Kreischende Gitarrenriffs, ein kreischender Sänger in lasziven Posen, ausladende Soli und minutenlange Instrumentalteile in ellenlangen Songs – zurück in die 1960er und 1970er Jahre ging es beim Auftritt der Led-Zeppelin-Coverband Physical Graffiti in der Stadthalle. Den begeisterten Zuhörern war es nur recht, denn bis auf wenige Ausnahmen dürften die meisten von ihnen bereits in ihrer Jugend Led Zeppelin gehört haben.
Die 1968 gegründete britische Band gehörte zu den Pionieren des Hardrock und den Vorläufern des Heavy Metal. Mit 300 Millionen bis heute verkauften Alben ist sie eine der erfolgreichsten Musikgruppen überhaupt. Nach dem Tod ihres legendären Schlagzeugers John Bonham löste sie sich 1980 auf.
Die 1997 gegründete und international bestückte Kombo Physical Graffiti mit Sitz in den Niederlanden ist nach dem gleichnamigen Led-Zeppelin-Album aus dem Jahr 1975 benannt. Andrew Elt (Gesang), Dave Harrold (Bass, Mandoline), Daniel Verberk (Gitarre), Jan Gabriel (Schlagzeug, Percussions) und Remco van Zandvoort (Keyboard) können auf umfangreiche musikalische Erfahrungen auch in anderen Bands zurückgreifen.
Schwerpunkt auf den ersten drei Alben
Während des gut zweistündigen Auftritts bot das Quintett ohne Pause mit einem ungemein druckvollen Spiel 16 Songs mit dem Schwerpunkt auf den ersten drei Led-Zeppelin-Alben aus den Jahren 1969 und 1970, die seinerzeit einfach durchnummeriert worden waren. Zwei der bekanntesten Songs, "Kashmir" und "Whole lotta love", waren die Zugaben.
Schon beim schmissigen Start "Rock 'n' Roll", einer Hommage an Little Richard, bewies das gut gelaunte Publikum seine Textsicherheit. Sänger Andrew Elt gelang eine überzeugende Bühnenpräsenz in Anlehnung an Robert Plant, den Leadsänger von Led Zeppelin, mit seiner charakteristischen hohen Stimme, lasziven und androgynen Posen. Nur das Hemd blieb, anders als bei Plant, während des gesamten Auftritts zu.
Ein Erlebnis für Augen und Ohren
Aber auch die anderen Bandmitglieder brauchten sich nicht zu verstecken. Mit denselben Instrumenten, Verstärkern und Effekten wie das Original traf Gitarrist Daniel Verberk den Stil von Jimmy Page und verausgabte sich zeitweise regelrecht. Ein Vergleich mit dem Phänomen Led Zeppelin ist nicht angebracht, aber den fünf Musikern von Physical Graffiti gelang es hervorragend, eine Ahnung davon zu geben, welche Begeisterung die Briten seinerzeit ausgelöst hatten.
Die Lichtshow war – wie man von der Lohrer Stadthalle gewöhnt ist – exzellent und auf die Musik und die visuellen Effekte auf der großen Hintergrundleinwand abgestimmt. Das Konzert war ein Erlebnis für Augen und Ohren, das mehr Zuhörer verdient gehabt hätte. 150 Karten waren im Vorverkauf abgesetzt worden, noch einmal rund 20 gingen über die Abendkasse, wobei die Zahl der tatsächlich Anwesenden geringer erschien.
Die Kultur leidet
Der Publikumszuspruch sei "noch okay", meinte Stadthallen-Werkleiter Thomas Funck im Gespräch mit dieser Redaktion. Nahezu alle Veranstalter hätten derzeit Probleme damit, "die Leute gehen nicht mehr weg". Zudem gebe es durch den Nachholeffekt nach den Corona-Absagen ein Überangebot. Auch das Konzert von Physical Graffiti war bereits früher vorgesehen.
Die Kultur leidet nach Funcks Worten unter der derzeitigen Unsicherheit: "Die Leute wissen nicht, was kommt, was mit ihrer Kohle ist und wie hoch die Gasrechnung ausfällt." Deshalb werde darüber nachgedacht, wo man sparen könne. Das treffe aber auch auf Künstler und Gruppen zu. Wegen der explodierenden Kosten seien bereits Touren und Auftritte abgesagt worden: "Die Mietanfragen gehen komplett zurück."