
Rund 125 Menschen haben am Samstag mit einer Menschenkette aus Radfahrern und Fußgängern von der Fußgängerzone zum Schlossplatz gegen einen möglichen Bau der B26n protestiert. Initiatorin Julia Lambertz betonte, die Stadt Lohr und der Kreis würden "nicht zukunftsfähig durch mehr Umweltzerstörung und sinnlosen Flächenverbrauch in unserer Heimat".
Der Zielpunkt Schlossplatz mit dem Lohrer Rathaus war für die Abschlusskundgebung nicht zufällig gewählt. Denn im Gegensatz zu 23 anderen Kommunen ist die Stadt Lohr der Bürgerinitiative gegen die B26n noch nicht beigetreten. Dabei würde Lohr durch den Transitverkehr und die Beeinträchtigungen von Buchental und Romberg erheblich vom Straßenbau betroffen sein.

Der Beitritt Lohrs zur Bürgerinitiative war deshalb eine der Forderung der Demonstranten. Für sie ist die B26n ein "Planungsdinosaurier".
Seit den 1980er Jahren habe sich die Argumentation der Befürworter der B26n "nur unwesentlich verändert", sagte Lambertz in ihrer Rede. Danach habe Main-Spessart eine schlechte Autobahnanbindung, ohne den Bau der B26n würde der Standort Lohr unattraktiv. Ängste würden geschürt, so Lambertz weiter, dass Unternehmen abwandern und Arbeitsplätze verloren gingen. Nach Lambertz' Worten gibt es dennoch Unternehmen, die bereit sind, in Lohr zu investieren, obwohl die B26n noch nicht gebaut, "geschweige denn endgültig genehmigt ist".

BI: Lohr ist auch ohne B26n attraktiv
Obwohl es die Straße noch lange nicht gebe, wachse Lohr, "vor allem flächenmäßig". In der Stadt herrsche Wohnungsmangel. Viele Singles, Paare und Familien suchten vergeblich ein Eigenheim oder einen Bauplatz, so Lambertz.
Sie beschrieb ein mögliches Zukunftsszenario aus dem Jahr 2035: Der Abschnitt der B26n bis Karlstadt sei fast fertiggestellt. "Die Bauzeit war viel länger als ursprünglich geplant. Und auch die Kosten deutlich höher. Aber so ist das halt bei derartigen Großprojekten."

Der nächste Bauabschnitt bis Lohr sei aber noch nicht gebaut, nicht sicher finanziert und wegen juristischer Auseinandersetzungen noch nicht genehmigt. Womöglich gehe dem Freistaat das Geld aus, um das Großprojekt fertigzustellen. Lohr, seinen Stadtteilen und den Gemeinden im Umland drohe dann "mit dem Transitverkehr und Tausenden zusätzlichen Fahrzeugen am Tag ein Verkehrsinfarkt".
Kreative Ideen gefordert

Lambertz forderte ein "nachhaltiges, umweltverträgliches Verkehrskonzept für unseren Landkreis". Zukunftsfähig werde der Kreis durch kreative Ideen und Lösungen, die Eingriffe in die Natur soweit wie möglich minimierten. Bei diesem Verkehrskonzept müsse die Kosten/Nutzen-Rechnung stimmen.
Derartige Lösungen müssten "problembezogen und lösungsorientiert mit Transparenz und Bürgerbeteiligung erarbeitet werden". Nach Lambertz' Worten muss dort angesetzt werden, "wo es sich besonders oft staut, besonders häufig Unfälle passieren oder Anwohner sich durch hohes Verkehrsaufkommen belastet fühlen".

So frage sie sich beispielsweise, warum über eine dritte Mainbrücke im Zuge des B26n-Baus diskutiert werde, so lange die bestehende alte Mainbrücke noch nicht so saniert sei, "dass alle Verkehrsteilnehmer, Auto, Fußgänger und Radfahrer, darauf Platz haben und Gefahrenquellen beseitigt sind".
Von wem eine solche Maßnahme finanziert werde, dürfe nicht die größte Rolle spielen, "denn letztlich zahlt jede Baumaßnahme der Steuerzahler und das sind wir alle". Die Politiker forderte Lambertz auf: "Nehmt uns erst. Handelt verantwortungsvoll und handelt vor allem auch im Sinne zukünftiger Generationen."

Mitinitiator und ÖDP-Stadtrat Torsten Ruf, auch als Musiker in Bands wie Cut That City! bekannt, sang zur Melodie von "Bella Ciao" gegen den Bau der B26n. Alle redeten über Umweltschutz, doch täglich würden 80 Hektar Land versiegelt. Reden helfe nicht, wenn weitere Straßen gebaut und zügig Richtung Wand gefahren werde, so Ruf.
Demo zur Stadtratssitzung
Nach Rufs Angaben wird sich der Lohrer Stadtrat am 30. Juni bei einem Themenabend in der Stadthalle mit der B26n beschäftigen. Dafür sei erneut eine Demonstration angemeldet worden. Anlass für die gesteigerten Aktivitäten ist der Umstand, dass in diesem Sommer die Planfeststellung für den ersten Abschnitt der B26n beantragt werden soll.