dabei, die sie im Alten Rathaus präsentieren. Wir sprachen darüber mit Krystyna Kuhn. Die im Lohrer Kulturleben sehr engagierte Autorin, die selbst neben Romanen auch Gedichte schreibt, organisiert die Veranstaltung und moderiert das Lyriktreffen. Eingeladen sind alle Literaturinteressierten, die spontan an der den ganzen Tag offenen Veranstaltung von 11 bis 22 Uhr teilnehmen können.
Ich schreibe selbst Lyrik und lese sie auch sehr gerne. Zudem boomt das Gedicht zurzeit in Deutschland. Dennoch hat diese literarische Form es schwer, weil viele Menschen glauben, sie sei schwierig zu verstehen. Das kommt auch durch die Begegnung mit Lyrik in der Schule. Das Zerpflücken von Versen, bei denen man sich immer fragen muss, was will uns der Dichter sagen? Für mich ist Lyrik in erster Linie ein Klangerlebnis, also Musik mit Worten. Deshalb sind Liveauftritte so inspirierend.
Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst fördert 2022 ausdrücklich die freie Kunstszene. Das bedeutet für Lohr einen fünfstelligen Betrag. Als Vorsitzende der VS-Regionalgruppe Ober-/Unterfranken sehe ich mich als Schnittstelle zwischen Autorinnen und Autoren und dem Publikum. Ich denke, dass nicht nur in Großstädten literarische Veranstaltungen angeboten werden sollten, sondern auch in ländlichen Regionen.
Ich kenne einige der Autorinnen und Autoren persönlich. Wie etwa Nevfel Cumart aus Bamberg, dessen Gedichte eine Brücke zwischen der türkischen und der deutschen Kultur schlagen. Von vielen bekam ich Namen der Gäste genannt, die ich eingeladen habe. Es sind sehr viele Preisträgerinnen und Preisträger dabei. Und Slata Roschal, die auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis steht. Was mich sehr überrascht hat, war die positive Resonanz. Die Autorinnen und Autoren freuen sich, nach Lohr zu kommen, um zu lesen und Gleichgesinnte zu treffen. Schreiben ist ja oft ein einsamer Prozess und umso wichtiger ist der Austausch.
Die Lyrikerinnen und Lyriker kommen aus ganz Deutschland und vornehmlich aus Großstädten wie Berlin, Köln, München. Es ist ein unglaublich breites Spektrum, das wir an diesem Tag bieten. Vom Newcomer wie Anja Flügel bis zu Ron Winkler, der zu den renommiertesten deutschen Lyrikern zählt. Es gibt politische Gedichte, Liebeslyrik und Texte aus dem Bereich Nature Writing. Man kann klassische Gedichte hören, aber auch Poetry Slam und Spoken Word Texte. Und bekannt in Lohr ist natürlich die wunderbare Pauline Füg, die hier mehrere Poetry Slams organisiert und moderiert hat. Sie kennt sich sehr gut in der deutschen Lyrikszene aus und hat mir ebenfalls Gäste empfohlen.
Der Tag beginnt um 11 Uhr und endet um 22 Uhr. Gelesen wird zu unterschiedlichen Aspekten wie etwa Junge Stimmen, Lyrik darf alles oder Lyrik im Dunkeln. Um 14.30 Uhr wird Bürgermeister Mario Paul die Gäste in Lohr begrüßen und anschließend spricht Christian Schloyer in seiner Begrüßungsrede über die Lyrik der Gegenwart.
Gespannt bin ich eigentlich auf alles. Interessant wird in jedem Fall die Podiumsdiskussion um 16 Uhr zum Thema Lyrik der Gegenwart. Und ich freue mich auf die Musik von Sara Teamusician aus Würzburg. Ein besonderes Highlight ist auch die Klangimprovisation von Christian Schloyer um 21 Uhr. Insgesamt glaube ich, dass so eine Veranstaltung einzigartig ist. Und ich freue mich sehr, dass es mir gelungen ist, so viele Autoren und Autorinnen in Lohr zusammenzubringen.
Das hängt natürlich davon ab, wie die Resonanz sein wird. Ich hoffe, dass viele Literaturinteressierte das Experiment wagen und vorbeischauen. Denn das gehört zum Konzept. Man muss nicht zwei Stunden dasitzen und zuhören, sondern kann kommen und gehen. Und gerade für junge Menschen sind viele Autoren und Autorinnen dabei, die interessant sind. Wie Jule Weber (Bochum) und Jonas Galm (Leipzig), die die Sparte Poetry Slam und Spoken Word vertreten. Oder die Raptexte von Lila Sovia aus Hamburg. Ich fände Live-Auftritte in den Schulen sehr wichtig, um Werbung für das gesprochene Wort zu machen.