Nicht mehr aufs Amt gehen sondern Anträge per PC oder Smartphone von zuhause aus stellen – für 19 Verwaltungsverfahren die beim Landratsamt Main-Spessart angesiedelt sind, ist das bereits möglich. Laut dem vom Bund am 14. August 2017 verabschiedeten Onlinezugangsgesetz müssen Bund, Länder und Kommunen bis Ende 2022 alle ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anbieten. "Das wird in den verbleibenden 460 Tagen nicht zu schaffen sein", bilanzierte Tobias Hirsch, der im Landratsamt für die Digitalisierung der Verwaltungsleistungen zuständig ist, im Ausschuss für Landkreisentwicklung, Mobilität und Digitalisierung.
Immerhin sind für viele Bereich die Formulare bereits Online als PDF abrufbar, danach muss es aber mit Papier, Stift und Post weiter gehen. Das entspricht im fünfstufigen Reifegradmodell, das bei Stufe 0 (online geht gar nichts) beginnt, der Stufe 1, zur Erfüllung des Onlinezugangsgesetzes ist mindestens Stufe 2 erforderlich, hier ist eine Online-Beantragung grundsätzlich möglich, Nachweise müssen aber nachgereicht werden. Bei Stufe 3 können auch die Nachweise digital erbracht und der Bescheid Online zugestellt werden. Letzteres ist rechtlich derzeit schwierig beziehungsweise noch nicht gelöst, eine E-Mail reicht für eine verbindliche Zustellung nicht aus.
Antrag für Schüler-Bafög schon digital möglich
Das gilt auch für den kürzlich freigeschalteten digitalen Bauantrag, die Baugenehmigung bedarf der Schriftform und wird deshalb klassisch per Post verschickt. Denkbar wäre zum Beispiel der Dienst DE-Mail, doch daraus zieht sich die Telekom bis Ende 2022 zurück. In Stufe 5 müsste der Bürger nicht mehr viel in die Online-Anträge eintragen, weil Daten und Nachweise automatisch aus den Registern der Verwaltungen abgerufen werden könnten. Doch das ist noch Zukunftsmusik.
Was schon möglich ist, führte Tobias Hirsch beim Antrag für Schüler-Bafög vor. Er kann schon komplett digital einfach im Web-Browser erfolgen. Verfügt der Nutzer über einen digitalen Identitätsnachweis, genügt der Online-Antrag sogar der gesetzlich geforderten Schriftform. Das bedeutet, er kann komplett online gestellt werden, ohne dass noch eine Bestätigung ausgedruckt, unterschrieben und verschickt werden muss. Ein geeigneter Identitätsnachweis ist die eID des neuen Personalausweises (der das schon seit zehn Jahren grundsätzlich beherrscht) oder ein authega-Zertifikat. Zur Nutzung der eID ist ein Lesegerät oder ein NFC-fähiges Smartphone nebst Software nötig, das Zertifikat kann beantragt werden und gilt dann für drei Jahre.
Digitalen Anträge laufen über das Bayern-Portal
Abgewickelt werden digitale Anträge generell über die vom Freistaat geschaffene digitale Plattform Bayern-Portal. Solche Portale werden letztlich alle Bundesländer plus der Bund haben, sie sollen einen vernetzten Verbund bilden.
Für Einführung digitaler Antragsverfahren gibt es verschiedene Varianten. Am einfachsten ist für den Landkreis, wenn es im integrierten Bayern-Store (eine Art App-Store für Verwaltungen) schon fertige Lösungen gibt. Das war zum Beispiel beim Antrag für den kleinen Waffenschein (für Schreckschusspistolen) der Fall. Bei der Variante "einer für alle" entwickelt ein Bundesland eine entsprechende Anwendung, die dann von allen anderen übernommen werden kann. Im Bereich Ausländerrecht stehen hier gerade zwei Anwendungen kurz vor ihrem Abschluss.
Digitalisierung steht noch ganz am Anfang
Vielfach gibt es auch Lösungen auf dem freien Markt (Variante drei), die eine Verwaltung kaufen kann. Ist das der Fall, hält sich der Freistaat raus. Derartige Lösungen werden vor allem von der AKDB angeboten. Als letzte Variante kann auch der Landkreis eine Lösung entwickeln, es gibt noch 320 offene Einzelleistungen. Auf jeden Fall eine eigene Variante soll für die als einfach geltende Online-Reservierung für Sporthallen entwickelt werden.
"Wir stehen noch ganz am Anfang und fertig werden wir nie sein", gab Tobias Hirsch einen Ausblick. Zur Digitalisierung gehöre auch die Einführung der E-Akte im gesamten Amt, integrierte Online-Verfahren der Fachstellen und die Einführung des ersatzlosen scannens in der Poststelle wo immer möglich. Das bedeutet, dass Schreiben auf Papier nach dem einscannen und abspeichern vernichtet werden. Ausgeschlossen hiervon sind grundsätzlich Urkunden und persönlich adressierte Schreiben.