Was die einen nur im Urlaub machen, ist für Yvo das ganze Jahr über normal: In einem Wohnmobil wohnen. Das mobile Zuhause des 45-jährigen gebürtigen Karlstadters ist noch dazu ein richtiger Hingucker.
Der zum Wohnmobil umgebaute alte Mercedes-Lkw ist bunt angemalt und fällt besonders durch eine hintendrauf geschnallte Waschmaschine, eine Satellitenschüssel und einen Briefkasten auf. Auch ein kleines Kräuterbeet fährt mit dem Gefährt spazieren. Der 45-Jährige stellt aber gleich klar: „Ich bin kein Aussteiger oder Hippie oder so was. Ich lebe halt einfach anders.“
Zehn Quadratmeter Zuhause
Wir treffen ihn und sein Wohnmobil an der Lindenwiese in Gemünden (Lkr. Main-Spessart), wo Yvo, der seinen Nachnamen nicht unbedingt in der Zeitung lesen will, ein paar Tage steht. „Das Schöne ist“, sagt der fröhlich, „dass du mal da und mal da stehen kannst.“ So kommt er Sommer wie Winter durch den ganzen Landkreis, bleibt eine Weile an einem Ort und zieht dann wieder weiter. „Ich stelle mich hin, wo es mir gefällt, und kann mich raussetzen.“ Seit 17 Jahren macht der Werkzeugmacher das so. Sein Fazit: „Mit zehn Quadratmetern kommt man durchaus klar.“ Er müsse keine zehn Meter laufen, bis er in der Küche ist, da er ja quasi schon in der Küche ist.
In seinem Wohnmobil hat er einen Herd, einen Backofen, zwei Bänke, einen Tisch, ein Bett zum Hochkurbeln, Fernseher, Radio, Ofen, Campingklo und sogar eine Klappdusche. Und hintendrauf eben eine Waschmaschine, die er aber nur im Kaltwasserprogramm laufen lässt, da sein Aggregat für die Warmwasserprogramme nicht laufen würde. Aber Yvo hat dafür einen Trick: Er erhitzt Wasser auf dem Herd und lässt die Maschine zumindest am Anfang damit laufen. Neben Thymian, Majoran und Salat hat er auch eine Zwiebel auf seinem Mobil gepflanzt. Alles da. Und seit ein paar Jahren macht ihm ein 500-Watt-Solarmodul auf dem Dach das Leben leichter. Was er mit dem so erzeugten Strom macht? „Licht brennen lassen und Musik hören, viel Musik hören.“
Vor seinem Wohnmobil hatte der 45-Jährige eine normale Mietwohnung. Weil er aber viel unterwegs war, fragte er sich irgendwann: „Warum zahle ich überhaupt Miete?“ Über einen Bekannten bekam er ein Gartenhäuschen in Würzburg, aber schon kurz darauf kaufte er bei München den fünf Tonnen schweren umgebauten Mercedes-Benz 508 mit 85 PS, Baujahr 1975. Der ist durch eine selbsttragende Karosserie auf Trägern praktisch unkaputtbar, Rost in der Karosserie, den der Mercedes reichlich hat, ändere an der Sicherheit nichts.
Und: Das Wohnmobil hat keine Elektronik. Mit ein paar Schlüsseln und Schraubenziehern könne er alles selber machen, erzählt Yvo. „Die Bremsen bau ich dir blind auseinander und wieder zusammen.“
Die beiden Fahrzeugseiten haben ihm vor ein paar Jahren zwei Künstler gestaltet. Auf der einen Seite ist ein grüner Totenkopf mit ein paar herumfliegenden Augen zu sehen, auf der anderen, gestaltet vom Würzburger Künstler Cit, ein Segelschiff im tosenden Meer in der Nähe eines Felsen und einer lockenden Loreley oder Sirene. Viele interessieren sich für das Gefährt, erzählt Yvo. „Manche bekommen Augenkrebs, die meisten reagieren aber positiv.“
Etwas respektlos findet er es, wenn Leute meinen, sie könnten einfach so den Kopf in seine mobile Wohnung stecken oder sogar ungefragt eine Tür öffnen. Und nervig findet er es, dass ihn die Polizei laufend kontrolliere, während Fahrer von normalen Wohnmobilen sicher nicht so oft angehalten würden. Dabei habe er weder Dreck am Stecken noch etwas zu verbergen. Das mumifizierte Huhn hinter der Windschutzscheibe sei ein „Politessenschreck“, sagt er grinsend.
Umzug in ein Haus unvorstellbar
Das Leben im Wohnmobil habe aber auch Nachteile, sagt der 45-Jährige. Vor ein paar Jahren habe ihn jemand vom Moped geholt und er konnte danach ein paar Monate nicht so gut laufen. Das, sagt er, wäre in einer Wohnung mit fließend Wasser und einem Klo, dessen Inhalt er nicht entsorgen müsste, sicher einfacher gewesen. Aber ansonsten wirkt er hochzufrieden. „Ich leb halt einfach, wie ich leb“, sagt Yvo. Seines Wissens sei er der Einzige im Landkreis Main-Spessart, der so lebe.
„Bis dass der TÜV uns scheidet“ – solange wolle er in seinem Gefährt wohnen bleiben. Wobei er mittlerweile seinem Mercedes untreu zu werden gedenkt. Denn er könnte sich zwar keinen Umzug in ein festes Haus vorstellen, wohl aber ein größeres Wohnmobil, sprich: einen größeren umgebauten Lkw. Nicht immer ist er allein in seinem Mobil, denn Yvo ist in festen Händen. Seine Freundin zieht aber vier feste Wände vor.