Teilweise heftige Kritik übte Stadtrat Seppl Blenk an der Amtsführung von Bürgermeister Ernst Prüße (CSU) beim politischen Aschermittwoch der Lohrer SPD im Café Bernhard. Vor allem vermisste Blenk in der bisherigen Prüße-Zeit, die im Mai 2008 begann, „zukunftsorientierte Politik“ mit „langfristigem Denken“ und „realistischer Kostenplanung“. Bürgermeister, Verwaltung und auch der Stadtrat müssten ein „viel stärkeres Kostenbewusstsein entwickeln“, mahnte er.
Als Beispiel in diesem Zusammenhang nannte Blenk den geplanten Kindergartenneubau in Sendelbach: Im Juli 2012 ging der Architekt noch von Kosten in Höhe von rund 2,9 Millionen Euro brutto aus; im städtischen Haushaltsplan 2013 stehen für dieses Projekt 3,148 Millionen; Ende Januar erfuhr der Stadtrat, dass der Neubau 4,6 Millionen brutto kosten soll.
Das habe nichts mit „ehrlicher und sorgfältiger Planung“ zu tun, kritisierte Blenk. Seiner Meinung nach müsse jetzt „alles neu auf den Tisch“. Auch eine Sanierung des bestehenden Kindergartengebäudes müsse wieder in Betracht gezogen werden.
Blenk glaubte den Worten des Bürgermeisters, der in der Stadtratssitzung Ende Januar sagte, er höre von der Kostensteigerung auf 4,6 Millionen auch erstmals. Allerdings warf ihm Blenk dies auch vor: Der Bürgermeister müsse bei derartigen Projekten kontinuierlich auf dem Laufenden sein, und nicht erst in einer Stadtratssitzung vom Architekten informiert werden.
Stadt lebt aus den Rücklagen
Mit Blick auf den 125 Seiten umfassenden Stadtentwicklungs-Maßnahmenkatalog, der seit kurzem auf den städtischen Internetseiten eingesehen werden kann, warnte Blenk davor, alle Vorschläge umzusetzen. Man müsse genau schauen, „was ist notwendig“. Der Stadtrat müsse Prioritäten setzen. Denn die für den Stadthallenbau zurückgelegten Millionen gehen seinen Worten nach langsam zu Neige, weil die Stadt „seit Jahren nur aus den Rücklagen“ lebe. Seit zwei Jahren kritisiere er, „dass wir laufend mehr Geld ausgeben als wir einnehmen“, so Blenk.
Vor dem Hintergrund der anstehenden Großprojekte wie Stadthalle, Gärtnerstraßenhalle und Kirchplatzgebäude konnte sich Blenk nicht vorstellen, dass die vorhandenen gut 20 Millionen Rücklagen dafür ausreichen. Es drohe Neuverschuldung. „Michelbach lässt grüßen“, sagte Blenk mit Blick auf den früheren Gemündener Bürgermeister, der seinen Nachfolgern einen riesigen Schuldenberg hinterließ.
„Wir können nicht alle Wünsche erfüllen“, mahnte Blenk. Dies müsse auch den Bürgern vermittelt werden. Politik nach dem Motto „nach mir die Sintflut“ dürfe es in Lohr nicht geben. Vor fünf Jahren hatte die Stadt laut Blenk noch Rücklagen von 40 Millionen – jetzt nur noch etwas mehr als 20. Mit den ausgegebenen 20 Millionen habe Lohr nichts gemacht, „was unsere Stadt gegenüber anderen Städten einen Schritt weiter gebracht hat“, meinte der SPD-Mann. Lediglich die geplante Stadthalle wäre seiner Meinung nach in der Lage, Lohr im „Marketingwettbewerb“ weiter zu bringen.
Auch beim Bau des geplanten Kreisels an der alten Mainbrücke, für den bereits aufgefüllt wurde, sei „genaues und sorgfältiges Planen nötig“, mahnte Blenk. Bislang gebe es „keinerlei Zusage, dass wir Geld (Zuschüsse) kriegen“.
Brauereiareal hat Vorrang
Das Kirchplatzkonzept sei inzwischen umstritten, sagte Blenk. Für ihn habe deshalb das Brauereiareal Vorrang. Seinen Informationen nach will dort ein bislang in der Öffentlichkeit unbekannter Investor einen Lebensmittelmarkt errichten, außerdem seniorengerechte Wohnungen und eine Tiefgarage schaffen. Für Blenk wäre dies ein „Projekt mit Zukunftspotenzial“. Eine damit einhergehende Aufstockung des Parkdecks halte er für sinnvoll, so Blenk.
Wichtig sei auch die Ausweisung neuer Gewerbegebiete, um nicht gegenüber anderen Kommunen zurückzufallen. Da sei jedoch in den vergangenen fünf Jahren gar nichts passiert. Fünf Jahre lang habe der Stadtrat hingegen intensiv über Innenstadtentwicklung gesprochen. „Aber haben wir da mal ein Haus saniert“, fragte Blenk provokativ. Und gab zu bedenken, dass am städtischen Haus an der Lohrtorstraße seit längerem lediglich „Stützpfosten“ stünden.
Dass Baulandausweisungen in den Ortsteilen „ziemlich zurückgefahren“ wurden, „weil man glaubt, die Leute gehen wieder in die Innenstadt“ gefiel Blenk nicht. Denn „das stimmt so nicht“. Im übrigen habe er den Eindruck, dass die Stadtteile etwas „vergessen“ werden.
Mit Blick auf den bei Jugendlichen beliebten Skaterplatz, der von seinem jetzigen Standort verschwinden soll, um Stellplätze für Stadthalle, Freibad und Kanugelände zu schaffen, warf Blenk der Stadtverwaltung Falschinformation vor. In der Sitzungsvorlage der Stadträte sei die Rede davon gewesen, dass die Stadt aufgrund eines Pachtvertrags mit dem TSV-Kanuclub 27 Stellplätze für das Kanugelände schaffen müsse. Seinen Recherchen nach habe die Stadt aber erst kurz vor der Stadtratssitzung versucht, einen Vertrag mit dem TSV abzuschließen.
Mit den von Prüße installierten Sondergremien habe er Probleme, sagte Blenk. Seiner Ansicht nach sollten die anstehenden Themen im Stadtrat behandelt werden und nirgends sonst.