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GEMÜNDEN
Lippert im Interview: Bei Mainbrücke Einigkeit gefragt
Frisch im Amt: Jürgen Lippert an seinem Arbeitsplatz im Gemündener Rathaus. Dem aufgeräumten und fast leeren Schreibtisch zum Trotz absolviert der Bürgermeister pralle und lange Arbeitstage.
Foto: Michael Fillies | Frisch im Amt: Jürgen Lippert an seinem Arbeitsplatz im Gemündener Rathaus. Dem aufgeräumten und fast leeren Schreibtisch zum Trotz absolviert der Bürgermeister pralle und lange Arbeitstage.
Michael Fillies
Michael Fillies
 |  aktualisiert: 11.01.2016 11:39 Uhr

Die Gemündener haben sich für eine neue Politik im Rathaus entschieden. Hat Jürgen Lippert frischen Wind gebracht, wie steht es um sein Sparziel und welche Meinung hat er zu den drängenden Problemen der Stadt? Zwei Wochen nach Amtsantritt stellte er sich einem Interview.

Frage: Herr Lippert, wie haben Sie Ihre ersten Arbeitstage empfunden?

Jürgen Lippert: Grundsätzlich erfreulich. Es gab eigentlich überhaupt keine unliebsamen Überraschungen, aber viele neue Dinge, ganz klar. Sehr vielfältig, alle fünf Minuten kommt ein neues Thema auf mich zu, sozusagen Schlag auf Schlag. Ich will nicht sagen, es ist stressig – aber anspruchsvoll.

Sie pflegen ein offenes Büro?

Lippert: Ich war hier im Haus schon am ersten Tag unterwegs, habe die Mitarbeiter begrüßt und jedem mitgeteilt, dass meine Tür jederzeit offen steht.

„Alle fünf Minuten kommt ein neues Thema.“
Bürgermeister Jürgen Lippert über erste Erfahrungen
Als erfahrenem Verwaltungsbeamten des Landratsamts und als Stadtrat sind Ihnen die Anforderungen des Bürgermeisteramts nicht fremd. Hatten Sie sich seit der Stichwahl am 30. März noch besonders auf den 1. Mai als dem ersten Arbeitstag vorbereitet?

Lippert: OK, gewisse Erfahrungen hat man. Was die Anforderungen des Bürgermeisteramts betrifft, ich glaube, das hatte ich richtig eingeschätzt: Das kann man sich nicht vorstellen! Ich hatte mit den Themen bisher nicht in dieser Tiefe zu tun. Eine Vorbereitung auf das Amt hat nicht stattgefunden, weil nicht abzuschätzen war wie. Ich habe meinen Arbeitsplatz (im Landratsamt) geordnet meinem Nachfolger übergeben und mich selbst noch ein bisschen erholt, um gestärkt an die Aufgabe ranzugehen. Ich habe noch vor, ein Bürgermeister-Seminar zu besuchen.

Wie lange dauert Ihr derzeitiger Arbeitstag?

Lippert: Ich bin um 7 Uhr da und versuche das beizubehalten. Was ich bis 8 Uhr erledigt habe, ist weg. Die Dauer wechselt. Es gibt Tage, da bin ich bis 20 Uhr hier, bei einem Abendtermin mit Unterbrechung auch mal bis 22 Uhr. Vor 18 oder 18.30 Uhr komme ich im Moment hier in der Regel nicht raus.

Und was sagt Ihre Frau?

Lippert: Ich hatte Ihr gesagt, dass damit zu rechnen ist.

Haben Sie schon alle Abteilungen der Stadtverwaltung von der Kämmerei bis zum Bauhof kennengelernt?

Lippert: Im Rathaus war ich überall und im Bauhof. Die Außenstellen wie Schulen, Kindergärten und auch das Kulturhaus stehen noch aus.

Man wird besonders im Rathaus auf die von Ihnen angekündigte Verwaltungsreform gespannt sein. Ihr Vorgänger hatte aus fünf Ämtern sechs gemacht. Wollen Sie zurück auf fünf Ämter oder, wie seinerzeit in einem Gutachten empfohlen, auf zwei?

Lippert: Wie die künftige Struktur der Verwaltung aussehen wird, kann ich zum heutigen Tag noch nicht beantworten. Ich muss erst mal einen Einblick erhalten in die einzelnen Ämter, ihre Aufgaben, die Aufgabenverteilung unter den Mitarbeitern. Erst dann kann ich abschätzen, wo Änderungsbedarf ist und wo nicht. Ein Schnellschuss würde nichts bringen. Ich schau mir das alles in Ruhe an, will das analysieren. Ich habe auch vor, mit den Mitarbeitern Einzelgespräche zu führen, Erwartungen abzufragen und gegebenenfalls Vorschläge. Ich gehe davon aus, auch eine Verwaltung macht sich Gedanken über eine mögliche Struktur. Im Gutachten standen Dinge, die man sicher berücksichtigen sollte.

Haben Sie schon einen Zeitplan dafür?

Lippert: Spätestens gegen Ende des Jahres möchte ich das Grobkonzept haben.

In der ersten Stadtratssitzung wurde unter anderem beschlossen, dass die Sitzungen des Verwaltungsrats des KU Stadtwerke künftig generell öffentlich sein werden, um mehr Transparenz herzustellen. War das Ihre Idee?

Lippert: Ich habe schon immer, wie ja auch im Wahlkampf, gesagt, die Sitzungen sollten öffentlich sein, einfach um mehr Transparenz herzustellen, auch gegenüber dem Gesamtstadtrat. Dazu kommt der Gedanke: Warum soll grundsätzlich alles nichtöffentlich sein? Ich lege die Gemeindeordnung zu dem Thema weit aus: Das KU ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts, ist eine 100-prozentige Tochter der Stadt, und insofern hat auch die Bevölkerung einen Anspruch darauf, Informationen zu bekommen, wenngleich – und das ist die Schwierigkeit daran – genau darauf zu achten ist, was nichtöffentlich behandelt werden muss. Wir haben das Glück, dass wir uns im Stadtrat in der Frage ziemlich einig sind.

„Warum soll grundsätzlich alles nichtöffentlich sein?“
Bürgermeister Lippert über mehr Offenheit
Thema Mainbrücke: Möglichst schnelle Ertüchtigung mit Totalsperrungen des Übergangs oder Michelbach-Plan (Bau einer zweiten Mainbrücke vor der Ertüchtigung der alten); Ertüchtigung der bestehenden Brücke mit einer zu erreichenden Haltbarkeit von nur zehn bis 40 Jahren oder Neubau mit einer Haltbarkeit von 70 Jahren, wie die Petition von Michael Mahlo im Landtag ergab – haben Sie schon eine Marschrichtung in dem Durcheinander?

Lippert: Ich muss auf jeden Fall die Vorstellung der Varianten durch das Staatliche Bauamt im Juni im Stadtrat abwarten. Ich hoffe immer noch, dass jemand einen Geistesblitz hat, etwas, was noch keinem eingefallen ist und uns viele Probleme löst. Absehbar werden wir in Gemünden keine 100-Prozent-Lösung bekommen, es wird ein Kompromiss sein, den man dann eingehen muss. Eine Sperrung des Übergangs soll vermieden werden, natürlich. Aber was, wenn es eine solche Variante nicht geben kann? Beim Michelbach-Plan kommt es darauf an: Wie ist der Zeitbedarf bis zu einer neuen Brücke, wie lange können wir die alte Brücke noch halten, benutzen, mit welchem Aufwand? Wir wissen, was in etwa an Kosten dafür auf die Stadt zukommen würde. Man muss rechnen: Was kostet uns ein Abwarten?

. . . und ein Neubau anstelle einer Ertüchtigung der alten Mainbrücke?

Lippert: Ob ein Neubau tatsächlich wirtschaftlicher für die Stadt Gemünden ist, muss ebenfalls noch untersucht werden. Ich denke, so pauschal kann diese Frage nicht beantwortet werden. Dies ist abhängig von mehreren Faktoren. Ein entsprechender Vergleich muss noch angestellt werden. Aber auch das muss jemand bezahlen – wir als Stadt müssen an unseren Haushalt denken! Vielleicht haben ja doch Teile der Brücke noch eine lange Haltbarkeit. Das müssen uns die Fachleute sagen: Ist ein kompletter Neubau nötig, und wie steht's mit den Kosten? Bevor ich nicht genaue Informationen habe, kann ich keine konkreten Aussagen treffen.

Der Bundestagsabgeordnete und frühere Bürgermeister Hans Michelbach verneint jegliche Kostenverpflichtung der Stadt Gemünden für die Mainbrücke und rät dringend, die vereinbarte Kostenteilung (80 Prozent Landkreis und 20 Prozent Stadt) durch das Innenministerium prüfen zu lassen. Haben Sie eine Meinung dazu?

Lippert: Das geht in den juristischen Bereich; ich weiß noch nicht sicher, wie die rechtlichen Verpflichtungen des Landkreises und der Stadt vor allem in Bezug auf die Baulast sind. Und ich weiß noch nicht, inwieweit die Meinungen dazu tatsächlich rechtlich abgesichert sind. Eine weitere Verzögerung jedenfalls können wir uns nicht mehr erlauben, behaupte ich. Warten wir die konkreten Aussagen des Staatlichen Bauamts ab! Ziel muss sein, dass alle Beteiligten und Politiker sich einig sind, nur dann geht's schnell voran.

Sie wollen die Verschuldung der Stadt Gemünden in sechs bis acht Jahren um 30 Prozent zu senken. Halten Sie an dem Ziel trotz der Unwägbarkeiten Mainbrücke, Saalebrücke und Scherenberghalle fest?

Lippert: Ich bin nach wie vor der Meinung, das ist zu schaffen. Ob ich das in einem halben Jahr auch noch sage, weiß ich nicht. Sicher schlummern da Dinge im Hintergrund, von denen ich noch nichts weiß. Aber: Ich glaube, wir schaffen das!

 
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