Der Kolping-Gedenktag am Sonntag in der Pfarrei St. Michael stand im Zeichen des 200. Geburtstages des „Gesellenvaters“ Adolph Kolping. In seiner Predigt beim Gottesdienst und bei der Feier im Pfarrheim St. Michael stellte Pfarrer Sven Johannsen, Präses der Kolpingfamilie Lohr, den Kölner Domvikar, der ursprünglich das Schuhmacherhandwerk gelernt hatte, als einen der großen kirchlichen Sozialreformer vor, dessen Maximen heute noch so gültig sind, wie damals.
Kolping wurde im Jahr der Völkerschlacht bei Leipzig in Kerpen als Sohn eines armen Schäfers geboren. Napoleon und seine Truppen waren auf dem Rückzug, aber noch war Kerpen französisch. Auch die Geburtsurkunde ist in Französisch ausgestellt. Napoleons Imperium brach zusammen, aber vorher war bereits die Ordnung des alten„Heiligen Römischen Reiches“ aufgelöst worden, in dessen Gefüge das Handwerk und seine Organisationen eine wichtige Rolle gespielt hatten. Was folgte, war die Industrialisierung, die in weiten Bereichen Verarmung und die sittliche und religiöse Entwurzelung der Menschen zur Folge hatte.
Kolping hatte das in seiner Zeit als Handwerker selbst erfahren und hier sah er, als ihm ein Stipendium das Studium der Theologie und den Weg zum Priestertum ermöglichte, seine persönliche Aufgabe. Die Kirche zeigte sich den neuen Verhältnissen nicht gewachsen. Dem trat Kolping gegenüber mit dem viel zitierten Satz: „Der Christentum ist für das ganze Leben, nicht nur für die Kirche und die Bettkammern.“ Damit stehe er auf demselben Standpunkt, wie Papst Franziskus, der gesagt hat, die Kirche sei nicht Selbstzweck, sondern sie stehe im Dienst an Gott und den Menschen, meinte Pfarrer Johannsen. Die Kirche sei immer in Gefahr, sich an die Stelle ihres Gründers zu stellen. Dem habe Adolph Kolping das Doppelgebot der Liebe zu Gott und zu den Menschen entgegengestellt.
Kolping sei dennoch kein Schwarzseher gewesen, denn er kannte auch die Werte, die die Familie – und nur sie – vermitteln kann: die Werte einer in der Gemeinschaft vermittelten Religiosität. Diese Werte prägten sein Leben und Wirken. Er sprach und schrieb in einer Sprache, die die Menschen verstanden, von einem frohen und zuversichtlichen Christentum. Was der Papst vor kurzem gefordert habe, neue, kreative Methoden in der Pastoral, das hätten Kolping und seine Mitstreiter schon damals praktiziert. Soziales Engagement müsse eine Kolpingfamilie prägen, forderte der Pfarrer. Dazu gebe es unterschiedliche Möglichkeit: die Probleme der Migranten ebenso, wie die der wiederverheirateten Geschiedenen. „Entscheidend ist: der Mensch muss im Mittelpunkt stehen!“
In der Form eines fiktiven Interviews, basierend auf Originalzitaten Kolpings, vermittelten Pfarrer Johannsen und der Vorsitzende Helmuth Rößlein schwerpunktmäßig weitere Fakten aus dem Leben des Gründers und seinen Ideen.
Was aus Kolpings „Gesellenvereinen“ wurde, zeigte Rößlein an Hand einer Statistik: Das Kolpingwerk zählt heute in der Bundesrepublik Deutschland mehr als 250 000 Mitglieder, von denen rund 25 000 ehrenamtlich engagiert sind. Über 299 sind als Arbeits- und Sozialrichter tätig. Das Kolpingwerk unterhält 23 Bildungseinrichtungen. In 130 Einrichtungen werden 4300 Mitarbeiter beschäftigt. Dazu kommen 230 Kolpinghäuser. Das Internationale Kolpingwerk ist mit 7300 Kolpingfamilien in 61 Ländern der Erde tätig. Diese Aktivitäten werden mit Spenden in Höhe von 1,8 Millionen Euro unterstützt.
Für ihre Treue zur Kolpingfamilie wurden Gottfried Engert und Benhard Schaupp (65 Jahre), Walter Kunkel und Joseph Schuhmann (60 Jahre), sowie Alexander Caspers. Petra Stegerwald, Monika Weis und Peter Zeitler (15 Jahre) geehrt.
Helmuth Rößlein kündigte an, dass er bei der Jahresversammlung im März nicht mehr für das Amt des Vorsitzenden kandidieren werde. Es sei an der Zeit, dass jüngere Mitglieder Verantwortung übernehmen, sagte er.
Zu Beginn der Veranstaltung, die von Gerhard Kunkel am Saxophon musikalisch gestaltet wurde, hatte Rößlein der verstorbenen Mitglieder Emil Schmitt und Albert Remetter gedacht. Sie endete mit dem Kolping-Lied und dem Mittagessen.