
Christian Baier, der Landratskandidat der Grünen in Main-Spessart, hat sich mit der Entscheidung, ob er den Grünen beitreten soll, Zeit gelassen. 2014 kam der Mediziner als Parteiloser auf der Liste der Grünen in den Kreistag, aber erst zwei Jahre später trat er der Partei bei.
Seine Frau Anja, Dritte Bürgermeisterin in Karlstadt, war eher grün als er. "Ich muss mich gut dabei fühlen können, wenn ich sage: Ich bin in der grünen Partei", habe er sich gedacht. Der 60-Jährige, den so schnell nichts aus der Ruhe zu bringen scheint, musste die Grünen erst einmal beschnuppern. Dabei habe er festgestellt, dass sie sachorientiert arbeiten, sagt er. Sein Kreuz, das räumt er ein, habe er früher auch schon bei SPD oder CSU gemacht, sogar mal bei der FDP.
Baier kämpfte für den Erhalt des Krankenhauses Karlstadt
Zur Politik kam der Anästhesist über das Thema Krankenhausschließung, wie er bei der Main-Post-Tour mit dem Oldtimerbus durch den Landkreis erzählt. Baier war Mitglied der Bürgerinitiative zum Erhalt des Karlstadter Krankenhauses und kam so in Kontakt mit Kreis- und Stadträten. "Ich habe gesehen, was dieses Krankenhaus für die Leute bedeutet." Dass die Grünen als einzige Fraktion für den Erhalt waren, wie er sagt, brachte sie ihm näher.
Irgendwann habe er sich gesagt: "Wenn ich was erreichen will, muss ich selber rein." Er sei jedoch nicht gegen die Schließung gewesen, weil er als Belegarzt in Karlstadt gearbeitet habe. Als Anästhesist könne er überall arbeiten. Jetzt habe er geregeltere Arbeitszeiten und mehr Einnahmen als zuvor, sagt Baier. Allerdings hat er jetzt die Fahrerei.
Warum Christian Baier meint, dass man ihn wählen sollte
40 000 Kilometer muss er im Jahr beruflich mit dem Auto fahren. Ein-, zweimal die Woche fährt er nach Heilbronn, wo er als Anästhesist an einer Augenklinik arbeitet, außerdem auch nach Bad Neustadt. Dafür schaltet er das Auto, so weit es geht, auf "Autopilot", so dass es immer einen gewissen Abstand zum Vordermann sowie die Spur auf der Straße hält. Mit dem Zug pendeln gehe bei ihm leider nicht. Warum man ihn wählen sollte, sei deshalb sonnenklar: "Aufgrund des ökologischen Fußabdrucks ist das Landratsamt für mich zwingend notwendig." Dann könnte der Karlstadter mit dem Rad zur Arbeit.
Warum man ihn sonst wählen sollte? Als einziger Kandidat ist er gegen die B26n. "Die Leute sollen wissen, welche Position und Ziele ich habe", sagt er. Aber abgesehen von der B26n unterscheiden sich die Landratskandidaten in ihren Zielen nicht groß. Baier möchte, wie der grüne Miltenberger Landrat Jens Marco Scherf, die Genehmigungszeiten, etwa für Industriegebäude, halbieren. "Fridays for Future" findet er gut.
Er wäre gegen eine Geburtshilfestation im neuen Zentralklinikum
Für ihn als Landrat wäre das neue Zentralklinikum ein wichtiges Thema. "Ich werde jede Woche auf der Baustelle sein", sagt Baier. Eine eigene Geburtshilfestation dort, die momentan auch nicht vorgesehen ist, würde er nicht einrichten. Das wäre "finanziell und personell ein immenser Aufwand". Heutzutage seien dafür Standards wie in einer Uniklinik gefordert, etwa mit im Krankenhaus übernachtenden Anästhesisten, Gynäkologen und Hebammen. Zudem seien die Kaiserschnittrate und die Anspruchshaltung gestiegen.
Die Geburtshilfe in Karlstadt, wo er als Anästhesist arbeitete, sei geschlossen worden, weil die medizinischen Standards nicht mehr eingehalten werden konnten. Irgendwann hätten sie gesagt: "So können wir nicht mehr arbeiten." Wenn etwas passiert wäre, wäre die Schadensersatzsumme in die Millionen gegangen.
Baier ging in Karlstadt das größte Risiko seines Lebens ein
Der gebürtige Forchheimer hat vor seinem Medizinstudium in Würzburg drei Jahre lange Psychologie studiert. 2002 kam er mit seiner Frau, die er bei der Arbeit auf der Intensivstation kennengelernt hatte, nach Karlstadt. "Das ist für mich die perfekte Gegend." Finanziell sei er damals beim Hauskauf und als er sich in die Praxis in Karlstadt eingekauft hat, ein großes Risiko eingegangen – für ihn "vollkommen untypisch". Eigentlich sei er in der Familie der Bedenkenträger. "Vom Typus her bin ich jemand, der auf Sicherheit bedacht ist." Ideologie möge er nicht. Nebenher bietet Baier samstags ein Coaching für psychosomatische Störungen, etwa Angststörungen, an und setzt dabei auch auf klinische Hypnosetherapie.
Wofür er brennt, ist Musik. Musik sei für ihn etwas Essenzielles. "Ich bin immer auf der Suche nach dem perfekten Klang." Erst hatte er 2500 Platten, später 2500 CDs. Inzwischen hat er nur noch 300 CDs und 500 Platten. Jetzt hört er Musik digital über eine Anlage eines kleinen schottischen Herstellers. Für ihn sei es "ergreifend", das 50 Jahre alte und jetzt neu herausgebrachte Beatles-Album "Abbey Road" zu hören, wie es die Beatles 1969 gehört hätten. Er geht auch gern auf Konzerte, aber selbst Musik zu machen ist weniger sein Ding, auch wenn er zwei Gitarren hat.
Der 60-Jährige hofft auf den grünen Aufwind. Aber sollte er nicht Landrat werden, sei er trotzdem "glücklich und zufrieden".
Querausbau der B 26 würde dem Lkr. eher zu Gute komme.
Gott sei Dank besinnt sich wenigstens die FDP auf Wirtschaft und Familie.