So viele Doktoren, Professoren und hochrangige Ehrengäste wie am Freitag hat die Obersinner Mehrzweckhalle noch nicht gesehen. Anlass war der Festakt zur Einweihung des Leo-Weismantel-Museums. Diese geballte Ehre wurde dem 1964 verstorbenen gebürtigen Obersinner Schriftsteller (geboren 1888), Reformpädagogen und Ehrenbürger Professor Dr. Dr. Leo Weismantel gerade gerecht.
Zahlreiche Festredner würdigten das kleine, aber feine Museum als vollendetes Kulturprojekt, in dem die Vielschichtigkeit von Weismantels oft zeitkritischen Werken beeindruckt. Bürgermeisterin Lioba Zieres freute sich mit der Museumseröffnung über den Abschluss der ausgezeichnet angenommenen neuen Obersinner Dorfmitte. Der ehemalige Obersinner Dr. Leonhard Schäfer nahm als Weismantel-Kenner in seiner Festrede kritisch den glühenden Pazifisten, der sich immer als Rhöner betrachtete, unter die Lupe.
Bei ihrer Begrüßung hieß Zieres besonders die Enkelin Weismantels, Barbara Beck, willkommen. In seinen Werken machte Zieres machte eine religiöse Grundhaltung mit volkserzieherischen und kunstpädagogischen Bestrebungen aus. Er kleidete seine Romane, Erzählungen, Mysterien und Festspiele in eine Sprache von tiefer Symbolik, die Texte sind Erzählung einer Begebenheit und Deutung zugleich. Gerade am Modell "Rhön" zeigte der Dichter die geistigen Veränderungen auf, von denen unsere Welt seit dem 19. Jahrhunderts ergriffen wurde. "Leo Weismantel geriet nicht in Vergessenheit, weil er sich für eine universelle Humanität, welche aus einer gemeinsamen Abwehr aller Nöte der Menschheit, der Not des Hungers, der Krankheit und der gegenseitigen Vernichtung kommt, einsetzte", stellte Lioba Zieres fest. Deshalb sollten seine Werke und Ideen wieder aus der Vergessenheit geholt werden.
Vor sieben Jahren bekam die Gemeinde von Weismantels Enkelin zu ihrer bereits bestehenden Sammlung an Büchern und Schriftstücken den noch verbliebenen literarischen Nachlass sowie einige Möbelstücke aus dem Arbeitszimmer Leo Weismantels aus Seeheim/Jugenheim, so Zieres. Schon damals war den Obersinner Verantwortlichen klar, dass dies der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und erhalten werden muss. So tat sich im Rahmen der Dorferneuerung ein kleines, erheblich renovierungsbedürftiges Fachwerkhäuschen, unmittelbar am zentralen Dorfplatz gelegen, auf, welches sogar an Weismantels Geburtshaus angrenzte.
Zunächst waren nur Räumlichkeiten zum Aufbewahren der zahlreichen Bücher und Schriftstücke des Poeten geplant. Intensive Gespräche und Überzeugungsarbeit bei zahlreichen Behörden und Förderstellen ließen den Gedanken reifen, ordentliche Ausstellungsräume zu bauen. Das mit der Ausstellungspräsentation beauftragte Büro FranKonzept legte jetzt eine Arbeit vor, die sich sehen lassen kann.
Bürgermeisterin Zieres zeigte sich mächtig stolz auf imposante Fördergelder in Höhe von insgesamt 285000 Euro. Für den Markt Obersinn verblieb ein Eigenanteil von 213 000 Euro. "Ohne diese Unterstützungen wäre das Projekt nicht umsetzbar gewesen." Neben dem "Literaturhaus Wipfeld", dem "Friedrich-Rückert-Poetikum" Oberlauringen ist nun das "Leo-Weismantel-Museum" die dritte literarische Einrichtung Unterfrankens.
In seinem Festvortrag skizzierte der seit vielen Jahrzehnten in der Toskana lebende Dr. Leonhard Schäfer das Leben und Wirken des Autors unter dem provokanten Titel: "Leo Weismantel – geachtet und geächtet". Dieser wurde zwar deutschlandweit verehrt, aber in seiner Heimatgemeinde nicht verstanden und verkannt. Er war mehr als 25 Jahre geächtet und galt als weltfremder Pazifist. Eigentlich war Weismantel ein leidenschaftlicher Katholik und stand für das Christentum ein, was sein Werk "Gericht über Veit Stoß" belegt, nur anders als die Amtskirche.
Er wurde politisch verfemt und in seiner Arbeit behindert. Nach der Würzburger Bombennacht vom 16. März 1945 kehrte er in sein Heimatdorf Obersinn zurück und verfasste über das Inferno das Buch "Totenklage über eine Stadt". Leider ist es nach Weismantels Tod 1964 recht still um ihn geworden, bedauerte Schäfer. "Leo Weismantel, du hast dich um die deutsche Pädagogik verdient gemacht und wir Öüwersinner verdanke dir viel", schloss Leonhard Schäfer.
Musikalisch begrüßt wurden die Gäste durch das Duo "Julietta" mit Julia und Deff Ballin mit klassischen Stücken und die Kinder der Nachmittagsbetreuung unter Leitung von Marion Breitenbach-Eisler, die ebenfalls Räume im neuen Museum nutzen, die einige Willkommenslieder vortrugen.