Über 170 Gäste aus Frankreich und Ungarn waren angereist, um am Wochenende mit ihrer Partnergemeinde Frammersbach zu feiern. 30 Jahre besteht die Verbindung zu Orbec in der Normandie. Halb so alt ist die Partnerschaft mit Nadasch in Ungarn. Gastgeber und Gäste hatten alles aufgeboten, um sich den Partnern im besten Licht zu präsentieren.
Den Auftakt bildete am Samstag der Zug von der Waldschlossbrauerei zum Festzelt, wo der Bieranstich stattfand. Es spielten die Aubachmusikanten aus Habichsthal und die Trachten- und Partyband aus Heßlar.
Gemeinden aus drei Ländern stellen sich vor
Am Sonntag eröffnete Bürgermeister Christian Holzemer in der Turnhalle eine Ausstellung, in der die drei Gemeinden die Möglichkeit hatten, sich vorzustellen. Orbec punktete mit seiner gut präsentierten langen und interessanten Geschichte, die natürlich auch im Ortsbild ihre Spuren hinterlassen hat. Sie setzt um 1060 bei dem Wikingerfürsten Rollo und seiner Familie ein. Erstmals war die Gemeinde La Vespiere-Friardel vertreten, die vor kurzem im Rahmen einer Gebietsreform Orbec angegliedert wurde und nun formell in die Partnerschaft mit aufgenommen wurde.
Nadasch setzte weniger auf Bilder, sondern auf kulinarischen Spezialitäten und gute Rotweine und Schnäpse. Daneben standen keramische Erzeugnisse und traditionelle Holzschnitzereien.
Eine Lichtbilderschau hinter der Bühne zeigte in bunter Folge Aufnahmen von den verschiedenen Begegnungen im Rahmen der Partnerschaften, vom Jugendaustausch und von fröhlichen oder feierlichen Anlässen. Einige der Bilder waren schon vor Jahrzehnten entstanden und sorgten für Erheiterung, wenn der eine oder die andere Jugendbilder von sich oder von Bekannten entdeckte.
Markante Gebäude im Puzzle
Die Ausstellung sei nicht nur zur Information, sondern auch als Treffpunkt gedacht, sagte Bürgermeister Holzemer. Dieses Konzept ging voll auf. Alte und neue Bekannte standen plaudernd beisammen oder versuchten sich an einem großen Bodenpuzzle, das markante Gebäude aus den vier Orten zeigte.
Zum offiziellen Festakt im Festzelt konnte der Frammersbacher Bürgermeister nicht nur seine Kollegen aus Orbec, La Vespiere-Friardel und Nadasch begrüßen, sondern auch eine Reihe von Ehrengästen, darunter Landrat Thomas Schiebel.
Freundschaft, Begegnung und Austausch seien ein wichtiger Beitrag zum Verständnis unter den Nationen, sagte er. „Europa wächst aus den Herzen der Menschen oder gar nicht.“
Die Partnerschaft mit Orbec sei vor 30 Jahren besiegelt und seitdem durch viele Begegnungen gefestigt worden. Die Partnerschaft mit Nadasch beruhe auf gemeinsamen Wurzeln: Vor drei Jahrhunderten waren viele Menschen dem Ruf der Habsburger, vor allem Kaiserin Maria Theresias gefolgt, Gebiete im südlichen Ungarn zu besiedeln. Viele davon stammten aus Frammersbach, wie Forschungen bestätigten. Die Sprache, die dort noch heute neben der ungarischen Amtssprache Ungarisch von vielen Einwohnern gesprochen wird, unterscheidet sich kaum vom Frammersbacher Dialekt.
Der Dank Bürgermeister Holzemers galt allen, die auf verschiedenste Weise die Partnerschaften förderten und unterstützten. Dieser Tag erfülle ihn mit Stolz und Freude.
Für eine Kurzfassung seiner Ansprache in Französisch erhielt er begeisterten Beifall der Gäste aus der Normandie. Er habe es auch auf Ungarisch versuchen wollen, aber rasch wieder aufgegeben, gestand er und erntete dafür verständnisvolles Schmunzeln. Aber er tröstete sich damit, dass es mit Nadasch ohnehin keine Verständigungsprobleme gebe. Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel sprach Gastgebern und Gästen herzliche Glückwünsche zu den beiden bedeutenden Jubiläen aus und ein großes Kompliment für die Gestaltung der Feier. Deutsche und Franzosen verbinde das gemeinsame Erbe Karls des Großen.
„Sie sind auf dem richtigen Weg“
Dennoch hätten beide sich schwer getan miteinander, bis nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges. Heute haben rund 70 Gemeinden in Unterfranken Partnerschaften mit Kommunen aus dem Calvados, weitere 30 mit anderen französischen Orten. Auch sie fördere der Bezirk. Dotzel würdigte auch die große historische Leistung der Frammersbacher Fuhrleute.
Er ermutigte die drei Partnergemeinden: „Sie alle sind auf dem richtigen Weg. Gemeinsamkeit macht stark und zum gemeinsamen europäischen Weg in die Zukunft gibt es keine Alternative!“
Beate von der Nahmer, geb. Höner, ehemalige Bürgermeisterin von Frammersbach, die vor 30 Jahren die Partnerschaft mit Orbec angebahnt und die erste Urkunde unterzeichnet hatte, bekannte: „Ich bin und bleibe mit ganzem Herzen Europäerin.“ Allen, die daran beteiligt waren, die Partnerschaft weiterzuführen und mit Leben zu erfüllen, dankte sie. Siw sprach sich gegen alle nationalistischen Tendenzen aus.
Dieter Anderlohr schilderte, wie sich 2004 aus privaten Kontakten mit Leuten aus Nadasch, die nach den Wurzeln ihrer Familien im Spessart suchten, die Partnerschaft entwickelt hatte. Er erinnerte an die vielen Kontakte, die seitdem stattfanden und bei denen der Wein keine geringe Rolle spielte.
Die beiden Bürgermeister Etienne Cool (Orbec) und Silvain Ballot (La Vespiere-Friardel) stellten die neue kommunalpolitische Situation vor. Orbec und La Vespiere seien seit langem geografisch zusammengewachsen und gleichsam „siamesische Zwillinge“. „Wir freuen uns, an der Partnerschaft teilnehmen zu dürfen und damit die Europäische Einheit zu fördern und zu stärken, versicherte Ballot. Dr. Ferenc Wekler, Bürgermeister von Nadasch, machte es angesichts des wartenden Mittagessens kurz: „Wir freuen uns, dass wir hier unsere Wurzeln gefunden haben“, sagte er . Eine Partnerschaft habe nur Wert, wenn sie von unten her aufgebaut wird, wie man das hier in Frammersbach erlebe.
Neue Urkunden unterzeichnet
Anschließend wurden die Partnerschaften erneuert und bestätigt. Mit der Unterzeichnung entsprechender Urkunden bekannten sich die Partner zur Bewahrung und Fortführung der Partnerschaften.
In zwei kurzen musikalische Einlagen besang die Frammersbacher Liedermacherin Sylvia Ludwig mit je einem Lied die Partnerschaft mit Orbec in Deutsch und Französisch und die mit Nadasch in Hochdeutsch und Frammerschbaocherisch, das ja weitgehend mit dem Dialekt von Nadasch identisch ist.