Sandra Parisi aus Lohr arbeitet als medizinische Beraterin für das Würzburger Hilfswerk DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe. Unter anderem forscht sie in Tansania am Victoriasee zu Schistosomiasis, einer tropischen Infektionskrankheit. Das DAHW und das Missionsärztliche Institut (MI) haben dazu gerade ein gemeinsames Projekt gestartet, teilt das Hilfswerk mit.
Sandra Parisi wollte schon immer in die Entwicklungszusammenarbeit, sagt sie. Zudem hat sich mit ihrem Medizinstudium einen Traum erfüllt. Das war gar nicht so einfach, denn die junge Frau konnte kein Blut sehen. Gesegnet mit fünf Sprachen lag es daher nahe, etwas mit Sprachen zu studieren.
Entscheidung für Medizinstudium
Doch während ihres BWL-Studiums im französischen Lyon wurde ihr klar: Medizin ist es. Sie setzte alles daran, diese Idee zu verwirklichen. Recht schnell bekam sie einen Studienplatz in Göttingen.
Und das mit dem Blut hatte sich auch erledigt. Sie durfte einmal einen Tag lang in einem Operationssaal in Argentinien – dem Geburtsland ihres Vaters – assistieren und fiel nicht in Ohnmacht. Das war der Ritterschlag fürs Studium und „mein persönliches Schlüsselerlebnis“, sagt sie heute stolz.
Bereut hat die 33-Jährige ihre Entscheidung nicht. Im Bereich der Tropenerkrankungen konnte sie ihre Interessen an Kulturen, Sprachen und Entwicklungszusammenarbeit mit der Medizin vereinigen.
Nach dem Medizinstudium in Göttingen und Hamburg und vielen praktischen Auslandserfahrungen, fand sie sich heimatnah in der Würzburger Tropenmedizin wieder. Und dort arbeitet sie gerne. Die globale Gesundheitsszene sei großartig: „Die Verzahnung von DAHW, Missionsärztlichem Institut und Klinik ist einzigartig“, schwärmt sie.
Im Rahmen ihrer Doktorarbeit hat sie sich auf Schistosomiasis spezialisiert. „Oft kennen die Menschen die Krankheit auch als Bilharziose“, erklärt sie. Am Victoriasee ist ein Großteil der Bevölkerung infiziert. Die Parasitenlarven werden von Schnecken ausgeschieden und gelangen in die Haut, sobald die Menschen mit dem Seewasser in Berührung kommen.
Schleichende Krankheit
Die Krankheit ist schleichend und kann den Magendarmtrakt und vor allem die Leber gravierend schädigen – bis hin zum Tod durch Verbluten. Weitere Gefahren, die den Infizierten kaum bekannt sind, können Komplikationen wie Blasenkrebs, Unfruchtbarkeit und eine erhöhte Anfälligkeit für HIV sein. Insbesondere viele Kinder sind infiziert.
Die zweifache Mutter hat gemeinsam mit einem Team vor Ort Schnecken gesammelt und in einem Pilotprojekt 800 Menschen zu ihren Lebensumständen, Kenntnissen und Prioritäten befragt. Erste Hilfsmaßnahmen wurden zudem in die Tat umgesetzt.
Damit die Bewohner nicht mehr direkt mit dem Seewasser in Berührung kommen müssen, gibt es nun beispielsweise einen Bootssteg. Neben Behandlungskampagnen braucht es nun eine Versorgung mit Brunnen, Toilettenanlagen und Schutzkleidung für die Fischer. Es gibt also noch viel zu tun.
Umso mehr freut sich die Medizinerin über das aktuelle Schisto-Projekt von DAHW und MI. Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums zwischen den Partnerstädten Würzburg und Mwanza im Jahr 2016 übernahm Oberbürgermeister Christian Schuchardt die Schirmherrschaft für dieses Projekt. „Die mögliche Ansteckung vor Ort ist nicht zu unterschätzen. Ich selbst trug Gummistiefel und einen Angler-Ganzkörperanzug beim Schneckensammeln in den Sümpfen“, so Sandra Parisi.
Die Bevölkerung mit einbeziehen
Wichtig sei vor allem, die Menschen auf die Gefahren aufmerksam zu machen, damit sie das Erfahrene auch weitergeben können. Denn Entwicklungszusammenarbeit ist nur wirksam, wenn die Bevölkerung aktiv mit einbezogen wird.
Sie freut sich schon auf ihren nächsten Aufenthalt in dem ostafrikanischen Land im nächsten Monat. Und im kommenden Jahr beginnt ein weiteres Abenteuer, diesmal gemeinsam mit ihrer Familie. Im bolivianischen Monteagudo wird die Unterfränkin ein Chagas-Referenzzentrum mit aufbauen, in Zusammenarbeit mit der DAHW und dem Brüderkrankenhaus Trier.
„Chagas ist meine Herzensangelegenheit“, sagt sie nachdenklich. Eine weitere Tropenkrankheit, die erforscht werden will. Und eine neue Herausforderung für Sandra Parisi.