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Neuendorf
Kündigungen in Neuendorfer Betonwerk vor Weihnachten
Das Betonwerk in Neuendorf liegt zwischen Mainufer und B 26. (Archivfoto)
Foto: Johannes Ungemach | Das Betonwerk in Neuendorf liegt zwischen Mainufer und B 26. (Archivfoto)
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:04 Uhr

Es gibt Unternehmen, in denen die Chefs ihrer Belegschaft zum Fest weihnachtliche Gaben spendieren, zumindest ein paar Süßigkeiten. Nicht so im zur Unternehmensgruppe Brinkhege gehörenden Neuendorfer Betonwerk. Dort hatten die Geschäftsführer etwas ganz anderes im Gepäck, als sie wenige Tage vor Weihnachten aus der norddeutschen Unternehmenszentrale anreisten: Kündigungen.

Zwei Geschäftsführer offenbarten dem Großteil der überraschten Büromitarbeiter bei einem Besuch Ende voriger Woche, dass sich das Unternehmen kurzfristig von ihnen trennen werde. Betroffen sein sollen dem Vernehmen nach sieben Beschäftigte, darunter auch solche, die dem Unternehmen teils seit Jahrzehnten angehören. Es gehe um Mitarbeitende aus den Bereichen Technik, Vertrieb, Kalkulation und Rechnungsstellung, ist zu hören. Sie wurden demnach bereits zum Jahreswechsel freigestellt und sollen das Unternehmen nach Ablauf der individuellen Kündigungsfristen endgültig verlassen.

Schlechte Nachrichten kurz vor Weihnachten: Im zum Brinkhege-Konzern gehörenden Betonwerk in Neuendorf soll ein Großteil der Büromitarbeiter entlassen werden.
Foto: Johannes Ungemach | Schlechte Nachrichten kurz vor Weihnachten: Im zum Brinkhege-Konzern gehörenden Betonwerk in Neuendorf soll ein Großteil der Büromitarbeiter entlassen werden.

Indes unverändert weiterlaufen soll am Standort Neuendorf offenbar die von rund 20 Mitarbeitern getragene Produktion von Betondecken und -fertigteilen. Sie ist formal als bwb Betonwerk Neuendorf GmbH eigenständig, gehört jedoch ebenfalls zum Brinkhege-Konzern.

Die Unternehmensgruppe in Familienbesitz hat ihre Zentrale in Georgsmarienhütte bei Osnabrück. Sie umfasst neben dem als fdu GmbH & Co. KG firmierenden Beton-Geschäft noch die Sparten Krandienstleistungen und Druck.

Der größte Teilbereich ist jedoch das auf bundesweit rund 40 Standorte verteilte Geschäft mit Betonteilen und -decken. Hier erwirtschaftete das Unternehmen 2022 laut Geschäftsbericht mit rund 1000 Mitarbeitern einen Umsatz von 370 Millionen Euro. Der Umsatz des gesamten Brinkhege-Konzerns mit seinen rund 1900 Mitarbeitern lag demnach 2022 bei rund 575 Millionen Euro.

Krise der Baubranche

Hinter dem nun im Bürobereich vollzogenen Stellenabbau steht augenscheinlich eine größere Umstrukturierung innerhalb der Betonsparte der Unternehmensgruppe. Denn auch an mehreren anderen der bundesweiten Standorte, so ist zu hören, wurden ähnlich wie in Neuendorf Kündigungen ausgesprochen.

Wie in der gesamten Branche war nach Aussage von Insidern zuletzt auch im Neuendorfer Betonwerk die etwa aus Zins- und Preisanstieg resultierende Krise am Bau deutlich zu spüren. Der Auftragseingang sei eingebrochen. Als Reaktion darauf sei die Fertigung im direkt am Mainufer gelegenen Werk nach Jahren des stetigen Wachstums schon vor Wochen vom Zweischicht- auf Einschichtbetrieb umgestellt worden. Einige Produktionsmitarbeiter hätten das Unternehmen zuletzt aus eigenem Antrieb verlassen. Daneben sei der Einsatz von Leiharbeitern beendet worden.

In der Belegschaft in Neuendorf hatte man angesichts der stark eingetrübten Baukonjunktur dem Vernehmen nach mit Kurzarbeit gerechnet, nicht jedoch mit einer solchen Kündigungswelle. Was genau Gründe und Ziele dieser Umstrukturierung sind, wie es mit Interessenausgleich und Sozialplan für die betroffenen Mitarbeiter aussieht und weswegen man nicht zunächst zu Kurzarbeit gegriffen hat? Auf derlei Fragen war aus der Zentrale des Unternehmens in Georgsmarienhütte keine Antwort zu erhalten. Die Geschäftsführer, die in Neuendorf und andernorts die alles andere als frohe vorweihnachtliche Botschaft verkündet hatten, waren trotz mehrerer Nachfragen und Rückrufbitten nicht für eine Stellungnahme zu sprechen.

Das heute in Neuendorf angesiedelte Betonwerk wurde in den 1950er Jahren in Lohr gegründet. Einige Jahre später zog der Betrieb mainaufwärts in die Nachbargemeinde an die Mainlände. Wurden hier in den Anfangsjahren auch Schwerbeton- und Pflastersteine produziert, steht seit Jahren die zunehmend technisierte Herstellung von bis zu zwölf Meter langen und 2,4 Meter breiten Deckenelementen im Vordergrund.

Ein nicht unerheblicher Teil der in Neuendorf produzierten Betondecken wird ins Rhein-Main-Gebiet geliefert, in die andere Richtung bis in den Raum Nürnberg. Vor einigen Jahren beispielsweise hatte das Werk einen Großauftrag über rund 30.000 Quadratmeter Betondecken für einen Neubau von Adidas in Herzogenaurach.

Mehrfache Eigentümerwechsel

Das Neuendorfer Betonwerk war bis 1999 eigenständig. Danach wechselte es mehrfach den Besitzer, gehörte unter anderem zur Readymix Gruppe, ab 2005 zum mexikanischen Cemex-Konzern. 2013 wurde die Cemex Beton-Bauteile GmbH mitsamt dem Standort Neuendorf von den heutigen Eigentümern übernommen.

Seit der Übernahme durch den norddeutschen Familienkonzern wurde in den Neuendorfer Betrieb immer wieder auch kräftig investiert, beispielsweise in die Erneuerung der Betonieranlage oder jüngst das Asphaltieren größerer Teile der Freilagerflächen auf dem gut 20.000 Quadratmeter großen Firmengelände.

 
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