Zum Artikel "Ein Maulkorb für die Stadträte", der am 25. Juli erschienen ist, erreichte uns folgende Zuschrift.
Politiker auf allen Ebenen beklagen gerne Politikverdrossenheit bei der Bevölkerung und zu geringe Wahlbeteiligung. Vor ihrer Wahl versprechen zum Beispiel Bürgermeister, um das zu ändern, mehr Transparenz bei politischen Entscheidungen, ein offenes Ohr für die Anliegen der Bürger, eine stets offene Tür zum Amtszimmer und die Bürger mitzunehmen und in Planungen einzubeziehen. Unser Bürgermeister hatte sogar den Slogan „Zuhören – Planen – Umsetzen“ im Frühjahr auf seinen Werbeplakaten.
Und jetzt legt eben dieser Bürgermeister dem Karlstadter Stadtrat eine Mustergeschäftsordnung zur Abstimmung vor (die auch nicht besser dadurch wird, dass sie aus München kommt), die genau diese Mitnahme des Bürgers verhindert: dass sich Bürger Gedanken machen und den politischen Entscheidungsprozess begleiten können, indem sie zum Beispiel auch Räte ansprechen, bevor der Stadtrat darüber berät und möglicherweise ohne große Diskussion entscheidet (was vielleicht gar im Hinterzimmer schon vorbereitet wurde). Auf diese Weise verhindert man Transparenz und Information des Wählers, degradiert den gerne beschworenen mündigen Bürger zum „Stimmvieh“ und erspart sich das Zuhören aus dem Wahlkampf-Slogan.
Am erstaunlichsten aber bleibt die Zustimmung der Ratsmehrheit zu diesem "Maulkorb" (trotz eines Antrags der Grünen, den entsprechenden Passus zu streichen), was nur beweist, dass auch die Mehrheit am liebsten unbehelligt bleibt von „störenden Mitdenkern“.
Karl-Heinz Stumpf
97753 Laudenbach