Der geplante Neubau des Parkdecks am Kaibach ist in der bislang vorgesehenen Form praktisch vom Tisch. Gegen das Projekt sprechen die stark gestiegenen Kosten und der zurückgegangene Bedarf an Kurzzeit- und Dauerparkplätzen. Was stattdessen kommt, blieb in der Lohrer Stadtratssitzung am Mittwoch offen. "Wir sind etwas ratlos", meinte Stadtwerkeleiter Otto Mergler.
Wenn der vor rund drei Jahren festgelegte Leistungskatalog umgesetzt werde, hätten die Stadtwerke nach seinen Worten "sehr hohe Investitionen vor sich". Die seitdem vergangene Zeit, vor allem die zwei Corona-Jahre, hätten sich auf die Belegung ausgewirkt. Die Nachfrage nach Stellplätzen sei nicht mehr in dieser Höhe gegeben.
Viele Beschäftigte arbeiteten im Homeoffice, "der Bedarf an Parkplätzen gibt stark nach". Dazu kämen noch Unwägbarkeiten wie die Verwendung des Krankenhausareals nach dem Umzug ins neue Zentralklinikum. Aus diesen Gründen täten sich die Stadtwerke "sehr, sehr schwer, in ein neues Parkhaus zu investieren".
Untergeschoss marode
Handlungsbedarf ist laut Mergler dennoch gegeben, denn das Untergeschoss des Parkdecks sei marode. Er könne deshalb oben "nicht auf Dauer Leute parken lassen". Das Gebäude werde ständig überwacht. Gefahr in Verzug bestehe aktuell keine, versicherte Bürgermeister Mario Paul.
Der Rathauschef betonte: "Eine Prognose ist schwierig." Klar sei aber, dass es eine Refinanzierung der Baukosten über die Parkgebühren nicht geben werde. Das bestätigte Mergler: "Mir wird mulmig bei den Zahlen." Bei den preisgünstigeren Varianten würde die Refinanzierung 85 bis 86 Jahre dauern, bei den teureren bis zu 100 Jahre.
"Müssen noch einmal reden"
Nach Pauls Worten "müssen wir noch einmal über die Zahl der Stellplätze reden" – zumal die Stadt zahlreiche weitere Aufgaben habe. Eine Entscheidung müsse der Stadtrat jetzt nicht treffen. Das solle erst im Herbst geschehen, wenn der Halbjahresbericht der Stadtwerke vorliege.
"Die jetzt bestehende Planung können wir nicht aufrecht erhalten", unterstrich FW-Fraktionsvorsitzende Brigitte Riedmann. Sie forderte ihre Kollegen auf, einen Schnitt zu machen und verantwortbar zu planen. Man dürfe nicht aus falschem Stolz an den alten Plänen festhalten, "das führt ins Desaster".
Vor drei Jahren habe es eine Warteliste für die Dauerparkplätze gegeben, der Verkehr sei viel mehr gewesen, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Nischalke. Die Corona-Pandemie habe alles verändert. Das Verkehrsaufkommen sei nachweislich geringer geworden. Ungefähr eine Million Euro je 50 Parkplätze auszugeben, "das geht definitiv nicht". Die Anzahl der Parkplätze müsse "zwingend reduziert werden".
"Wir sollten über den zeitlichen Verzug beim Bau froh sein", meinte Uli Heck (FW). Die Planung müsse angepasst werden, "aber in welcher Größenordnung?" Die vorgestellten Varianten seien "definitiv nicht umsetzbar".
Modulbauweise nicht verfolgt
Zu Hecks Frage nach einer möglichen Modulbauweise erklärte Planer Sven Franke von FMP design engineering GmbH (Schweinfurt), dabei entscheide man sich im Jetzt für etwas, "von dem Sie nicht wissen, ob es jemals Realität werden wird". Aber der Beton für die mögliche Aufstockung "muss jetzt schon reingekippt werden". Deshalb sei dieser Ansatz nicht weiterverfolgt worden. Laut Franke bringt es nichts, das alte Parkdeck einfach wegzureißen, weil der Bahndamm und die Straßen nachdrückten. Frank Seubert (CSU) wollte wissen, ob sich das marode Untergeschoss nicht verfüllen ließe. Man müsse ziemlich viel verdichten, meinte Franke, "aber unmöglich ist es nicht".
Wolfgang Weis (Grüne) verwies darauf, dass die Stadtwerke am "Tropf der Energieversorgung Lohr-Karlstadt hängen". Wegen der Gaskrise verschärfe sich die Situation derzeit dramatisch. Die Stadtwerke müssten "sehr vorsichtig sein". Eine Prognose sei nicht möglich, erklärte Paul.
CSU-Fraktionsvorsitzender Matthias Schneider fragte, was im Herbst anders sei als jetzt: "Ich bin im Herbst auch nicht schlauer." Peter Sander (FDP) brachte eine Veräußerung an einen privaten Unternehmer ins Spiel. Er glaube nicht, so Mario Paul, "dass ein reiner Parkbetrieb unter diesen Bedingungen für einen Privaten interessant ist".
"Sehr unglücklich" war Mathilde Lembach (Grüne) darüber, dass in der vorgestellten Planung die Bushaltestellen am Parkdeck wegfallen sollen. Wegen des Klimawandels müsse man auf den ÖPNV setzen. Die Halteplätze am Rewe-Markt seien "jämmerlich". Otto Mergler verwies darauf, dass Bushaltestellen kein Teil des Planungsauftrags waren. Wenn das Projekt aber neu aufgerollt werde, könne man sie berücksichtigen.
Ulla Menzel (CSU) nannte es einen "großen Fehler", die Parkgebühren so stark erhöht zu haben. Deshalb stünden jetzt viele Parkflächen leer. Paul kündigte eine Aufbereitung der Zahlen für den Herbst an. Es zeichne sich ein merkliches Einnahmeplus ab, weil Unternehmen Tickets für ihre Beschäftigten übernähmen.
150 bis 200 Plätze?
Wie geht es weiter? Mario Paul kündigte an, auf der Grundlage der Fortschreibung der Stadtwerke-Wirtschaftsplanung im Herbst eine Entscheidung herbeizuführen. Man müsse sich eine Reduzierung der Stellplatzzahl auf 150 bis 200 "mal angucken". Außerdem müsse man prüfen, was sich bei einem Scheitern des Neubaus aus dem Parkdeck machen ließe.