Sie war geprägt von den Beschränkungen der Corona-Zeit und einem Geist der Harmonie: die erste Sitzung des neuen Lohrer Stadtrats in der Wahlperiode von 2020 bis 2026.
Sie fand nicht wie gewohnt im großen Sitzungssaal des Rathauses statt, sondern im deutlich geräumigeren großen Saal der Stadthalle. Ein wesentlicher Akt der rund dreistündigen Sitzung war die Benennung der beiden Stellvertreter von Bürgermeister Mario Paul.
Dabei demonstrierten die Stadträte Geschlossenheit: Ohne Gegenstimme wählten sie in geheimer Wahl Dirk Rieb (CSU) zum zweiten Bürgermeister und bestätigten Ruth Steger im Amt als dritte Bürgermeisterin. Es war der Wahlausgang, der sich schon im Vorfeld abgezeichnet hatte. Die Fraktionen hatten ihn hinter den Kulissen ausgehandelt.
Lohr steht vor finanziell schwierigen Jahren
Gegenkandidaten gab es in beiden Wahlgängen nicht. Für Rieb, der bei der Kommunalwahl noch einer von Pauls Herausforderern gewesen war, stimmten 24 und somit alle anwesenden Ratsmitglieder. Paul sprach angesichts dessen von einer sehr deutlichen Wahl, über die er sich sehr freue. Bei der Wahl Stegers gab es nur eine ungültige Stimme.
Gleich zu Beginn hatte Paul in seiner Rede zum Start der neuen Wahlperiode an die Räte appelliert, den Schulterschluss und das Miteinander zu suchen. Lohr stehe vor finanziell schwierigen Jahren. Jüngst habe man noch gehofft, durch die Erhöhung der Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer den finanziellen Handlungsspielraum der Stadt nachhaltig verbessert zu haben. Nun drohten durch die Folgen der Corona-Krise neue Löcher bei den Finanzen.
Ein Nachtragshaushalt ist wahrscheinlich nötig
Zwar seien die Steuereinnahmen in diesem Jahr bisher wie kalkuliert geflossen. Allerdings zeichne sich für die Stadt infolge der Corona-Krise eine "deutlich schlechtere Einnahmesituation" ab. Man werde für das laufende Jahr wohl einen Nachtragshaushalt benötigen. Im Juli werde die Kämmerei dem Stadtrat ausführlich über die finanzielle Situation berichten. Soweit absehbar sei die Liquidität der Stadt und ihrer Eigenbetriebe jedoch nicht gefährdet, so Paul.
Auch Rahmen und Ablauf der konstituierenden Sitzung des Stadtrats waren geprägt von der Corona-Krise. Um einen Sicherheitsabstand von zwei Metern zwischen allen Beteiligten einhalten zu können, war die Sitzung vom Rathaus in die Stadthalle verlegt worden. Dort saßen die Räte weit auseinander, ein jeder an einem eigenen Tisch und mit eigener Sprechanlage.
Fünf neue Stadträte vereidigt und Ausschüsse besetzt
Die durch eine Absperrung abgetrennten Plätze für rund 20 Zuhörer waren fast komplett besetzt. Der Saal der Stadthalle, der im Normalfall mehreren hundert Besuchern Platz bietet, war somit nahezu ausgelastet. Laut Stadthallenmanager Thomas Funck war die Sitzung zugleich die erste Veranstaltung in der Lohrer Stadthalle seit Mitte März.
Im Zuge der Sitzung wurden nicht nur Ausschüsse besetzt und der organisatorische Rahmen für die Stadtratsarbeit gesteckt, sondern auch die fünf neuen Mitglieder des Gremiums vereidigt: Mathilde Lembach (Grüne), Christiane Werthmann (Bürgerverein), Torsten Ruf (ÖDP), Peter Sander (FDP) und Frank Seubert (CSU).
Der neue Stadtrat ist weiblicher geworden: Elf der 24 Ratsmitglieder sind Frauen, das sind zwei mehr als bisher. Daneben ist auch die Anzahl der Fraktionen auf sieben gewachsen. Neben CSU, Grünen, SPD, Freien Wählern und Bürgerverein sind ab sofort auch FDP und ÖDP mit je einem Rat vertreten. Stärkste Fraktion bleibt die CSU mit sieben Mitgliedern.
Zeichen für eine bessere Zusammenarbeit im Stadtrat
Die Verabschiedung der mit Beginn der neuen Wahlperiode ausgeschiedenen fünf Stadträte steht indes noch aus. Ein gebührender Abschied "braucht Herzlichkeit und Nähe", sagte Paul. Das sei jedoch derzeit nicht möglich. Die nicht mehr dem Gremium angehörenden Gerold Wandera (Grüne), Sven Gottschalk, Richard Eyrich (beide SPD), Ernst Herr (CSU) und Rainer Nätscher (Bürgerverein) sollen zu einem späteren Zeitpunkt verabschiedet werden.
Nachdem die erste Sitzung des neuen Gremiums in großer Harmonie über die Bühne gegangen war, sprach Bürgermeister Paul von einem "schönen Auftakt, der uns hoffentlich einige Jahre tragen wird". Ähnliche Töne waren auch von anderen zu hören. Brigitte Riedmann, Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, den CSU-Mann Rieb als ersten Stellvertreter vorgeschlagen, unter anderem weil es ein Zeichen für eine verbesserte Zusammenarbeit im Stadtrat wäre.
Wolfgang Weis von den Grünen hatte danach Ruth Steger (SPD) für die Wahl der dritten Bürgermeisterin vorgeschlagen. Er warb dafür, dass der Stadtrat mit einem einstimmigen Votum ein Signal der Geschlossenheit senden und "ein Zeichen nach außen" setzen könne.