
"Es war ein Tante Emma-Laden in groß", sagt ein Kunde. Diesen Samstag schließt der Kupsch-Markt am Marktplatz, Inhaber Winfried Roß geht in den Ruhestand. Einen Nachfolger gibt es nicht. "Am Montag wird ausgeräumt", sagt Roß.
Dass kein Nachfolger gefunden wurde, hatte die Sprecherin der Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen Stiftung & Co. KG vor einem Vierteljahr mitgeteilt. Laut Winfried Roß hatte er dieses Jahr im Durchschnitt 30 Angestellte. Alle, die im Berufsleben bleiben wollten, hätten einen neuen Job. Einige hätten schon vor einiger Zeit gekündigt, um eine neue Arbeitsstelle anzutreten. Das bestätigt eine Mitarbeiterin.

Geleerte Regale
Die Regale haben sich schon seit Tagen geleert. "Wie in der DDR", sagt jemand nach dem Einkauf. Bei den Kühleinheiten sind die Rollos längst gefallen. An der heißen Theke gibt es keine Laugenstangen mit angemachtem Camembert mehr. Winfried Roß will diesen Samstag so wenig wie möglich übrig haben.
Was sich weiterverkaufen lasse, übernehme der Kupsch-Markt an der Jahnstraße. Mit Wurst und Käse sei das nicht möglich, erklärt Roß. "Dann kriegt das Personal noch ein Wurstpaket. Mal sehen, ob für mich auch noch ein Stück Fleischwurst übrigbleibt", sagt der künftige Rentner Roß. Wo wird er dann einkaufen? "Das macht dann meine Frau."
Des einen Freud, des anderen Leid: Vor allem für alte Menschen, die nicht selbst kochen möchten oder denen es schwerfällt, versiegt nach dem Schließen der Metzgerei Stein und der verwaisten Bratwurst-Ecke am Marktplatz eine weitere Quelle warmer Speisen zum Mitnehmen in der Innenstadt.
Keine heiße Theke mehr
Vor der heißen Theke Schlange stehen und mit den Arbeitskollegen plaudern: passé. Der Markt war von überschaubarer Größe, man fand sich schnell zurecht und seine Lieblingsprodukte. Und die Bekannten, die Stammkunden, die meist zu festen Zeiten ihre Einkäufe erledigten, treffen sich nicht mehr Wagen schiebend zum Ratschen. Der soziale Kontakt, der Rat der Verkäuferinnen, die familiäre Atmosphäre: vorbei. Und all jene, die gerade mal "in der Stadt" waren, beim Doktor, und die auf dem Weg noch schnell etwas "mitgenommen" haben beim Kupsch, suchen sich andre Wege. Einige von ihnen haben wir angesprochen, was der Kupsch für sie war.

Alfred Englert aus Marktheidenfeld war am Montag in Lohr und hat sich beim Kupsch einen Leberkäsweck geholt. "Schade, wenn etwas zumacht, das es so lange gegeben hat", sagt er. Ihm gefällt die Lohrer Fußgängerzone. Er komme im Sommer öfter mit dem Fahrrad.

Lissi Nätscher aus der Lindigsiedlung sagt: "Wenn man schon in der Stadt ist, geht man zum Kupsch. Das ist einfach Gewohnheit." Die Großeinkäufe sind es nicht, die sie beim Kupsch erledigt hat. Aber die Wurst hat sie dort geholt, weil sie nicht abgepackt war.

Rosi und Alfred Hepp aus Nantenbach kommen ein- bis zweimal die Woche nach Lohr. "Ohne den Kupsch wird's ein bissle anders sein", meinen die beiden. Wie anders? Nicht mehr so gemütlich. Sie werden die Frischetheke vermissen, die es sonst nicht so gebe.

Richard Eyrich aus Lohr kommentiert die Schließung des Lebensmittelmarktes mit: "Es fehlt halt was. Es fehlt die heiße Theke mit ihrer Vielfalt. Wenn du schnell 'was gebraucht hast, wusstest du, der Kupsch ist da."
Jutta Lachmann aus der Innenstadt gehörte zu den Stammkundinnen. Sie kenne den Markt am Marktplatz seit sie 1977 nach Lohr gekommen ist. "Ich bedauere es, wobei ich überall meine Sachen krieg", sagt sie. "Ich bedaure es vor allem für die Älteren in der Stadt." Auch sie berichtet von vielen Leuten, die zum Kupsch sind, wenn sie sowieso in der Stadt waren. Der Markt sei auch von vielen Touristen genutzt worden, hat sie im Sommer beobachtet.
Sie werde die Frischetheke vermissen, sagt Jutta Lachmann. Oft bekomme man Wurst und Käse nur abgepackt. Tragisch findet sie, dass auch DM noch aus der Fußgängerzone rausgeht und die Rexröther ausziehen. Beim Kupsch habe sie oft mit Leuten gesprochen, die sie nur vom Einkaufen, aber nicht mal mit Namen kenne.