Die Lohrer Stadthalle geht in das achte Betriebsjahr. Man kann angesichts der Besucher- und Buchungszahlen getrost davon sprechen, dass sie vielen Menschen und Unternehmen in der Region lieb ist. Der Stadt Lohr indes ist die Halle nicht nur lieb, sondern in zunehmendem Maße auch teuer. Für das gerade begonnene Betriebsjahr 2024 wird ein Defizit von 800.000 Euro erwartet. Das wären rund 150.000 Euro mehr als 2023. Rechnet man die Abschreibung in Höhe von rund einer Millionen Euro hinzu, kostet die Halle pro Tag fast 5000 Euro.
Die Nachricht vom deutlichen Anstieg der Betriebskosten sorgte am Montag im Werkausschuss des Stadtrats teils für Entsetzen, auf jeden Fall aber für Diskussionen. Man müsse alles tun, das Defizit einzudämmen, forderten einige Räte. Es kam sogar die Frage auf, ob die Stadt die Halle nicht verpachten könnte. Andere Ratsmitglieder stellten den Nutzen der Halle für das Leben in der Stadt in den Vordergrund.
Umsätze normalisiert
Stadthallenmanager Thomas Funck hatte bei der Vorstellung seines Wirtschaftsplans den Blick zunächst auf die erfreulichen Seiten des Stadthallenbetriebs gerichtet. Er sprach von einer sehr guten Auslastung und von Umsätzen, die sich nach der Pandemie zuletzt wieder normalisiert hätten. Trotz Inflation und Energiekrise sei es voraussichtlich gelungen, das für 2023 kalkulierte Defizit einzuhalten, zog Funck auch ohne die noch ausstehende finale Abrechnung eine Bilanz für das zurückliegende Jahr.
Für 2024 jedoch sagte er eine deutliche Erhöhung des Defizits voraus, was an einer "ganzen Lawine an gleichzeitigen Kostensteigerungen" liege. Als Beispiele nannte Funck die nicht zuletzt aufgrund von Tariferhöhungen gestiegenen Personalkosten, aber auch eine nach dem Auslaufen günstiger Verträge bevorstehenden Verdreifachung des Gaspreises.
Saftige Preissteigerungen seien auch bei Versicherungen und Zulieferern zu verzeichnen, massiv auch bei Handwerkerleistungen, so Funck weiter. Hinzu komme, dass mittlerweile sämtliche Garantiefristen abgelaufen seien, weswegen die Kosten für Reparaturen und Nachbesserungen komplett selbst zu zahlen seien. Mit zunehmendem Alter der Halle erhöhe sich auch der Verschleiß. Arbeiten aufzuschieben, sei kaum eine Option, da fast alle Aspekte für den Betrieb sicherheitsrelevant seien, so der Stadthallenmanager.
Hinzu komme, dass eine jüngst turnusmäßig erstmals in der Stadthalle erfolgte TÜV-Prüfung diverse kleinere und größere Mängel offenbart habe. Wie Funck dazu am Tag nach der Sitzung auf Nachfrage erklärte, geht es um das Thema Brandschutz. Zwar habe die Halle seinerzeit nach Fertigstellung auch diesbezüglich die Betriebserlaubnis erhalten. Nun jedoch hätten die TÜV-Prüfer manches anders bewertet, so Funck, ohne sich zu Details zu äußern. Einschränkungen für den Betrieb gebe es derzeit nicht. Jedoch sei für 2024 mit einem erheblichen finanziellen Aufwand für Nachbesserungen zu rechnen, so Funck. Dass das Defizit 2024 deutlich höher ausfallen wird, sei "leider alternativlos", hatte der Stadthallenmanager am Montag gegenüber den Ratsmitgliedern gesagt. Man habe die Kosten des Hallenbetriebs bereits in den zurückliegenden Jahren wo nur möglich gedrückt und auch die Miettarife mehrmals angehoben. Nun seien die Grenzen der Umlagefähigkeit der Kosten auf Nutzer und Mieter erreicht, so Funck. Sein Fazit zur Defizitentwicklung: "Wir können da nicht viel machen."
Frank Seubert, Fraktionsvorsitzender der CSU, gestand, dass ihm angesichts der Zahlen "allmählich angst und bang" werde. Es sei zu befürchten, dass das Defizit in den kommenden Jahren weiter steige. Man müsse sich die Frage stellen, "ob wir die Reißleine ziehen", sagte Seubert und sprach davon, die Stadthalle zu verpachten oder in anderer Form an irgendwen weiterzugeben. "Wir haben nur begrenzte Mittel – und die schon nicht mehr", sieht Seubert die städtische Finanzkraft überstrapaziert.
Reißleine ziehen oder froh sein?
Eric Schürr (Bürgerverein) zeigte sich angesichts des vorhergesagten Defizits "entsetzt". Er forderte, ähnlich wie bei der städtischen Sing- und Musikschule oder der Stadtbibliothek das jährliche Defizit auch der Stadthalle zu deckeln, etwa bei 600.000 Euro. Das Stadthallenmanagement solle dazu Vorschläge unterbreiten.
Auch Ernst Herr (CSU) sagte, dass man das höhere Defizit "nicht einfach durchwinken" dürfe. Er brachte den Beschluss einer Obergrenze von 700.000 Euro ins Spiel, um "erträglichen Druck" zum Sparen auszuüben. Ruth Emrich (SPD) warnte davor, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Die Stadthalle mit ihrer aufwendigen Technik könne nicht mit dem Betrieb von Musikschule oder Bibliothek verglichen werden. Ebenso wie Stadthallenmanager Funck sprach auch Bürgermeister Mario Paul davon, dass das Sparpotenzial der Stadthalle ausgereizt sei: "Wir drehen seit 2017 jeden Cent dreimal um." Paul sprach von einem strukturellen Finanzierungsproblem aller Kommunen. Der Gesetzgeber sei gefragt, diesen eine dauerhafte Finanzierung zu ermöglichen. Überdies müsse Lohr froh sein, die Stadthalle zu haben, so Paul weiter. Sie sei das einzige Angebot dieser Art zwischen Würzburg, Schweinfurt und Aschaffenburg. Die Stadt sei bei aller Finanznot in der Lage, die Stadthalle als "Dienstleistung für die Bürger" solide zu finanzieren, so Paul.
Mathilde Lembach (Grüne) bezeichnete die Stadthalle als "gute Stube von Lohr". Das dortige Angebot sei "Kit für die Gesellschaft" und das soziale Leben. Ruth Steger (SPD) erklärte, dass der Stadtrat die Halle einst so gewollt und beschlossen habe. Die Einrichtung sei gut angenommen. "Es ist gut so, dass wir sie haben", so Steger. Am Ende stimmten sieben Ausschussmitglieder dafür, dem Gesamtstadtrat die Annahme des von Funck präsentierten Wirtschaftsplans für 2024 zu empfehlen. Vier waren dagegen: Eric Schürr, Frank Seubert, Dirk Rieb und Ernst Herr.