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Lohr
Lohrer Bahnhof: Kaum Hoffnung auf Besserung
Der Lohrer Bahnhof und sein Umgriff sind seit vielen Jahren in einem desolaten Zustand. Das Bild zeigt den von tiefen Schlaglöchern gezierten Umgriff.
Foto: Johannes Ungemach | Der Lohrer Bahnhof und sein Umgriff sind seit vielen Jahren in einem desolaten Zustand. Das Bild zeigt den von tiefen Schlaglöchern gezierten Umgriff.
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 09.02.2024 12:58 Uhr

"Die Bilanz ist ernüchternd", die "Aussichten sind alles andere als rosig", aber "wer nicht kämpft, hat schon verloren" und "irgendwann werden wir schon vorwärtskommen" – diese vier Aussagen von Lohrs Bürgermeister Mario Paul stehen für die ganze Misere rund um den seit Jahren vor sich hin gammelnden Lohrer Bahnhof.

Gefallen sind sie am Mittwochabend im Stadtentwicklungsausschuss des Stadtrats. Dort war der Bahnhof einmal mehr Thema. Einmal mehr herrschte große Ernüchterung. Denn einmal mehr stellte sich heraus, dass die Stadt kaum Handlungsmöglichkeiten hat und es, wenn überhaupt, Hoffnung wohl nur auf marginale Verbesserungen gibt.

Der Lohrer Bahnhof ist seit Jahren Ärgernis: Keine Barrierefreiheit, keine Toilette, kein Aufenthaltsraum, schon gar keine Aufenthaltsqualität. Und auch keiner, der sich zuständig oder in der Lage sieht, die Zustände zu verbessern. Es gab Demonstrationen, Appelle und Gespräche, jüngst auch einen Runden Tisch. Nur eine Perspektive gibt es kaum.

Dennoch wollte die Fraktion der Grünen einen neuen Anlauf unternehmen. Sie hatte das Thema per Antrag auf die Tagesordnung gebracht. Es gehe darum, den Sachstand darzustellen, sich die Lage vor Ort anzuschauen, Ziele zu definieren und Ideen zu entwickeln, begründete Clemens Kracht.

Ortstermin beschlossen

Als einzig konkretes Ergebnis stand am Ende jedoch der mit sechs zu fünf Stimmen gefasste Beschluss, einen Ortstermin zu organisieren. Das Abstimmungsergebnis offenbarte die zwei Lager. Auf der einen Seite die, welche die Hoffnung noch nicht ganz aufgeben wollen und die Stadt in der Pflicht sehen, sich weiter zu bemühen. Auf der anderen Seite jene, die angesichts der langen und ergebnislosen Vorgeschichte weiteren Aktionismus eher für Zeitverschwendung halten.

Der Stadt gehören im Bahnhofsumfeld lediglich der Parkplatz oberhalb des Norma-Marktes sowie einige Grünflächen und das kleine, als Aufenthaltsraum für Busfahrer vermietete Häuschen. Das Bahnhofsgebäude selbst mitsamt Parkplätzen und Umgriff ist Eigentum der Sohoco Immobilienverwaltungs GmbH mit Sitz in Kelsterbach. Bahnsteige und Lagerhallen gehören der Bahn.

Vor Jahren, so erklärte Paul, habe die Bahn das Bahnhofsgebäude mit Umgriff der Stadt zum Kauf angeboten. Doch die Stadt habe verzichtet, weil man "enorme Risiken" bezüglich Unterhalt und Sanierung gesehen habe. Der aktuelle Eigentümer hat laut Paul "kein Interesse an einem Verkauf" von Teilflächen.

Paul erwähnte den einzigen Lichtblick, den es in den vergangenen Jahren rund um den Bahnhof gab: Die Stadt habe unterstützt von Privatleuten und Sponsoren die Grünfläche gegenüber neu gestaltet. Hoffnung, dass weitere Verbesserungen rund um den Bahnhof folgen, gibt es kaum.

So verkündete Paul, dass der Antrag, die Lohrer Station in ein Sonderinvestitionsprogramm des Bundes zur Förderung des barrierefreien Ausbaus von Bahnhöfen aufzunehmen, abgelehnt wurde. In ganz Bayern hätten überhaupt nur zwei Bahnhöfe den Sprung in dieses Programm geschafft, sagte Paul kopfschüttelnd. Er hofft, dass es bei einem neuerlichen Runden Tisch Ende Juni gelingt, zumindest Geld für eine Planung locker zu machen. Der barrierefreie Umbau selbst würde wohl rund acht Millionen kosten, schätzt der Bürgermeister.

Videokabine ab September

Einen Hoffnungsschimmer gibt es immerhin für den Ticketverkauf mit persönlicher Beratung. Obwohl die Bahn an der Lohrer Station vertraglich zu einem solchen verpflichtet ist, gibt es ihn seit März 2019 nicht mehr. Der schon lange angekündigte Fahrkartenverkauf mit Videoberatung soll laut Paul nun im September starten. Die Videokabine werde im Bahnhofsgebäude aufgebaut. Daraus leitete er die Hoffnung ab, dass die Wartehalle wieder nutzbar wird.

Zum desolaten Zustand der Straße im Bereich der derzeit als Buszufahrt verwendeten Parkplätze sagte der Bürgermeister, dass es wohl eine Einigung mit dem Eigentümer gebe. Die Sanierung sei jedoch "nicht absehbar".

Aus den Reihen der Räte gab es verschiedene Anregungen, was noch zu verbessern wäre. Paul sagte zu, die Themen mit an den Runden Tisch zu nehmen, bei dem Abgeordnete und Bahnvertreter anwesend sein sollen. Allerdings gab es auch Stimmen, die weitere Bemühen für aussichtslos hielten. Brigitte Riedmann (Freie Wähler) sprach von Beschäftigungstherapie, Frank Seubert (CSU) davon, dass die Bahn keinerlei Interesse habe, "irgendwas zu tun".

Von Seuberts Gedankenspiel, über das Beschneiden von eventuell vorhandenen Wegerechten Druck auf die Bahn auszuüben, hielt der Bürgermeister nichts. Man könne, so sagte Mario Paul, "niemandem böse Absicht unterstellen".

Kritik an Verkehrspolitik

Das Problem sei schlicht, dass der Schienenverkehr finanziell nur mangelhaft ausgestattet sei. Mit Blick auf die Straßenplanung der B 26n sagte Clemens Kracht: "Geld ist schon da. Aber wenn es in den Straßenbau und nicht in die Schiene fließt, brauchen wir uns nicht zu wundern". Für das Geld, das die B 26n koste, könne man "sämtliche Bahnhöfe hier sanieren".

Toilette am Bahnhof

Eines der Ärgernisse rund um den Lohrer Bahnhof ist die seit Jahren fehlende öffentliche Toilette. Die Bahn sehe sich weiterhin nicht in der Pflicht, eine solche bereitzustellen, sagte Bürgermeister Mario Paul, da von ihr eine Toilette nicht als Teil der Schieneninfrastruktur gesehen werde. Dass die Stadt als freiwillige Leistung im Bahnhofsumfeld eine solche Toilette errichte und betreibe, sei "ausgeschlossen", so Paul mit Blick auf die städtischen Finanzen. Auch die Ertüchtigung der einzelnen Toilette, die sich im der Stadt gehörenden und gegenüber dem Bahnhofsgebäude gelegenen Häuschen befindet, sei undenkbar. Paul begründete dies unter anderem mit dem völlig antiquierten baulichen Zustand.
Die Option, im auf der anderen Seite der Gleise befindlichen Vereinsheim der IG-Lindig eine Toilette öffentlich zugänglich zu machen, sei von der IGL "aus absolut nachvollziehbaren Gründen abgelehnt" worden, informierte der Bürgermeister weiter. Torsten Ruf (ÖDP) sah diese Überlegung hingegen noch nicht endgültig erledigt. Die Stadt könne eine solche Öffnung laut Paul über das Konzept der "Netten Toilette" mit bis zu 100 Euro pro Monat bezuschussen. Brigitte Riedmann (Freie Wähler) regte an, den Eigentümer des Gebäudes eines nahen Marktes zu fragen, ob dieser nicht eine Toilette bauen und gegen Gebühr betreiben wolle. Am Ende blieb offen, ob es eine Lösung gibt, und Paul resümierte, dass es bei der "Toilette keine Zuständigkeit von niemandem" gebe. 
(joun)
 
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