"Ja ist das Ganze eine Spielerei?", entfuhr es dem SPD-Bundestagsabgeordenten Bernd Rützel nach einer halben Stunde angeregter Diskussion zum Thema "Kryptowährung" in seinem Gemündener Bürgerbüro. Tatsächlich gewänne, laut dem Bitcoin Experten Andreas Schütz von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, beim "Schürfen" von Bitcoins nämlich der, der am schnellsten eine bestimmte Rechenaufgabe löse.
Dass aus dem anfänglichen "Spiel" seines Erfinders "Satoshi Nakamoto" mittlerweile ernst geworden ist, zeigte die angeregte Debatte am Freitagabend. 90 Minuten, die bei weitem nicht ausreichten, um der Komplexität des Themas gerecht zu werden. Die konstruktive Dynamik zwischen interessierten Fragestellern, gut vorbereiteten Experten und der aufmerksamen Moderation Rützels lieferte nichtsdestotrotz einige aufschlussreiche Antworten.
Welche Risiken und Vorteile birgt das System? Was hat es mit Facebooks geplanter Onlinewährung "Libra" auf sich? Muss man über kurz oder lang erwarten, dass Bitcoin und Konsorten traditionelle Währungen ersetzen? Und wie gehen die regionalen Banken damit um? Dies war nur ein Auszug der Fragen, die den 22 Besuchern im voll besetzten Bürgerbüro auf der Zunge brannte.
Einfache Antworten scheint es nicht zu geben
Dass die drei Wissenschaftler von der Fachhochschule und der Sparkassen-Anlagespezialist Niclas Geißler ihre Antworten gerne mit "ich versuche es einmal zu erklären" einleiteten, war dabei symptomatisch. Indem sich beim Thema Bitcoin nämlich komplexeste Technologie mit undurchsichtigen Macht- und Profitinteressen des freien Marktes treffen, können einfache Antworten leicht an der Wahrheit vorbeiführen.
Daniel Niemczyks Einschätzung, dass weder die "Unternehmenswährung" Libra, noch die Kryptowährung Bitcoin das staatliche Bezahlsystem in naher Zukunft ersetzen werden, schlossen sich die anderen Experten jedoch einstimmig an. Vielmehr würden die Dienste parallel zueinander existieren und von ihren Nutzern je nach Zweck eingesetzt werden.
Experte: Gut geeignet für Geldtransfer, aber nicht für Geldanlage
Geißler erklärte dies damit, dass Kryptowährungen beispielsweise besonders gut für den Geldtransfer geeignet seien, aufgrund extremer Kursschwankungen jedoch nicht als stabile Währung oder Geldanlage infrage kämen. Unsere Banken müssten daher in erster Linie das System verstehen, jedoch nicht zwingend darin mitmischen.
Problematische Entwicklungen sehe er darin, dass der ursprünglich als demokratisches System angedachte Bitcoin sich mittlerweile auf weltweit nur noch sieben große Rechenzentren zentralisiere und die größtenteils chinesischen Investoren damit am Kurshebel säßen. Auch sei die Hürde für jemanden ohne technische Kenntnisse überhaupt an einen Bitcoin zu gelangen mittlerweile sehr hoch.
Starker Tobak, der Rützels Veranstaltungsreihe "doudrü g’hört geredt" offensichtlich gerecht wurde. Wie der Politiker abschließend anmerkte, habe zwar jede Information neue Fragen aufgeworfen. Dies aber, so Rützel weiter, mache eine Aufklärung aufgrund der Brisanz des Themas in einer zunehmend digitalisierten Welt umso wichtiger.