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Lohrs letzte Videothek schließt
Beim Verkauf jeder einzelnen DVD blutet Manuela Schuhmann das Herz.  Sie muss die letzte Videothek in Lohr schließen.
Foto: Maximilian Fink | Beim Verkauf jeder einzelnen DVD blutet Manuela Schuhmann das Herz. Sie muss die letzte Videothek in Lohr schließen.
Maximilian Fink
 |  aktualisiert: 03.12.2019 08:59 Uhr

Versteckt in einem Hinterhof in der Friedensstraße: Hier ist sie, die letzte Videothek Lohrs. Wer eintritt und Besitzerin Manuela Schuhmann inmitten von wandhohen Regalen unzählige DVDs durchstöbern sieht, dem ist klar: Hier fühlt sich die 42-Jährige wohl.

Doch dieses Bild gehört in wenigen Tagen der Vergangenheit an, denn die Videothek wird Ende März schließen. Der Filmverleih ist nicht mehr rentabel und deswegen suchen bis dahin die rund 3000 DVDs und Blu-rays noch einen neuen Besitzer.

Ab 2009 Chefin

Als die gelernte Metzgereifachverkäuferin den Verleih 2009 von ihrer ehemaligen Chefin übernimmt, sieht das ganze noch gut aus: „Ich habe mir die Geschäftsbücher angeschaut und gerechnet. Damals war das noch richtig gutes Geld, was man dabei verdienen konnte und auch der Preis für die Ablöse hat gepasst.“ Optimistisch stockte die neue Geschäftsführerin den Bestand nach der Übernahme auf und investierte gewaltige Summen in Neuerscheinungen. Als vor einem Jahr die Räumlichkeiten verkauft wurden und geräumt werden mussten, fing das Leiden an. „Das hat mich böse getroffen“, meint Manuela Schuhmann wehmütig, „Da hätte ich heulen können.“

Glaubt man der Langenprozeltenerin, so hat der anschließende Umzug dem Geschäft das Genick gebrochen: „Nach dem Umzug dachten viele Kunden, wir hätten komplett aufgehört. Es war ein Fehler, nicht allzu viel in Werbung zu investieren. Danach fiel der Umsatz um 50 Prozent.“

Schließlich mietete sie mehrere Räume im früheren Getränkehandel Hemm an der Friedensstraße und versuchte, an alte Zeiten anzuknüpfen. Doch der Ortswechsel machte sich bemerkbar. Für den Umsatz, den sie früher an einem Tag machte, benötigt sie heute einen ganzen Monat. Wo früher hunderte DVDs am Tag über die Ladentheke wanderten, kommen heute im Schnitt nur noch 20 Kunden am Tag vorbei.

„Viele Kunden wollten Empfehlungen von mir und kamen völlig begeistert zurück – das war ein tolles Gefühl und die Stärke meines Ladens. Irgendwann musste ich aber begreifen, wie sehr Video-Streaming im Internet dem herkömmlichen Videoverleih das Wasser abdrehen.“

Diese Entwicklung ist nicht nur in Main-Spessart bemerkbar, sondern ein allgemeines Problem. Die geliehene DVD wird in Zeiten von Streaming-Anbietern wie Netflix und Co. nicht mehr gebraucht, da Filme über Abonnements direkt im Internet geschaut werden können. Die Folge ist ein deutschlandweites Videothekensterben; viele Betreiber müssen um ihre Existenz fürchten. Statistiken des Interessenverbands des Video- und Medienfachhandels liefern hierzu den Beweis: Gab es 2007 noch 4173 Videotheken in Deutschland, so sank die Zahl innerhalb von sieben Jahren auf 1544. Die Zukunft verspricht also keine rosige für Betreiber im Videoverleih zu werden.

Unklare Zukunft

Wie Manuela Schuhmanns Zukunft nach ihrer Geschäftsschließung Ende März aussieht, ist noch unklar. „Ich muss jetzt erstmal den Kopf klarkriegen, um hier den Schlussstrich zuziehen“, erklärt die Filmliebhaberin mit traurigen Augen, „Danach sehen wir weiter.“

Bis Ende der März betreibt Manuela Schuhmann noch „Video & More“, verkauft aber neben dem Verleih auch sämtliche DVDs im Sortiment. Nur ihren Lieblingsfilm, den Action-Thriller „96 Hours“ mit Liam Neeson, wird sie wohl behalten.

 
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