
Musik intensiv erleben und über das Leben in all seinen Facetten nachzudenken, dazu lud „Kirchen(t)räume“, eine Lightshow zur Musik von Pink Floyd in die Stadtpfarrkirche St. Andreas ein. Das ließen sich die Fans der 1985 aufgelösten Band nicht zweimal sagen. Selten hat man die Kirche so voll gesehen. Beim ersten Termin mussten Besucher weggeschickt werden, eine Wiederholung war obligatorisch.
Mit dem Ticken unzähliger Uhren und fächerartigem gleißendem Licht fing die Show an. Fans von Pink Floyd wissen, dass es nur der Titel „Time“ (Album „Dark Side of the Moon“, 1973) sein kann, in dem Roger Waters davon singt, wie Zeit „durchrutschen“ kann: „Wieder zehn Jahre vorbei, Niemand gab dir das Signal, loszurennen. Du hast den Start verpasst...“ Nach dem zwei Minuten langen Intro wurde das Licht zunehmend bunter.
Begleitet von Texten aus der Bibel
Die Texte der Songs wurden während der Show von einer Männerstimme gelesen, eine Frauenstimme gab passende Passagen aus der Bibel wieder. Wie diese „Wenn Du jung bis, erscheint alles locker und leicht. Doch das Leben kann Dir auch anders mitspielen."
Um das innere Erleben ging es im Song „If“ (Album „Atom Heart Mother“ 1970) – eine Selbstanalyse des Bandleader Roger Waters mit der charakteristischen Textzeile „Wenn ich ich ein guter Mensch wäre . . .“
Zwischenmenschliches in Form von Empathie, begleitet von bombastischen Live-Shows, steht hinter „Echoes“ (Album „Meddle“, 1971). Es ist das erste Stück, das die Bandmitglieder von Pink Floyd zusammen schrieben. Viel warmes Licht machte dieses Miteinander in der Lightshow deutlich.
Farben spiegelten Inhalte wider
Finale und Höhepunkt bildeten zwei sehr bekannte Titel. „Shine on you Crazy Diamond“ (Album „Wish you were here“, 1975) ist dem Gründungsmitglied der Band Syd Barrett gewidmet. Der Lead-Gitarrist schrieb die meisten der früheren Hits, wurde aber aufgrund seiner psychischer Probleme, die auf Drogenkonsum zurückzuführen waren, 1968 aus der Band gekickt. Er starb am 7. Juli 2006. Das 26-minütige Loblied feiert sein an Wahnsinn grenzendes Genie. Mit Textzeilen wie „als Du jung war, du warst hell wie die Sonne. Jetzt hast Du einen Blick in deinen Augen wie schwarze Löcher in den Augen“.
Akustisch blies ein eiskalter Wind durch die Kirche als der Titelsong „Wish you were here“ begann. Das Lied handelt vom Alleinsein, vom Rückzug, und auch von Syd Barretts Realitätsverlust. „So, denkst als, du könntest wirklich unterscheiden zwischen Himmel und Hölle, einem blauen Himmel und Schmerz“? Die Frage, ob wir zwischen Gut und Böse, Richtig und Falsch, unterscheiden können, findet sich natürlich in vielen Religionen. „Das scheinbar böse ist manchmal gar nicht böse, das scheinbar gute gar nicht so gut“, heißt es etwa in der Bibel, und „richte nicht, wenn Du nicht gerichtet werden willst“.
Als nach rund 50 Minuten die letzten Töne verklangen, setzte in der Kirche tosender Applaus ein.
Kirchenräume einmal anders zeigen
Die Lightshow „Kirchen(t)räume – Sound of Pink Floyd“ wurde vor zwei Jahren in der Pfarrkirche Gerolzhofen uraufgeführt. Matthias Kleinheinz vom Projektteam des dortigen Pfarrgemeinderates hatte die Idee, Kirchenräume einmal aus einer anderen Perspektive zu zeigen. Auf die legendäre Band Pink Floyd kam er, weil viele der Bandmitglieder Architektur studiert hatten. Er suchte die passenden Stücke aus und fügte sie aneinander. Die Texte wurde in einem Tonstudio eingesprochen. Die passende Lightshow programmierte Matthias Kram, der in Lülsfeld eine Firma für Veranstaltungstechnik betreibt. Die Show konnte mit kleinen Änderungen an die Kirche St. Andreas angepasst werden. Vier Stunden baute Kram die Technik in Karlstadt auf.
Von der Show erfuhrt Herbert Scheblein bei einem Vortrag des Gerolzhofener Pfarrers Stefan May. Er ist Vorsitzender des Seniorenforums Dekanat Lohr, der Dachorganisation der Seniorenräte und konnte das Dekanat Karlstadt sie nach Main-Spessart zu holen. Der Eintritt zur Show war frei, Spenden erwünscht.


