Nachdem aus einem Nationalpark Spessart nichts geworden ist, unter anderem wegen massiven Widerstandes aus Teilen der Bevölkerung, könnte nun möglicherweise ein Biosphärenreservat Spessart in Zusammenarbeit der Landkreise Main-Spessart, Miltenberg und Aschaffenburg sowie der Stadt Aschaffenburg entstehen. Der Umweltausschuss des Kreistags jedenfalls gab in seiner Sitzung am Montag in der Lohrer Stadthalle grundsätzlich grünes Licht; das Gremium beauftragte die Verwaltung einstimmig, sich nachhaltig mit der Thematik eines Biospärenreservates Spessart zu befassen.
Bei einem Biosphärenreservat handelt es sich um eine von der UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation) initiierte Modellregion, in der nachhaltige Entwicklung in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht exemplarisch verwirklicht werden soll. Laut der aus Bonn zugeschalteten Barbara Engels vom Bundesamt für Naturschutz gibt es in Deutschland aktuell 16 von der Unesco anerkannte Biosphärenreservate sowie zwei national ausgewiesene. Zusammengenommen erreichten die Biosphärenreservate eine Größe von 3,7 Prozent der Landfläche Deutschlands, insgesamt lebten 1,1 Millionen Menschen in den Biosphärenreservaten.
Zwischen 30 000 und 150 000 Hektar groß
Ein Biosphärenreservat soll Engels zufolge mindestens 30 000 Hektar groß sein, höchstens jedoch 150 000 Hektar. Erforderlich sei eine Gliederung in eine Kern-, Pflege- und Entwicklungszone. Die Kernzone, in der keine wirtschaftliche Nutzung möglich ist, muss laut Engels mindestens drei Prozent der Gesamtfläche einnehmen, zusammen mit der Pflegezone mindestens 20 Prozent. Für die Entwicklungszone seien mindestens 50 Prozent vorgesehen.
Ihren Worten nach geht es in einem Biosphärenreservat um die nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft, um nachhaltige Siedlungspolitik sowie um die Vermarktung regionaler Produkte und die Schaffung einer regionalen Identität. Von der Planung bis zur Ausweisung eines Biosphärenreservates gehen ihr zufolge zwei bis drei Jahre ins Land.
Einen ganzen Katalog an Fragen hatte Maria Hoßmann (CSU). Etliche davon konnte Engels beantworten, andere nicht. So erfuhr Hoßmann unter anderem, dass private Flächen in einem Biosphärenreservat nicht von Einschränkungen betroffen seien und dass eine Kernzone nicht unbedingt zusammenhängen müsse, sondern auch aufgeteilt werden könne.
Kosten für Machbarkeitsstudie noch unklar
Nicht beantworten konnte Engels Hoßmanns Frage nach den Kosten einer Machbarkeitsstudie für ein Biosphärenreservat Spessart. Dazu konnte auch Landrätin Sabine Sitter (CSU) noch nichts sagen, allerdings betonte sie, dass vor einem entsprechenden Beschluss klare Kosten vorhanden sein müssten. Auf Hoßmanns Frage, ob die Rhön durch das dortige Biosphärenreservat wirklich einen touristischen Mehrwert erfahren habe, sagte Sitter, das werde man im Herbst bei einer Fahrt des Werkaussschusses aus erster Hand hören.
Nach Einschätzung von Christine Kohnle-Weis (SPD) dürfte die Ausweisung einer Kernzone nicht schwerfallen, da es im Spessart viele staatliche Flächen gebe. Allerdings konnte sie sich nicht vorstellen, dass die Errichtung neuer Stromtrassen oder ein Atommülllagers mit den Zielsetzungen eines Biosphärenreservats vereinbar seien. Zumindest durch die Kernzone sollte keine Stromtrasse führen, sagte Engels; bei der Atommüllfrage musste sie passen.
Kurt Schreck (AfD) vermutete, dass die Ausweisung eines Biosphärenreservates mit zusätzlichem Personal und Folgekosten verbunden sei, Landrätin Sitter bestätigte dies. Auch dazu werde man im Herbst in der Rhön mehr erfahren, sagte sie.
Der als Zuhörer anwesende Landtagsabgeordnete Thorsten Schwab (CSU) wies darauf hin, dass in einem 30 000 Hektar großen Biosphärenreservat eine 900 Hektar große Kernzone ausreichend sei; beim gescheiterten Nationalpark Spessart habe man zuletzt von einer 9000 Hektar großen Kernzone gesprochen. Genau hinschauen müsse man, ob im Staatswald aufgrund der vorhandenen Holzrechte eine Kernzone umzusetzen sei.