Seit rund dreieinhalb Jahren gibt es die Kardiologie als eigenständige Abteilung am Klinikum Main-Spessart. Den "Herztag" in dieser Woche hat die Redaktion zum Anlass genommen, mit Chefarzt Rainer Schamberger über die Entwicklung der Abteilung zu sprechen.
Anfang Juni 2016 wurde die Abteilung Innere Medizin geteilt und die Kardiologie als Innere Medizin II selbstständig. Im März 2017 ging das Herzkatheterlabor in Betrieb. Laut Schamberger hatte die ungeteilte Innere Medizin 2015 circa 3500 Patienten.
Seitdem sei es mit den Patientenzahlen stetig aufwärts gegangen. Im Jahr 2017 seien es etwa 2800 Patienten in der Inneren Medizin I und 2000 in der Kardiologie gewesen. In diesem Jahr werde voraussichtlich die Zahl von knapp 6000 Patienten erreicht: 3500 in der Inneren Medizin I, 2500 in der Kardiologie.
Heuer 1100 Herzkatheter
Daran sehe man, dass die Patienten nicht nur von einer Abteilung in die andere geschoben würden. Im Herzkatheterlabor seien seit März 2017 etwa 2500 Patienten behandelt worden. In diesem Jahr werde mit etwa 1100 Fällen gerechnet, etwa die Hälfte Akutfälle.
Die Abteilung hält rund um die Uhr an allen Tagen im Jahr eine Herzkatheterbereitschaft aufrecht. Diese wird nach Schambergers Angaben "ganz unterschiedlich" genutzt. Außerhalb der regulären Dienstzeiten würden schätzungsweise 200 Herzkatheter pro Jahr gesetzt. Vor allem für Notfälle sei das sinnvoll, die nicht in andere Landkreise transportiert werden müssten, sondern Hilfe vor Ort bekämen.
Die häufigste Behandlungsursache sei die Herzinsuffizienz, also die Herzschwäche, berichtete der Chefarzt. Sie habe viele verschiedene Ursachen, unter anderem die koronare Herzkrankheit, die selbst auf Platz 2 der Behandlungsursachen liege. In akuten Fällen bedeute das Herzinfarkt, in nicht akuten eine Engstelle im Herzen.
Therapien mit dem Aufdehnen von Herzkranzgefäßen durch Ballonkatheter und Stents seien "eines der Hauptgeschäfte", so Schamberger. Seit Bestehen des Katheterlabors sei das rund 1100 Mal der Fall gewesen. Circa ein Drittel aller Herzpatienten erhalte einen Stent.
Auf dem 3. Platz der Behandlungsursachen lägen Herzrhythmusstörungen vom Kammerflimmern bis zum Einsetzen von Herzschrittmachern und Defibrillatoren gegen den plötzlichen Herztod. Das könne im Katheterlabor des Klinikums gemacht werden. Seit seiner Eröffnung habe es rund 200 Operationen dieser Art gegeben.
Im Alter häufiger
70 Prozent aller Patienten seien über 65 Jahre alt, die Hälfte über 75 Jahre. Das verwundere nicht, denn Herzerkrankungen seien im Alter sehr viel häufiger. Männer und Frauen seien etwa gleich häufig vertreten. Die Patienten kämen aus dem gesamten Landkreis, von auswärts vor allem die Notfälle.
Die frühere Skepsis von Patienten aus den Bereichen Karlstadt und Marktheidenfeld weicht nach Schambergers Beobachtung etwas auf: "Die Patienten merken, dass es von Vorteil ist, relativ heimatnah behandelt zu werden. Dazu kommt, dass Lohr kein richtig großes, anonymes Krankenhaus ist und die Wartezeiten recht gering sind."
Alle Stellen in der Abteilung sind nach Angaben des Chefarztes besetzt, beim ärztlichen Personal, den Assistenzärzten und den Pflegekräften. Das Klinikum sei in der glücklichen Situation, dass der Stellenplan nie ausgedünnt worden sei wie anderswo. "Wir haben einen guten Stamm an Mitarbeitern, das kommt uns jetzt zu Gute."
Den leergefegten Fachkräftemarkt spüre man natürlich auch. "Man muss sich schon bemühen." So bilde man an der Krankenpflegeschule selbst aus. Das merkten auch die Patienten. "Wir erhalten von Patienten die Rückmeldung, dass es gerade auf pflegerischer Seite eine persönliche Ansprache gibt."
Die jährliche Wiederholung des Herztags hält Schamberger für sinnvoll: "Das Interesse ist nach wie vor sehr groß, es entstehen immer wieder ganz lebhafte Diskussionen." Studien zeigten, dass Menschen mittlerweile schneller bei Herzinfarktsymptomen reagierten, weil sie informiert seien. Regelmäßige Herztage seien daher sinnvoll, "damit's nicht vergessen wird".
Bewegung besonders wichtig
Für ein gesundes Herz empfiehlt der Chefarzt, nicht zu rauchen, sich gesund zu ernähren und sich zu bewegen. Vor allem die Bewegung sei wichtig, weil viele Menschen einer sitzenden Tätigkeit nachgingen. Schamberger riet, die Bewegung in den Alltag einzubauen, etwa die Treppe statt den Aufzug zu nehmen oder zur Arbeit zu laufen, "dann hat man seine sportliche Betätigung". Er selbst fährt gerne Rad: "Wenn ich Zeit dafür habe."
Zur Person:
Rainer Schamberger, seit 1. Juli 2016 Chefarzt der neuen Abteilung Innere Medizin II – Kardiologie am Klinikum Main-Spessart, wird das Krankenhaus zum Jahresende verlassen. Entsprechende Informationen der Redaktion bestätigte der Mediziner auf Anfrage.
Die Gründe seien ausschließlich persönlicher Natur, betonte er. Er habe im Klinikum einen sehr guten Arbeitgeber und gute Arbeitsbedingungen vorgefunden.
Der 55-Jährige, der in Oberthulba wohnt, kündigte an, in Hammelburg in eine kardiologische Gemeinschaftspraxis einzusteigen.
Schamberger kam vom St. Elisabeth-Krankenhaus in Bad Kissingen, wo er in gleicher Funktion tätig war, an das Klinikum Main-Spessart. Nach den Worten von Sandra Amberger, der Leiterin der Unternehmenskommunikation des Klinikums, gibt es für seine Nachfolge einige qualifizierte Bewerber. Die Entscheidung trifft der Kreistag. ()