
"Lazarus, komm doch mal raus." Gila Stolzenfuß' Stimme klingt vorwurfsvoll, während sie barfuß und lauernd vor dem Unterschlupf ihres imaginären Adressaten auf und ab läuft. Eine Viertelstunde dauert die kraftvolle Performance der Künstlerin aus München. Eine Viertelstunde voller bedrohlicher Assoziationsgebilde, die den knapp 20 Kunstinteressierten im Atelier und Ausstellungsraum von Schloss Homburg sichtlich zu denken geben.
Auf den Applaus folgte daher zunächst Stille, die schließlich Veranstalterin Elvira Lantenhammer mit dem freundlichen Hinweis durchbrach, vor dem nächsten Programmpunkt doch noch einmal im Schlosshof etwas Luft zu schnappen. Tatsächlich war am Samstag zum Abschluss von Lantenhammers Sommerakademie nämlich einiges geboten. Stolzenfuß‘ Performance mit dem Titel "Die Schulterblätter, die blinden Walzen der Königin" bildete dabei den Übergang zwischen der Präsentation der Workshopergebnisse und einer Lecture von U We Claus, der über seine langjährige Arbeit für und mit Joseph Beuys berichtete.

Der am Niederrhein und im Südschwarzwald lebende Bildhauer gehöre nach den Worten Lantenhammers mit seinen Vorträgen bereits zum Inventar ihrer Sommerakademie. Er war auch treibende Kraft hinter dem geplanten Naturdenkmal zu Ehren von Joseph Beuys‘ hundertsten Geburtstag, das im Oktober unterhalb des Schlosses Homburg realisiert werden soll: die Pflanzung einer Eiche neben einer Basaltstele.
Beuys' "soziale Plastik" war der rote Faden
In seiner Lecture "Der Baum, der Stein" erläuterte Claus am Abend den Ursprung dieses Vorhabens, der auf ein Kunstprojekt Beuys‘ im Rahmen der Documenta 7 in Kassel zurückgeht. Dort begründete Joseph Beuys mit "7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung" ein Landschaftskunstwerk, für das bis zur Documenta 8 im Jahr 1987 im Stadtgebiet von Kassel 7000 Bäume – etwa die Hälfte davon Eichen – gepflanzt wurden. Daneben jeweils eine naturbelassene Basaltstele. Dem renommierten Aktionskünstler ging es dabei um die Errichtung einer sozialen Skulptur, an der jeder Mensch selbstbestimmt teilnehmen könne. Nach der "Verwaldung" Kassels – das Projekt verdoppelte laut Claus die Anzahl der vorhandenen Stadtbäume – sollte die Aktion nämlich national wie international weitergeführt werden und so einen nennenswerten ökologischen Beitrag leisten.

Beuys‘ Grundbegriff der "sozialen Plastik" sah Lantenhammer auch im eineinhalb jährigen Projektverlauf in Homburg abgebildet, wo nach dem Anstoß durch Claus eine Zusammenarbeit des Kulturvereins Schloss Homburg, der Gemeinde Triefenstein, der Stadtkultur Bayern e.V. und dem DASMAXIMUM, einem Museum für Gegenwartskunst in Traunreuth die komplexe Umsetzung ermöglichte.
Während sich auch Stolzenfuß mit ihrer Performance auf Beuys berief, standen beim ersten Programmpunkt des ereignisreichen Tages die Künstlerinnen der Sommerakademie, beziehungsweise deren Werke im Fokus, die sie in den Kursen "Bella Natura!" und "Luftskulpturen" geschaffen hatten. Die mit 16 Jahren jüngste Teilnehmerin und gleichzeitig Stipendiatin von Lantenhammers Malkurs war die Würzburgerin Caroline Sierl. Ihr großformatiges Gemälde des Inneren einer Orange war es dann auch, welches in seiner Detailgetreue und Strahlkraft am meisten ins Auge stach. Für die Schülerin war es ihr erster Workshop dieser Art und trotz des erklärten Berufsziels Pilotin ein "rundum gelungenes Erlebnis", das sie darin bestärke, ihr Hobby weiterzuverfolgen.