Strafanzeige durch die Stadt, zig Aktenzeichen bei der Polizei, Ärger wegen illegaler Zustände auf Lagerplätzen, ein an einer Baustelle gestürzter Radfahrer: Der Glasfaserausbau in Lohr sorgt weiter für Gesprächsstoff. Ganz aktuell sind das Landratsamt und die Lohrer Polizei mit den Zuständen auf den Baustellen beziehungsweise im Umfeld der Baustellen befasst.
So sagt Roman Schramm, stellvertretender Leiter der Lohrer Polizei-Inspektion, dass die Polizei Wochen damit beschäftigt sein werde, die von der Stadt gegen die Baufirma Circet gestellte Strafanzeige aufzuarbeiten. Die Strafanzeige wegen Sachbeschädigung hat die Stadt vor wenigen Tagen per Bote direkt bei der Polizei abgegeben.
Lohrer Polizei erklärt: Anzeigen könnte ins Leere laufen
Wie Dieter Daus, der städtische Pressesprecher, erklärt, sind in der Anzeige "beispielhaft fünf extreme Schadensfälle" aufgeführt, die die Stadt der Baufirma beziehungsweise deren Subunternehmen anlastet. Es gehe beispielsweise um "mangelnde bis fehlende Unterbodenverdichtung" beim Verfüllen von Gräben oder um nicht fachmännisch eingebautes Pflaster, so Daus. Nach Information der Redaktion ist auch das Entfernen von Grenzsteinen oder das Versetzen von anderen vermessungstechnischen Markierungspunkten Bestandteil der Anzeige der Stadt. Der nach Ansicht der Stadt entstandene und in der Anzeige aufgelistete Schaden beläuft sich laut Daus auf rund 61.000 Euro.
Es könnte allerdings sein, dass die Anzeige ins Leere läuft. Wie Polizei-Vize Schramm erklärt, ist noch offen, ob es sich bei den von der Stadt angezeigten Mängeln tatsächlich um Straftaten handelt. Denn eine Straftat erfordere einen Vorsatz. Man prüfe derzeit, ob dieser nachgewiesen werden könne, so Schramm. Dazu müsse man jeden einzelnen, von der Stadt mit Fotos dokumentierten Vorwurf prüfen. Die Sache sei komplex, auch weil es um vielfältige Vorschriften zur Bauausführung gehe.
Am Ende, so Schramm, werde die Polizei ihre Ermittlungsergebnisse zusammenfassen und mit einer Empfehlung an die Staatsanwaltschaft weiterleiten. Diese habe dann zu entscheiden, ob es tatsächlich um Straftaten gehe.
Glasfaserbaustelle: Radfahrer stürzt und schlägt sich Zähne aus
Wenn nicht, bliebe der Stadt noch die Möglichkeit, auf zivilrechtlichem Weg gegen die von der Telekom beziehungsweise der Firma GlasfaserPlus beauftragte Glasfaserbau-Firma Circet vorzugehen. Dass die Stadt diesen Weg gehen werde, sei nicht auszuschließen, so Rathaussprecher Daus. Man warte nun jedoch zunächst die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen ab und gehe "einen Schritt nach dem anderen". Auch sei noch offen, ob die Stadt weitere aus ihrer Sicht vorhandenen Sachbeschädigungen infolge des Glasfaserausbaus zur Anzeige bringen werde, so Daus.
Unterdessen laufen die Ermittlungen der Polizei auch noch in einem anderen Fall: Vor wenigen Tagen war ein Radfahrer an einer Fräskante einer Glasfaserbaustelle gestürzt und hatte sich dabei unter anderem zwei Zähne ausgeschlagen. Hierzu prüft die Polizei laut Schramm, ob die Gefahrenstelle in der Spessartstraße hätte abgesichert werden müssen. Auch hier werde man die Ermittlungsergebnisse an die Staatsanwaltschaft reichen.
Landratsamt Main-Spessart: Lagerplätze der Firma Circet sind "illegal"
Für reichlich Wirbel sorgen derzeit auch die verschiedenen Lagerplätze im Stadtgebiet, auf denen aus dem Glasfaserbau stammender Erdaushub oder Asphaltbruch lagert, teilweise im Einzugsgebiet von Trinkwasserbrunnen. Das Landratsamt bezeichnet die Lagerplätze am Mittwoch gegenüber der Redaktion als "illegal".
Konkret geht es um Flächen, die die Stadt der Baufirma per Pachtvertrag überlassen hat, laut Rathaussprecher Daus als "Hilfestellung" für die Zeit des Glasfaserbaus. Eine Fläche befindet sich im Industriegebiet Süd gegenüber dem Obi-Markt, eine andere am Eingang der Lindigsiedlung direkt neben der Ruppertshüttener Straße. Auf beiden Flächen waren zuletzt große Berge an Aushub gelagert – laut Landratsamt ohne die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung.
Anzeige hat das Landratsamt Main-Spessart "bislang noch nicht" erstattet
Die Stadt betont, dass im Pachtvertrag geregelt sei, dass die Firma Circet erforderliche Genehmigungen selbst einholen müsse. Doch das ist ganz offensichtlich für die beiden Lagerplätze nicht geschehen. "Das Material hätte dort nicht abgelagert werden dürfen", so das Landratsamt gegenüber der Redaktion. Man habe "die zuständigen Firmen über die Rechtslage informiert und sie aufgefordert, rechtmäßige Zustände herzustellen", so die Behörde. Anzeige habe sie jedoch "bislang noch nicht" erstattet.
Besonders pikant ist der Lagerplatz im Sandfeld im Industriegebiet-Süd. Dort, im Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen der Fernwasserversorgung Mittelmain (FWM), müht sich die Stadt seit vielen Jahren um die Ausweisung von Gewerbeflächen, scheiterte bislang jedoch vor allem an Vorgaben des Trinkwasserschutzes. Nun lagerten dort über Wochen größere Mengen unter anderem an Asphaltbruch. Die Stadt geht laut Daus davon aus, dass weder von den gelagerten Materialien noch von den auf der Fläche eingesetzten Baumaschinen eine Gefahr ausgehe. Das auch deshalb, weil in dem Bereich kein Trinkwasserschutzgebiet ausgewiesen sei.
In der Tat ist das einst dort existierende Trinkwasserschutzgebiet wegen eines früheren Rechtsstreits laut Landratsamt "derzeit rechtlich nicht festgesetzt". Dennoch, so die Behörde, hätte das Landratsamt im Falle eines Genehmigungsantrags unter anderem durch das Wasserwirtschaftsamt und die FWM prüfen lassen, ob eine Abfalllagerung dort zulässig wäre.
Glasfaser Plus: Keine Kenntnis von der Anzeige der Stadt Lohr und den Aufforderungen des Landratsamtes Main-Spessart
In festgesetzten Überschwemmungs- und Trinkwasserschutzgebieten sei eine solche Abfalllagerung "in der Regel nicht zulässig", so das Landratsamt. Man habe der Firma Circet eine Frist zur Räumung der Lagerplätze gesetzt, teilt die Behörde mit. Die Räumung sei zumindest teilweise bereits erfolgt.
Unterdessen wird auch in Sendelbach seit Tagen Material von einem Lagerplatz abgefahren, den die Firma Circet am Rande des neuen Baugebiets angelegt hatte. Dieser Lagerplatz sei, so Daus, ehemals abgesprochen gewesen, zwischenzeitlich aber seitens der Stadt "nicht mehr genehmigt".
Die Redaktion hat die Firmen GlasfaserPlus und Circet um Stellungnahmen zu der Anzeige der Stadt Lohr und zu den laut Landratsamt illegalen Lagerplätzen gebeten. Zu der Anzeige teilte eine Sprecherin von GlasfaserPlus mit, dass man davon noch keine Kenntnis habe. Man werde sich dazu äußern, sobald man Informationen dazu habe, ebenso zu den Lagerplätzen.