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LOHR
Lohr profitierte von Glashüttenschließung
Lohr profitierte von Glashüttenschließung
Wolfgang Dehm
 |  aktualisiert: 07.02.2014 16:49 Uhr

Als die Glashütte in Einsiedel, die so genannte Karlshütte, am 8. Februar 1889 – heute vor 125 Jahren – ihren Betrieb einstellte, hatte dies einige Bedeutung für Lohr: In dem Spessartstädtchen am Main entstand mit der Lohrer Glashütte der direkte Nachfolgebetrieb. Dicht gemacht wurde die 1807 gegründeten Karlshütte im Hafenlohrtal, die den Fürsten von Löwenstein gehörte, weil sie nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden konnte. Jährliche Defizite zwischen 50 000 und 100 000 Mark veranlassten das Fürstenhaus zur Aufgabe der Glasfabrikation.

Anfang Juli 1889 berichtete die Lohrer Zeitung, ein Unternehmer beabsichtige, die Glashütte in Einsiedel zu übernehmen. Sechs Wochen später ließ die Zeitung wissen, dass seit einigen Tagen zwei Herren vor Ort seien, um die Hütte in Augenschein zu nehmen – es handelte sich um den Glashüttenfachmann Gustav Woehrnitz und dessen Cousin C. Pflug aus Kitzingen, welcher im Auftrag seines Bruders Dr. Louis Carl Otto Pflug eine Glashütte kaufen sollte.

Aus Papiermühle wird Glashütte

Um es kurz zu machen: Karl Heinrich von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg hat die Interessenten abblitzen lassen. Zum einen, weil ihm deren Vorstellungen von der Pachthöhe zu niedrig waren, zum anderen, weil sie evangelisch waren; der Fürst wollte nur an Katholiken verpachten. Am 7. Dezember 1889 erfuhren die Leser der Lohrer Zeitung, dass Dr. Louis Carl Otto Pflug die Lohrer Papiermühle Schellenberger an der Straße nach Partenstein gekauft hat. „Er will das Anwesen vergrößern und zur Glasfabrikation einrichten lassen“, schrieb die Zeitung. „Zu dem Betriebe sind 100 Arbeiter nötig.“

Die Neu- und Umbauten an der ehemaligen Papierfabrik dauerten bis Juni 1890. Im gleichen Monat suchten die kurz zuvor gegründeten Spessarter Hohlglas-Hüttenwerke Woehrnitz & Cie. „einige gebrauchte aber gut erhaltene starke Lastwagen“ (gemeint waren damit Fuhrwerke) zu kaufen, wie es in einer Annonce in der Lohrer Zeitung hieß. Es ist davon auszugehen, dass neben dem im Firmennamen benannten (Gustav) Woehrnitz noch Dr. Louis Carl Otto Pflug Mitglied der Compagnie (Cie.) war. Produziert wurde in der Lohrer Glashütte von Anfang an hauptsächlich Verpackungsglas wie beispielsweise die Maggi-Flasche, die seit 1891 in Lohr hergestellt wird. In den Anfangsjahren wurden die Öfen noch mit Holz befeuert, später mit Kohle.

Mit Wirkung vom 15. April 1894 änderte sich die Rechtsform der Glashütte: aus der Compagnie wurde eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung – die Spessarter Hohlglaswerke GmbH.

Ab 1906 gab es in der gesamten Fabrikanlage elektrisches Licht; produziert wurde der benötigte Strom durch einen wasserkraftbetriebenen Generator.

1919 kauften die Spessarter Hohlglaswerke der Firma Rexroth den oberen Eisenhammer ab. Gustav Woehrnitz ließ die vorhandenen Gebäude renovieren und machte daraus Werkswohnungen für seine Arbeiter.

Ein weiterer Generator, der in der Hammermühle eingebaut wurde, erzeugte weit mehr Strom, als für den Eigenbedarf der Hütte nötig; ab 1920 versorgte das Unternehmen mit seinem Elektrizitätswerk auch die Stadt Lohr. 1929 bekam Gustav Woehrnitz die Ehrenbürgerwürde der Stadt Lohr verliehen. 1931 starb er.

1951 Umzug innerhalb Lohrs

20 Jahre später, 1951, siedelte die Glashütte von der Partensteiner Straße an die Rodenbacher Straße um. Wiederum 20 Jahre später, 1971, wurden die Spessarter Hohlglaswerke an den Gerresheimer-Konzern verkauft. Heute firmiert die Glashütte unter Gerresheimer Lohr, hat 375 Mitarbeiter und einen Jahresausstoß von rund 165 000 Tonnen Glaserzeugnissen. Die Maggiflasche gehört übrigens nach wie vor zur Produktpalette.

Dieser Artikel basiert auf Textmaterial des Lohrer Volkshochschularbeitskreises Heimat und Geschichte, das in der Veröffentlichung „Ehrenbürger der Stadt Lohr a. Main“ zu finden ist.

 
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    Nicht nur Pachthöhe und Konfession hinderten den Fürst daran, die Einsiedler Glashütte zu verpachten. Auch politische Sympathien spielten eine Rolle. Als 1890 ein Interessent den gesamten Werksweiler pachten und die Glashütte weiterbetreiben will, notiert der Fürst: „In jetziger Zeit, in welcher die Sozialdemokratie in so erschreckender Weise an Ausbreitung gewinnt, sollten wir froh sein, keine Fabrikbevölkerung in unserer Nähe zu haben und dieses gefährliche Element wollen wir uns jetzt auch fernhalten.“
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