
Nach zwanzig Minuten Videointerview hat der sechsjährige Henry genug: "Kann ich mich ein bisschen dazusetzen? Biittee?" Natürlich darf er. "Wir sind auch alle Mütter", sagt Nicole Scherg mit einem Lachen. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Monika Rosenkranz schildert sie die Vision von der Gründung der ersten Montessori-Grundschule im Landkreis Main-Spessart.
Die Initiatorinnen haben noch viel Arbeit vor sich
Es ist eine Vision, die nach zweieinhalb Jahren intensiver Konzeptionsarbeit nun zum Greifen nah ist. "Die wichtigsten Schritte sind jetzt gegangen", erklärt die gebürtige Ruppertshüttnerin Rosenkranz und präzisiert: "Die Konzeption ist eingereicht, das war ein wichtiger Meilenstein. Dass wir dann auch die Genehmigung von der Regierung von Unterfranken erhalten, ist das Wichtigste, alles andere schaffen wir."
Dieser Optimismus spricht für das Selbstbewusstsein der Initiatorinnen. Denn mit dem geplanten Umbau der Räumlichkeiten im Gebäude der Lebenshilfe im Lohrer Stadtteil Wombach, dem Abschluss des Bewerbungsverfahrens für die Lehrkraft, die gleichzeitig die Schulleitung übernehmen wird, sowie der abschließenden Auswahl der Schülerinnen und Schüler, müssen noch einige wesentliche Themen abgearbeitet werden.
Noch keine endgültige Entscheidung bei der Auswahl der Schüler
"Durch Corona hat sich einfach alles so ein bisschen verzögert – unser ganzer Zeitplan. Wir merken auch, dass alles schleppender geht, alles mehr Zeit braucht und viele Menschen gerade auch mit ganz anderen Themen beschäftigt sind", beklagt Scherg die aktuell ungünstigen Rahmenbedingungen.
Sie ist sich jedoch sicher, dass etwa die Lehrräume "rechtzeitig zum Schulstart schön und fertig" sein werden. Auch für die Lehrerstelle seien schon einige erfolgversprechende Gespräche geführt worden und es gebe bereits Kandidaten, die infrage kämen. "Ich denke, dass wir das bis Mitte, Ende Februar abgeschlossen haben und dann auch unsere Lehrkraft und Schulleitung präsentieren werden."
Dafür, dass bezüglich der Schülerauswahl noch keine endgültiger Entschluss getroffen wurde, habe man sich wiederum bewusst entschieden, erzählt Rosenkranz: "Wir sind jetzt noch offen, was die aktuelle Schülerzahl angeht, weil einfach noch Anmeldungen dazukommen und wir allen Kindern eine faire Chance geben wollen." Dabei sei es kein Problem die gebotene Mindestanzahl von 14 Kindern zu erreichen. Vielmehr ginge es ihnen darum, im Sinne der Montessoripädagogik, eine möglichst altersgemischte und heterogene Gruppe zusammenzustellen.
Eine Schule auch für die eigenen Kinder
Dieses Konzept hat die Erzieherin Rosenkranz in den USA für sich entdeckt: "Ich habe ein paar Jahre dort gelebt und mein Montessori-Diplom gemacht. Seitdem bin ich total davon überzeugt, dass das ein sehr, sehr guter Weg ist, um Kinder zu begleiten." Sie hatte auch immer den Wunsch, dass ihre eigenen Kinder eine Montessori-Schule besuchen können. Während ihr elfjähriger Sohn Noah mangels eines entsprechenden Angebots die Regelschule besuchen musste, möchte sich die 37-Jährige diesen Wunsch mit der Neugründung für ihre Töchter Maria und Hanna, vier und zwei Jahre alt, doch noch erfüllen.
Gleiches gilt für die Partensteinerin Scherg und die Frammersbacherin Fleckenstein, deren jeweils sechsjährige Söhne Henry und Jonathan im September bereits in der eigens gegründeten Schule in ihr Bildungsleben starten sollen.
Öffnung der Schule noch 2021 geplant
Von ihrem Plan, auf jeden Fall im Schuljahr 2021/22 an den Start gehen zu wollen, lassen sich die Pionierinnen deshalb auch nicht von der Hürde der Projektfinanzierung abschrecken. "Es ist so, dass wir in den ersten zwei Jahren von staatlicher Seite nur eine Teilförderung bekommen. Das heißt, das sind ungefähr 35 Prozent von dem, was man normalerweise bekommen würde und dadurch erwirtschaften wir zwangsläufig eine Lücke und diese Lücke gilt es zu schließen", ist sich Scherg dieses Hindernisses bewusst und hat auch schon einen Lösungsansatz parat: "Wir werden ein Darlehen bei der GLS Bank aufnehmen."
Diese sei spezialisiert darauf, Schulgründungen zu unterstützen, und habe ein Bürgschaftsmodell entwickelt, bei dem die Darlehenssumme über viele Kleinbürgschaften abgesichert wird. Für die Anschubfinanzierung suche man auch noch Unterstützer. Gerade in den ersten zwei Jahren sei man dringend darauf angewiesen. Scherg: "Ohne diese Hilfe ist es nicht möglich, die Schule ins Leben zu rufen."
Es bleibt also spannend oder wie es Scherg beschreibt: "Ein richtiges Abenteuer, auf das wir uns damals eingelassen haben – nicht so ganz in dem Wissen, was damit alles verbunden ist – wie das mit Abenteuern so ist." Die nächste Infoveranstaltung für Eltern findet am 28. Januar, 18-19 Uhr, online statt. Anmeldungen per E-Mail an info@montessori-lohr.de