Jenseits aller Politik gemeinsam Motorrad fahren, dazu lud Thomas Schiebel ein letztes Mal als Landrat ein. Fast 60 Teilnehmer auf 50 Motorrädern, vielfach "alte Hasen", fuhren begeistert mit. Die gut organisierte Tour führte über 175 Kilometer in Richtung Osten und auch etwas nördlich in den Naturpark Haßberge sowie den Thüringer Wald.
Die Anfänge der gemeinsamen Motorradtour liegen im Jahr 2002- Damals war es ein deutlich kleinerer Kreis, mit dem der damalige Gemündener Bürgermeister aufbrach. Seit er 2008 Landrat wurde, gab es auch größere Touren. Einmal wurde mit Hilfe von Motorradpolizisten die Route sogar so gesichert, dass in einer riesigen Gruppe ohne verkehrsbedingte Stopps gefahren werden konnte.
Aufwendige Vorbereitung
Von diesem immensen Aufwand kam er aber wieder ab. Auch so ist es schlicht Arbeit, eine Route und Lokale für die Frühstückspause und das Mittagessen zu finden. Davon merkten die Teilnehmer wieder erstaunlich wenig. "Es ging erstaunlich locker zu", fand einer der Neulinge. Inzwischen soll sich jeder voranmelden, Kontrollen gibt es aber nicht.
Manche Ziele wurden im Laufe der Jahre schon mehr als einmal angesteuert. Zum Abschluss gab es nun eine völlig neue Tour. Neu im Geschäft waren auch zwei Tourguides, die den Weg mit dem Landrat vorab schon einmal abgefahren waren. Erstmals regnete es zudem bei einer Landratsmotorradtour nennenswert – ein himmlischer Abschiedsgruß?
Aussichtsturm wurde für Blick in die DDR gebaut
Wie üblich gab es wieder vier Gruppen, die in Gemünden kurz nach 8 Uhr in fünfminütigen Abständen losfuhren. Grob ging es zunächst durch den Bachgrund und über Wirmsthal nach Rannungen und Stadtlauringen. Wohl hier tauchten erste Tröpfchen auf den Visieren auf, später regnete es etwas mehr. Nach knapp 120 Kilometern und gut zwei Stunden am Bayernturm im Zimmerau angekommen, freuten sich jedenfalls alle, in der trockenen und warmen Gaststube frühstücken zu können.
Nur wenige wagten es allerdings, den namensgebenden und sehr markanten Turm mit seinen 180 Stufen bis zur Aussichtsplattform zu erklimmen, auch weil manchmal die passende Euro-Münze für das Drehkreuz fehlte. Bis 1990 direkt an der innerdeutschen Grenze gelegen, wurde er von den Gemeinden Zimmerau und Steinberg gebaut. Einweihung war am 17. Juni 1966, damals Tag der deutschen Einheit. Der Plan, Besucher in das Grenzgebiet im Norden Bayerns zu locken ging auf, es kamen Besucher aus der ganzen Welt, um vom 38 Meter hohen Turm einen Blick in die DDR über die Grenzanlagen mit Todesstreifen zu werfen. Das ist Geschichte, die imposante Aussicht ist geblieben.
Kurvenreiche Etappe
Nach dem Frühstück hatten die Motorradfahrer neben der Landschaft vor allem einen Blick für die kurvenreichen und kleinen Straßen, die nach Ende des Regenbandes zunehmend abtrockneten. Viel Verkehr war nicht. "Man hat den Eindruck, es schläft noch alles", sagte ein Fahrer hinterher über die Sonntagmorgentour. Vorwiegend über kleine Thüringer Straßen ging es nach Hildburghausen. Die Kleinstadt mit knapp 12 000 Einwohnern verfügt immerhin über ein Stadttheater, das einen gewissen Kontrast zur landschaftlich schönen Strecke bildete.
Manchem war das Ziel auf dem rund 60 Kilometer langen zweiten Teilstück vielleicht zu schnell erreicht. Die rund acht Kilometer zwischen Steinberg und Frauenwald, ein schmales kurvenreiches Sträßchen, das anderenorts als Radweg durchgehen würde, waren ein letztes Sahnestück.
Im Waldhotel Rennsteighöhe strahlten viele Gesichter mit der inzwischen herausgekommenen Sonne um die Wette. Auch dieser Ort atmet deutsch-deutsche Geschichte; der Hotelbetreiber hat einen 100 Meter entfernt gelegenen, ehemaligen Stasi-Führungsbunker für 130 Personen als Museum erhalten.
Rückfahrt auf eigene Faust
Als Mittagessen warteten schon die beim Frühstück vorbestellten Schweineschnitzel, Rouladen, Pilzpfannen oder Gulasch zum Pauschalpreis. Auch das gehörte zur guten Organisation, ebenso dass vorsorglich ein Krankentransportwagen vom Roten Kreuz die Tour begleitete. Die Sanitäter bekamen leider etwas zu tun, einer jungen Frau rutschte in einer Serpentine wegen Schmutz auf der Straße das Motorrad weg, von ernsthaften Verletzungen ist aber nichts bekannt.
"Ihr habt es in der Hand, einen neuen Landrat zu wählen, der auch Motorrad fährt", scherzte Landrat Thomas Schiebel und ließ die Zukunft seiner Tour offen. Schon fast traditionell kürte er die ältesten Kombinationen aus Fahrer und Motorrad. "Silber" ging an Norbert Behuschke aus Lohr mit seiner 13 Jahre alten BMW R1200RT. Mit stolzen 100 Jahren gewann Uwe Pfister aus Steinfeld, seine BMW R90/6 wurde 1976 gebaut. Auch die Helfer im Hintergrund, Michael Behringer und Alexander Vornwald im Krankentransportwagen und Andi Wirth mit dem BRK-Motorrad sowie die Guides Hajo Eberlein, Jürgen Kamm und Armin Hartmann bekamen Bocksbeutel mit Landratsschoppen als kleines Dankeschön.
Nach dem traditionellen Gruppenfoto zum Abschluss konnte sich jeder in eigener Verwantwortung auf den Heimweg machen. Der schnellste Weg führte nach Suhl und von dort über die A71 in den Landkreis Bad Kissingen.