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AURA
Luxusrinder auf Spessartweiden: Wagyus in Aura
Luxusrinder auf Spessartweiden: Wagyus in Aura       -  Das also sollen die begehrtesten und damit teuersten Rinder der Welt sein. Die ursprünglich aus Japan stammenden Wagyus von Günther Jeckel aus Aura im Sinngrund (Lkr. Main-Spessart), besser bekannt als Kobe-Rind, schauen nicht besonders exotisch aus: Sie haben ein schwarzes Fell, kurze Hörner wie andere Rinder auch und sind nicht sonderlich groß. In Aura laufen sie auf den Weiden von Jeckels „Spessarthof“ zwischen weißen Charolais-Rindern herum, die deutlich jünger, aber etwas größer sind. Einzig die schwarzen Zungen, die die fünf recht zahmen Wagyu-Ochsen hervorstrecken, wenn man die streichelbedürftigen Tiere am Kopf grault, sehen bemerkenswert aus. Das Besondere an diesen Rindern ist ihr zartes Fleisch, nach dem sich Gourmets weltweit die Finger lecken. Es soll wahnsinnig aromatisch schmecken und auf der Zunge schmilzen. Das Geheimnis sind die Fettadern, die die Muskeln der Tiere durchziehen und beim Braten einen nussigen Geschmack geben sollen. Viele Züchter machen großes Tamtam um ihre Rinder, massieren sie, geben ihnen Bier ins Futter oder singen ihnen etwas vor. Dass die Tiere selten sind, weil Japan nie wollte, dass lebende Tiere das Land verlassen, trägt ein Übriges zum Mythos Kobe-Rind, wie allerdings nur die Tiere aus der Region Kobe genannt werden dürfen, bei. Im Jahr werden in Deutschland nur wenige Dutzend reinrassige Wagyus geschlachtet. Ein Zuchtprojekt steht in Deutschland erst am Anfang. Jeckel dürfte der einzige Wagyu-Halter in Franken sein. Der unkomplizierte Spessarter will jedoch nicht züchten, sondern schlachten. Und er hält das Brimborium, das manche um ihre Luxustiere machen, für Gaukelei. Bislang kann er über den Geschmack des Fleisches nichts aus eigener Erfahrung sagen, da er noch kein Wagyu-Steak gegessen hat. Aber für ihn ist klar: Massage oder Bier haben darauf keinen Einfluss. Die Gene der Tiere machen das Steak schmackhaft, lassen das Fett in den Muskeln wachsen. Massiert worden seien die Tiere in Japan früher lediglich, weil sie in engen Ställen gestanden hätten, so der 51-Jährige. Er will auch nicht mit Soja mästen, sondern mit Heu, Grassilage und Getreide – auf Jeckels Ökohof obendrein alles Bio. Eine Wagyu-Kuh kostet so viel wie ein neuer VW Golf. Seine fünf Ochsen hat Jeckel im Vergleich recht günstig von einem Züchter in Norddeutschland bezogen. Es sollen nicht die letzten gewesen sein, wenn es nach ihm geht. Den ersten seiner Edel-Ochsen will er kommenden Sommer schlachten lassen – mit frühestens 36 Monaten und nach einer rund sechsmonatigen Mast. Zwei der Tiere sind schon vorbestellt. Die anderen möchte Jeckel zerlegen und als Zehn-Kilo-Fleischpakete verkaufen. Als Preis hat er günstig klingende 35 Euro pro Kilogramm im Sinn. „Ich muss gucken, wie ich dabei rauskomme.“ Die besten Stücke der Ochsen will er jedoch im eigenen Dry-Aging-Schrank acht Wochen reifen lassen. Für solch gut abgehangenes Wagyu-Fleisch wird im Internet auch schon mal 250 Euro pro Kilogramm verlangt. Der gelernte Großhandelskaufmann ist ein Tausendsassa. Das mit den Wagyu-Rindern war wieder eine seiner fixen Ideen, mit denen er aber bislang offenbar Erfolg hat. „Wenn das das gesündeste, beste, geschmackvollste Fleisch der Welt sein soll“, so Jeckel über seine Motivation, mit der er im April die ersten fünf der leckeren Tiere gekauft hat, „dann muss ich das einfach ausprobieren.“ Er hält nicht viel vom Trara, der das Fleisch noch teurer machen soll, ist aber überzeugt, dass das Fleisch, das viel Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren enthalten soll, gesünder als Fisch ist. Neben Wagyu-Rindern hat der Nebenerwerbslandwirt, der hauptberuflich Handelsvertreter für eine Schweizer Baustofffirma ist, 20 Charolais-Rinder, früher auch mal Hochlandrinder, brennt Schnaps und Whisky, hat ein Backhaus und einen Felsenkeller und schwört auf eine Pflanze namens Moringa – „die gesündeste Pflanze der Welt“ –, die er auch in der Nudelfertigung des Hofes einsetzt. Die Produkte verkauft Jeckel auf dem Hof und – außer das Fleisch – auch bei einer Supermarktkette und in Dorfläden im Umkreis von 60 Kilometern. Von seinen Stammkunden habe auch bereits ein Dutzend Wagyu-Fleisch vorbestellt. Mit drei Jahren bringt ein Rind 300 Kilogramm auf die Waage – zum Vergleich: Jeckels Charolais-Rinder wiegen mit 20 Monaten 350 Kilo. Das Schlachten von Wagyu-Rindern ist jedoch gar nicht so einfach. Stress auf einem längeren Transport zum Schlachter würde das Fleisch mit Hormonen und Milchsäure überfluten. Jeckel ist guter Dinge, dass sich der Stress für seine Ochsen bei der acht Kilometer langen Fahrt ins benachbarte, schon hessische Oberndorf zum Metzger in Grenzen hält. Er erwägt jedoch auch, eine Genehmigung zu beantragen, die Tiere stressfrei aus der Ferne auf der Weide mit dem Gewehr erlegen zu dürfen. Dort, auf die Weide, gehören Rinder Jeckels Ansicht nach hin. „Artgerechte Haltung ist beim Rind die Wiese.“ Der 51-Jährige hat seine Wiesen direkt am Hof. Gerne können die Leute die Tiere auf der Weide anschauen und sich denken: Da läuft mein Steak. Regionalität sei vielen heute wichtiger als Bio, glaubt der Rinderhalter, für den die exotischen Rindviecher „Hobby und Spaß“ sind. Ein klein bisschen mulmig ist ihm jedoch zumute, wenn seine Luxustiere auf der Weide stehen. Er muss sich noch etwas überlegen, um sinistre Pläne möglicher Viehdiebe zu vereiteln.
Foto: Björn Kohlhepp | Das also sollen die begehrtesten und damit teuersten Rinder der Welt sein. Die ursprünglich aus Japan stammenden Wagyus von Günther Jeckel aus Aura im Sinngrund (Lkr.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:48 Uhr

Das also sollen die begehrtesten und damit teuersten Rinder der Welt sein. Die ursprünglich aus Japan stammenden Wagyus von Günther Jeckel aus Aura im Sinngrund (Lkr. Main-Spessart), besser bekannt als Kobe-Rind, schauen nicht besonders exotisch aus: Sie haben ein schwarzes Fell, kurze Hörner wie andere Rinder auch und sind nicht sonderlich groß. In Aura laufen sie auf den Weiden von Jeckels „Spessarthof“ zwischen weißen Charolais-Rindern herum, die deutlich jünger, aber etwas größer sind. Einzig die schwarzen Zungen, die die fünf recht zahmen Wagyu-Ochsen hervorstrecken, wenn man die streichelbedürftigen Tiere am Kopf grault, sehen bemerkenswert aus.

Nach Fleisch lecken sich Gourmets die Finger

Das Besondere an diesen Rindern ist ihr zartes Fleisch, nach dem sich Gourmets weltweit die Finger lecken. Es soll wahnsinnig aromatisch schmecken und auf der Zunge schmilzen. Das Geheimnis sind die Fettadern, die die Muskeln der Tiere durchziehen und beim Braten einen nussigen Geschmack geben sollen. Viele Züchter machen großes Tamtam um ihre Rinder, massieren sie, geben ihnen Bier ins Futter oder singen ihnen etwas vor. Dass die Tiere selten sind, weil Japan nie wollte, dass lebende Tiere das Land verlassen, trägt ein Übriges zum Mythos Kobe-Rind, wie allerdings nur die Tiere aus der Region Kobe genannt werden dürfen, bei.

Im Jahr werden in Deutschland nur wenige Dutzend reinrassige Wagyus geschlachtet. Ein Zuchtprojekt steht in Deutschland erst am Anfang.

Viel Brimborium um Haltung der Wagyu-Rinder

Jeckel dürfte der einzige Wagyu-Halter in Franken sein. Der unkomplizierte Spessarter will jedoch nicht züchten, sondern schlachten. Und er hält das Brimborium, das manche um ihre Luxustiere machen, für Gaukelei. Bislang kann er über den Geschmack des Fleisches nichts aus eigener Erfahrung sagen, da er noch kein Wagyu-Steak gegessen hat. Aber für ihn ist klar: Massage oder Bier haben darauf keinen Einfluss. Die Gene der Tiere machen das Steak schmackhaft, lassen das Fett in den Muskeln wachsen. Massiert worden seien die Tiere in Japan früher lediglich, weil sie in engen Ställen gestanden hätten, so der 51-Jährige. Er will auch nicht mit Soja mästen, sondern mit Heu, Grassilage und Getreide – auf Jeckels Ökohof obendrein alles Bio.

Auraer Ochsen sollen geschlachtet werden

Eine Wagyu-Kuh kostet so viel wie ein neuer VW Golf. Seine fünf Ochsen hat Jeckel im Vergleich recht günstig von einem Züchter in Norddeutschland bezogen. Es sollen nicht die letzten gewesen sein, wenn es nach ihm geht. Den ersten seiner Edel-Ochsen will er kommenden Sommer schlachten lassen – mit frühestens 36 Monaten und nach einer rund sechsmonatigen Mast. Zwei der Tiere sind schon vorbestellt. Die anderen möchte Jeckel zerlegen und als Zehn-Kilo-Fleischpakete verkaufen. Als Preis hat er günstig klingende 35 Euro pro Kilogramm im Sinn. „Ich muss gucken, wie ich dabei rauskomme.“ Die besten Stücke der Ochsen will er jedoch im eigenen Dry-Aging-Schrank acht Wochen reifen lassen. Für solch gut abgehangenes Wagyu-Fleisch wird im Internet auch schon mal 250 Euro pro Kilogramm verlangt.

Jeckel ein Tausendsassa

Der gelernte Großhandelskaufmann ist ein Tausendsassa. Das mit den Wagyu-Rindern war wieder eine seiner fixen Ideen, mit denen er aber bislang offenbar Erfolg hat. „Wenn das das gesündeste, beste, geschmackvollste Fleisch der Welt sein soll“, so Jeckel über seine Motivation, mit der er im April die ersten fünf der leckeren Tiere gekauft hat, „dann muss ich das einfach ausprobieren.“ Er hält nicht viel vom Trara, der das Fleisch noch teurer machen soll, ist aber überzeugt, dass das Fleisch, das viel Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren enthalten soll, gesünder als Fisch ist.

Stammkunden haben schon Wagyu-Fleisch vorbestellt

Neben Wagyu-Rindern hat der Nebenerwerbslandwirt, der hauptberuflich Handelsvertreter für eine Schweizer Baustofffirma ist, 20 Charolais-Rinder, früher auch mal Hochlandrinder, brennt Schnaps und Whisky, hat ein Backhaus und einen Felsenkeller und schwört auf eine Pflanze namens Moringa – „die gesündeste Pflanze der Welt“ –, die er auch in der Nudelfertigung des Hofes einsetzt. Die Produkte verkauft Jeckel auf dem Hof und – außer das Fleisch – auch bei einer Supermarktkette und in Dorfläden im Umkreis von 60 Kilometern.

Von seinen Stammkunden habe auch bereits ein Dutzend Wagyu-Fleisch vorbestellt. Mit drei Jahren bringt ein Rind 300 Kilogramm auf die Waage – zum Vergleich: Jeckels Charolais-Rinder wiegen mit 20 Monaten 350 Kilo.

Heikles Schlachten der Tiere

Das Schlachten von Wagyu-Rindern ist jedoch gar nicht so einfach. Stress auf einem längeren Transport zum Schlachter würde das Fleisch mit Hormonen und Milchsäure überfluten. Jeckel ist guter Dinge, dass sich der Stress für seine Ochsen bei der acht Kilometer langen Fahrt ins benachbarte, schon hessische Oberndorf zum Metzger in Grenzen hält. Er erwägt jedoch auch, eine Genehmigung zu beantragen, die Tiere stressfrei aus der Ferne auf der Weide mit dem Gewehr erlegen zu dürfen.

Dort, auf die Weide, gehören Rinder Jeckels Ansicht nach hin. „Artgerechte Haltung ist beim Rind die Wiese.“ Der 51-Jährige hat seine Wiesen direkt am Hof. Gerne können die Leute die Tiere auf der Weide anschauen und sich denken: Da läuft mein Steak. Regionalität sei vielen heute wichtiger als Bio, glaubt der Rinderhalter, für den die exotischen Rindviecher „Hobby und Spaß“ sind. Ein klein bisschen mulmig ist ihm jedoch zumute, wenn seine Luxustiere auf der Weide stehen. Er muss sich noch etwas überlegen, um sinistre Pläne möglicher Viehdiebe zu vereiteln.

Wagyu-Rinder

Die Rinderrasse, eigentlich sind es vier, wird in Japan wie ein Schatz gehütet. Die Bestände außerhalb des Landes stammen hauptsächlich von Tieren, die zu wissenschaftlichen Zwecken Mitte der 1990er in die USA exportiert wurden. Seither ist der Export von lebenden Wagyu-Rindern aus Japan verboten. In Deutschland kamen 2006 die ersten Wagyus zur Welt. Ein Kobe-Rind, wie Wagyus aus der Region Kobe heißen, hat Japan angeblich noch nie verlassen.

Quellen: Wagyu-Verband; SpieGel

 
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