
2008 wurde Gemündens Bürgermeister Thomas Schiebel zum Landrat und Nachfolger von Armin Grein gewählt. Etwas überraschend setzte sich der Freie Wähler damals in der Stichwahl gegen den CSU-Kandidaten Klaus Bittermann durch. Nach zwölf Jahren übergibt er sein Amt zum Mai an Sabine Sitter. Im Interview blickt der 61-Jährige auf seine Zeit im Landratsamt zurück.
Thomas Schiebel: (lacht) Sie haben recht. Ich wurde 2001 als Beamter vom Freistaat freigestellt und besitze im Grunde ein Rückkehrrecht. Aber ich habe über 40 Dienstjahre voll und gehe in den Ruhestand. Ich werde mein Bezirkstagsmandat wahrnehmen und mich bei den Freien Wählern engagieren, aber nicht mehr in erster Reihe. Ich lasse den neuen Lebensabschnitt gelassen auf mich zukommen.
Schiebel: Nochmal sechs Jahre wäre mir schlichtweg zu lang gewesen, dann wäre ich knapp 68. Ich muss auch selbstkritisch sagen, in zwölf Jahren schleifen sich viele Dinge ein. Nach einer gewissen Zeit muss auch mal frischer Wind und ein neuer Blickwinkel rein. Da darf man sich nicht an sein Amt klammern.

Schiebel: Es gibt natürlich aktuell besondere Herausforderungen, kein Parteienverkehr hier im Landratsamt, keine Veranstaltungen, viele Dinge. Aber es gab immer wieder Herausforderungen, ob das nun das Krankenhaus-Thema war, die B26n, die Nationalpark-Debatte oder die Flüchtlingswelle. Fünf Jahre in geordneten Bahnen – das wird's nicht oft geben. Dass der Amtswechsel in diese Phase fällt, ist nicht glücklich, aber zu bewältigen. Frau Sitter ist häufig hier im Landratsamt und ich binde sie gerade in das Thema Corona ganz eng ein. Es muss von einem Tag auf den anderen nahtlos weitergehen und das wird's auch.
Schiebel: Ich denke, das wird individuell und regional ganz unterschiedlich sein. Für einige in Marktheidenfeld und Karlstadt wird es wohl das Krankenhaus-Thema sein, für andere im Spessart vielleicht das Thema Nationalpark. Einige Menschen erinnern sich wahrscheinlich an persönliche Begegnungen.
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Schiebel: Schon zu Armin Greins Zeiten gab es das Konstrukt MSP-Klinikum mit zwei Reformen, massivem Bettenabbau und Entlassungen nach Sozialplan, immer mit dem Ziel, die drei Standorte zu erhalten. Zu meiner Zeit 2012 gab es den ersten Versuch zur Zentralisierung, der im Kreistag keine Mehrheit fand. Wir haben dann mit großen Anstrengungen Karlstadt gestärkt mit Geburtshilfe, Chirurgie, Handchirurgie. Nach drei, vier Jahren aber war zu sehen, dass es von der Patientenzahl und wirtschaftlich nicht mehr tragbar war. Der medizinische Fortschritt und versicherungstechnische Auflagen waren weitere Rahmenzwänge, denen man sich als Politiker nicht verschließen kann. Das alles führte zu der Entscheidung für den Neubau eines Zentralkrankenhauses in Lohr ...
Schiebel: Da waren alle mit im Boot. Diese Entscheidungen wurden fraktionsübergreifend mit sehr großer Mehrheit getroffen. Es gab allenfalls regionale Gegenstimmen. Die Faktenlage war eigentlich klar.

Schiebel: Grundsätzlich glaube ich das schon. Aber der Versuch, Marktheidenfeld und Karlstadt noch drei, vier Jahre lang offen zu halten, ging nicht lange gut. Vielleicht war ich da etwas naiv. Die sehr schnelle Umsetzung der Schließung in Karlstadt, die Art und Weise des Vorgehens und der Punkt Nachnutzung, das hat Fragen aufgeworfen.
Schiebel: Es war schlichtweg kein Vertrauensverhältnis mehr da, sowohl innerhalb des Klinikums wie auch zu den politischen Gremien. Wir konnten so nicht in die Zukunft und in Richtung Neubau gehen.
Schiebel: Nein, ich hatte ein politisches Amt nie im Sinn. Bevor ich 2001 in Gemünden für das Bürgermeisteramt kandidierte, war ich nicht politisch aktiv.
Schiebel: Das stimmt nicht ganz. Gemünden war in einem anderen Wahlrhythmus. Ich wurde dort 2007 als Bürgermeister bestätigt und konnte ohne Risiko 2008 im Landratswahlkampf kandidieren. Hätte ich verloren, wäre ich weiter Bürgermeister geblieben.
Schiebel: Gar nicht so groß. Die Umstellung, von der Privatperson zum Bürgermeiser zu werden, war viel größer. Dadurch war ich die großen Einschränkungen im Privatleben schon gewohnt. Es war mir wichtig, ich selbst zu bleiben, authentisch zu sein. Ich glaube, das ist mir gut gelungen und damit bin ich gut gefahren.
Schiebel: Das stimmt. Bevor ich Bürgermeister wurde, habe ich sieben Tage die Woche Sport getrieben. Das hat sich relativiert, aber dreimal die Woche nehme ich mir noch Zeit dafür. Heute bin ich mit dem Rad zur Arbeit gekommen.
Schiebel: Richtig. Wir stammen beide aus Langenprozelten, waren sportlich und politisch Weggefährten. Es war sehr schwierig, mit Günther Felbinger und seiner Situation umzugehen. Ich habe versucht, die menschliche und die politische Dimension seines Handelns zu trennen und zu verstehen. Es ist mir nicht leicht gefallen, da immer den richtigen Ton zu treffen.
Schiebel: Er ist ländlich geprägt, gleichzeitig wirtschaftlich stark mit einer herausragenden Mischung aus Global Players und familiengeführten Betrieben. Die Natur und Landschaft unserer Region kann man gar nicht hoch genug schätzen. Und die Bildungslandschaft mit vielen weiterführenden Schulen ist ein großes Plus. Es ist ein Kraftakt, diese zu erhalten. Wir sind in der Nähe zu den Metropolregionen Frankfurt und Würzburg, hier lässt sich's gut leben.

Schiebel: Die heterogene Struktur des Landkreises ist wirtschaftlich und politisch eine Herausforderung. Es wird eine Aufgabe bleiben, da Konsens zu finden. Es war mir im Kreistag immer wichtig, den gesamten Landkreis im Blick zu haben.
Schiebel: Man hat als Landrat natürlich seine Meinung, das ist auch richtig und wichtig. Aber ich bin nie aggressiv und fordernd aufgetreten. Manchmal entscheidet der Kreistag anders als man es persönlich für richtig hält. Dann muss der Landrat diese Entscheidungen auch vertreten. Es wäre fatal, das Vertrauen des Kreistags zu verlieren. Aber zum Glück entscheiden Kommunalparlamente sachbezogen. Man kennt sich aus Vereinen und Institutionen und arbeitet über Fraktionsgrenzen hinweg zusammen. Ich habe auch oft zu Vorgesprächen geladen, dann gingen die Sitzungen effektiv und geschmeidig vonstatten.

Schiebel: Es ist schon meine Aufgabe als Landrat, vorauszuschauen und den Landkreis für die Zukunft zu entwickeln. Ich hatte und habe Vorstellungen für Main-Spessart: starke Schulen, gute Infrastruktur. Ich befürworte die B26n, das ist ein Zukunftsthema. Wir haben viel aufgebaut, das zukunftsorientiert ist: Regionalmanagement, Familienstützpunkt, Klimaschutz. Aber Kritik gehört zum politischen Geschäft dazu.
Schiebel: Sicher wieder öfter. Den Schlips habe ich ja in den letzten Jahren schon ab und zu weggelassen. Ich freue mich auf Zeit für Reisen, Sport und zum Pflegen von Freundschaften.
Bei der Kommunalwahl 2008 trat er als Landratskandidat der Freien Wähler an. Dabei setzte er sich in der Stichwahl am 16. März 2008 mit großem Vorsprung durch und leitet nun seit Mai 2008 die Kreisbehörde.
Das Amt als Landrat von Main-Spessart bedingte die Übernahme von weiteren Aufgaben . So ist Schiebel unter anderem Vorsitzender des Regionalen Planungsverbands Würzburg und des Naturparks Spessart.
In seiner Freizeit ist Schiebel sportlich aktiv und fährt Motorrad. Schiebel ist geschieden und hat zwei erwachsene Kinder.