
Der Katastrophenfall ist seit kurzem beendet, im Klinikum Main-Spessart läuft der Normalbetrieb wieder an. Klinikreferent René Bostelaar und seine Stellvertreterin Cornelia Köstler sind sichtlich erleichtert. Das Krankenhaus und auch der ganze Landkreis sind glimpflich davon gekommen. 19 Menschen sind mit einer Corona-Infektion behandelt worden. Innerhalb des Krankenhauses gab es keinen einzigen Ansteckungsfall. Das zeige, dass die Vorsichtsmaßnahmen gut funktioniert hätten, sind sich Bostelaar und Köstler einig.
Bei 270 Patienten bestand ein Verdacht auf eine Corona-Infektion, wobei ein Teil davon wegen anderer Beschwerden ins Krankenhaus kam. Nur zwei Patienten sind auf der Intensivstation beatmet worden – dafür aber über einen langen Zeitraum. "Hier hat man die Komplikationen der Krankheit gesehen", erklärt Köstler. Es erkrankten zwar nur einige Menschen schwer, diese müssten aber für drei oder vier Wochen intensiv behandelt werden.
Mögliche Kritik, angesichts der geringen Zahlen seien die Vorsichtsmaßnahmen übertrieben gewesen, weisen die Klinikmanager zurück. "Es reicht ein Infizierter, der durch geht, und das Krankenhaus ist lahmgelegt", betont Köstler. Das habe man in anderen Häusern beobachten können. In Lohr hätten sich zwei Mitarbeiter außerhalb des Krankenhauses angesteckt, die Krankheit aber nicht an Kollegen oder Patienten weitergegeben. Die früh eingeführte Maskenpflicht, das Screening am Eingang, die eigens eingerichtete Infektionsstation und die Nutzung von Containern außerhalb hätten sich da bewährt.
"Eine heftige Zeit"
Trotzdem steckt die Krise den beiden Klinik-Chefs – beide früher selbst in der Pflege – noch sichtlich in den Knochen. "Ich bin seit 35 Jahren in Krankenhäusern tätig. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so etwas einmal erlebe", stellt Bostelaar fest. Er habe Massenunfälle erlebt und zwei Krankenhausbrände, aber Corona sei anders. "Unfälle haben einen Anfang und ein Ende", fügt Köstler hinzu. "Hier weiß man es nicht. Es war und ist eine heftige Zeit."

Dass der Kreis Main-Spessart so glimpflich davon gekommen ist, führen die Krankenhausexperten auf verschiedene Faktoren zurück. Der Charakter des Flächenlandkreises, die Disziplin der Menschen und das medizinische Konzept hätten sicherlich dazu beigetragen. Ihr Dank gilt den Mitarbeitern, die "super mitgemacht haben", so Bostelaar. "Die Bevölkerung hat viel ausgehalten und viel akzeptiert", betont Köstler, gerade was die Besuchseinschränkungen angehe. Bostelaar freut sich über die hohe Wertschätzung für das Personal, das habe gut getan. Viele Mitarbeiter hätten Aufgaben übernommen, die gar nicht zu ihren Aufgabenbereichen gehören. Das sei nicht selbstverständlich, so Köstler.
Die Grundentscheidungen des Klinikums – Zentralisierung, Neubau, Digitalisierung – sieht die Klinikleitung in der Pandemiesituation bestätigt. Kleine Häuser in Karlstadt und Marktheidenfeld hätten die aktuelle Situation personell und räumlich nicht stemmen können, erklärt Bostelaar. Im Neubau seien ein Schleusenzimmer in der Notaufnahme, dazu Einzelzimmer mit Dusche und Toilette geplant. Genau das habe sich als sinnvoll erwiesen. Im Bereich der Digitalisierung habe man, wie viele andere Organisationen, Homeoffice ausgeweitet. "Das hat uns einen Schritt nach vorne gebracht", so Bostelaar.
Schutzausrüstung lagern
Mit einer sicheren Leitung, einem sogenannten VPN-Tunnel, sei das Arbeiten von zuhause in allen Bereichen denkbar. "Zehn Ärzte nutzen schon den Zugang von außen." Woran es noch mangelt: "Die Ausstattung", seufzt Cornelia Köstler. Außerdem brauche man ein IT-System mit einem geeigneten Server, und die nötige Arbeitskraft in der IT. "Einerseits haben wir Hightech-Geräte, mit denen wir das Herz in 3D darstellen können", kommentiert Bostelaar. "Aber für die Kommunikation fehlen uns die Geräte." In diesem Jahr stünden zwei Millionen Euro für Soft- und Hardware im Budget des Klinikums. Das erweise sich als richtig.
Eine Veränderung fordern Bostelaar und Köstler mit Blick auf die Pandemie in der Versorgung der Kliniken, insbesondere was Schutzausrüstungen angeht. Das Just-in-Time-Prinzip, bei dem Material nicht gelagert, sondern erst bestellt wird, wenn man es braucht, habe sich als nicht tragbar erwiesen. Momentan könne sich das Klinikum Lagerhaltung nicht leisten. "Da haben wir ein Liquiditätsproblem", so Bostelaar. Wenn man Sicherheit für die Bevölkerung wolle, müsse man das System dementsprechend ausstatten. Ausreichend Lagerraum sei im Neubau eingeplant.